Investitionen, Ökostrom, Soziales - was die Grünen wollen

Ökologisch, ökonomisch, solidarisch und europäisch: Dafür wollen di
e
Grünen im Wahlkampf stehen. Was steht drin im Entwurf des Programms?

Berlin (dpa) - Die Grünen wollen als Partei der Erneuerung in den
Wahlkampf gehen. Deutschland solle in den kommenden Jahren «besser,
gerechter und einfacher» gemacht werden, heißt es im Entwurf des
Wahlprogramms. Dieser liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. 

Der Entwurf wird am Dienstag von Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck
und anderen Spitzenpolitikern der Partei vorgestellt. Darin heißt es:
«Ein jahrelanger Stillstand gefolgt vom Dauerkonflikt innerhalb der
Ampel-Regierung hat Vertrauen in die Politik insgesamt gekostet.»
Welche Schwerpunkte die Grünen setzen:

Milliardenschwere Investitionen

Mit einer «Zukunftsagenda» wollen die Grünen die Weichen für
Investition und Innovation, für «Erneuerung» in Fairness und
Solidarität, für Dynamik statt bürokratischer Lähmung stellen, wie
es
im Entwurf heißt. Zentral ist der Vorschlag, einen milliardenschweren
und kreditfinanzierten «Deutschlandfonds» einzuführen. Daraus bezahlt

werden sollen zum Beispiel die Sanierung des Schienennetzes, von
Kitas und Schulen oder Investitionsanreize für Unternehmen. 

Der Investitionsstau in Deutschland liege im dreistelligen
Milliardenbereich. Bis zur Umsetzung einer Reform der Schuldenbremse
solle mit dem «Deutschlandfonds» der jüngeren Generationen ein
«modernes, funktionierendes und klimaneutrales Land» und eine
wettbewerbsfähige Volkswirtschaft garantiert werden.

Der Fonds solle helfen, die Spielräume für dringend notwendige
Zukunftsinvestitionen zu erhöhen, heißt es im Entwurf. «Er ist aber
kein Ersatz für die Aufgabe, im Haushalt stärker zu priorisieren und
effizienter mit den vorhandenen Einnahmen umzugehen.» Der Haushalt
solle entlastet werden, indem mehr Geflüchtete und mehr
Bürgergeldbezieher in Arbeit gebracht werden. 

Deutschland-App

Gemeinsam mit den Ländern und Kommunen solle der Bund eine
Deutschland-App einführen. In dieser sollen schrittweise alle
staatlichen Verwaltungsangebote «sicher, barrierefrei und
anwendungsfreundlich» zur Verfügung stehen. «In dieser App kann man
künftig mit wenigen Klicks einen Personalausweis beantragen oder die
neue Wohnung anmelden.»

Stromkosten

Private Haushalte und Firmen sollen bei den Stromkosten entlastet
werden. Die Netzentgelte für die überregionalen Stromleitungen
sollten aus dem «Deutschlandfonds» übernommen werden. Die Stromsteu
er
solle auf das europäische Minimum gesenkt werden. 

Den Ausbau der klimafreundlichen erneuerbaren Energien aus Wind und
Sonne wollen die Grünen weiter vorantreiben. «Wir halten Kurs beim
erreichten Rekord-Ausbautempo und bauen die Infrastruktur so aus,
dass der günstige Strom bei Menschen und Unternehmen ankommt.» 

Rente

Ein sogenannter Bürgerfonds soll aus Darlehen sowie Eigenmitteln des
Bundes gebildet werden und unter anderem in europäische und deutsche
Start-ups und Wachstumsunternehmen investieren. Dabei soll er
Nachhaltigkeits- und Klimaschutzkriterien berücksichtigen. «Mit den
daraus resultierenden Erträgen werden wir geringe und mittlere Renten
stärken, was insbesondere Frauen und Menschen in Ostdeutschland
unterstützt. Darüber hinaus wollen wir, dass mehr Menschen als bisher
von einer privaten Altersvorsorge profitieren.».

Die FDP hatte in der Ampel-Koalition das Modell der Aktienrente
durchgesetzt, mit dem ein Teil der Rentenfinanzen ebenfalls am
Kapitalmarkt angelegt werden sollte. Die geplante Reform wurde aber
nicht mehr umgesetzt.

Wie die Sozialdemokraten sprechen sich die Grünen im Programmentwurf
für eine Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent des
durchschnittlichen Arbeitseinkommens aus. An der Rente mit 67 halten
sie fest, wollen aber mehr Anreize für Ältere schaffen, länger zu
arbeiten. 

Zudem möchte die Partei Abgeordnete und «perspektivisch Beamte» in
die gesetzliche Rente holen. Auch nicht anderweitig abgesicherte
Selbständige wollen die Grünen einbeziehen. Die Partei spricht von
einem «ersten Schritt auf dem Weg zu einer Bürgerversicherung».

Kranken- und Pflegeversicherung

Kassenärzte sollen den Sprechstundenanteil für gesetzlich Versicherte
erhöhen, damit Patienten schneller Termine erhalten. Unterversorgte
Gebiete wollen die Grünen stärker unterstützen. Für ländliche
Regionen - gerade in Ostdeutschland - soll es zusätzliche Programme
für Gemeindegesundheitspfleger, früher Gemeindeschwester genannt, und
«Medizin auf Rädern» geben. 

Die Kosten der Krankenhausreform sollen neben der gesetzlichen
Krankenversicherung auch die privaten Kassen mittragen müssen.
Versicherungsfremde Leistungen wie Beiträge für Bürgergeldempfänger

sollen angemessener über den Staat finanziert werden.

Berufliche Freistellungen für pflegende Angehörige sollen besser und
flexibler möglich werden. Den Zugang zur Tagespflege wollen die
Grünen verbessern und Angebote ausbauen. Zur Finanzierung sollen
neben den gesetzlich Versicherten auch die Privatversicherten in den
Finanzausgleich des Gesundheits- und Pflegesystems einbezogen
werden. 

Ukraine-Politik

Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg heißt es, die Ukraine
müsse in der Lage sein, sich zu verteidigen und eine starke Position
für einen möglichen Friedensprozess sicherzustellen. «Wir
unterstützen die vielfältigen diplomatischen Friedensbemühungen der
Ukraine und ihrer Partner unter dem Grundsatz: «Nichts über die
Ukraine, ohne die Ukraine».» Zudem unterstützten die Grünen die
Ukraine auf ihrem Weg zur Mitgliedschaft in der EU und Nato.

Kriminalitätsbekämpfung

«Der Kampf gegen die Organisierte Kriminalität ist für uns ein
Schwerpunkt», schreiben die Grünen. Die Sicherheitsbehörden von Bund

und Ländern sollen deshalb ein «Gemeinsames Zentrum Organisierte
Kriminalität» einrichten. Bestehende Behörden will die Partei zu
einer schlagkräftigen Finanzpolizei ausbauen, um die Geldwäsche zu
bekämpfen. 

Zur Terrorbekämpfung heißt es: «Wir werden prüfen, ob die
Sicherheitsbehörden alle notwendigen Befugnisse haben, um Terrorismus
effektiv zu bekämpfen.»

Verkehrspolitik

Als einziges Land weltweit erlaube Deutschland das unbegrenzte Rasen
auf Autobahnen, zum Schaden von Menschenleben und Umwelt, heißt es.
«Ein Sicherheitstempo von 130 km/h auf Autobahnen als generelles
Tempolimit ist deshalb überfällig.»

Während das Schienennetz deutschlandweit einen deutlichen Ausbau
brauche, sei das Straßennetz bereits flächendeckend gut ausgebaut und
benötige daher Sanierungen statt Neubau.

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