Weniger Hüfte und Knie - Einschnitte bei Kliniken in NRW Von Dorothea Hülsmeier, dpa

Wo können Patienten künftig Knie- oder Hüftprothesen bekommen, welche

Klinik ist auf Krebs-OPs spezialisiert? Der neue Krankenhausplan für
NRW ist fertig. Es kommt zu spürbaren Veränderungen.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Auf Patientinnen und Patienten in
Nordrhein-Westfalen kommen im neuen Jahr teils drastische Einschnitte
bei bestimmten Behandlungen in Krankenhäusern zu. Das ist das
Ergebnis der nun abgeschlossenen neuen Krankenhausplanung im
bevölkerungsreichsten Bundesland. Vor allem bei den lukrativen Knie-
und Hüftprothesen wird die Zahl der Kliniken, die solche Eingriffe
vornehmen wollen, zwischen 36 bis über 60 Prozent reduziert. 

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) stellte die
Ergebnisse der über mehrere Jahre vorbereiteten Reform in Düsseldorf
vor. NRW ist das erste Bundesland mit einem solchen Modell. Für
planbare Eingriffe könnten die Entfernungen für Patienten nun etwas
länger werden, räumte Laumann ein. Anders sei das aber bei Notfällen

wie Schlaganfällen.

Konzentration bei Krebsbehandlungen

Auch für komplexe Krebsoperationen wie etwa an Speiseröhre,
Bauchspeicheldrüse oder Eierstöcken gibt es künftig weniger
Klinikstandorte in NRW. Bei Lebereingriffen reduziert sich die Zahl
der Kliniken, die diese Eingriffe beantragt haben, sogar um drei
Viertel von 113 auf 29. 

Bei der Geburtshilfe wurden laut Ministerium grundsätzlich alle
Antragsteller berücksichtigt, sofern sie die Mindestkriterien
erfüllten und von Seiten der Träger keine Schließung geplant sei. Von

133 beantragten Standorten fallen nur sieben weg. Bei
Perinatalzentren des Level 1 zur Versorgung extremer Frühchen wird
die Zahl der beantragten Standorte um etwa ein Viertel von 46 auf 34
in NRW abgebaut.

Übergangsfristen für die Kliniken

Mehr als 300 Krankenhäuser mit über 527 Standorten haben Anfang der
Woche ihre endgültigen Bescheide erhalten, welche Leistungen sie
künftig anbieten dürfen. Die neue Struktur tritt zum 1. April 2025 in
Kraft. Für bestimmte Leistungsgruppen etwa in der Kardiologie und der
Orthopädie sind Übergangsfristen bis Ende 2025 vorgesehen, damit die
Kliniken genug Zeit für die Umstellung oder Schließung von
Abteilungen haben.

Nicht mehr Betten zählen, sondern die Qualität

Der neue Krankenhausplan für NRW orientiert sich nicht mehr an der
Bettenzahl, sondern am Bedarf und an Qualitätsvorgaben. Für jede
Leistungsgruppe wurde der Bedarf ermittelt und den Anträgen der
Krankenhäuser gegenübergestellt. Insgesamt wurden nach Angaben des
Ministeriums rund 6.200 Einzelentscheide getroffen. 

Durch Konzentration und Spezialisierung will Laumann sicherstellen,
dass Patienten die bestmögliche Versorgung erhalten. Damit solle dem
«ruinösen Wettbewerb» der Krankenhäuser um Fallzahlen und Personal

entgegengewirkt werden, sagte er. Patienten sollten sicher sein, dass
sie in einem Krankenhaus versorgt werden, das auf den jeweiligen
Eingriff gut vorbereitet sei und über ausreichend Erfahrung verfüge.
Er sei sich sicher, dass die neue Planung ein «Beitrag zur
Stabilisierung der Krankenhauslandschaft» sei. Die Kliniken müssten
aber auch ihre wirtschaftliche Grundlage behalten 

Keine Abstriche bei Notfallversorgung

Gleichzeitig soll eine ortsnahe Notfallversorgung erhalten bleiben.
So muss ein Krankenhaus mit internistischer und chirurgischer
Versorgung für 90 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 20
Autominuten erreichbar sein. Intensivmedizin muss flächendeckend
vorgehalten werden. «Auch in ländlichen Regionen wird es weiterhin
eine flächendeckende Versorgung geben», sagte Laumann. Auf dem Land
sei aber auch die Überversorgung nicht so groß wie in den großen
Städten.

Milliarden für die Umsetzung der Reform 

Für die Umsetzung des Krankenhausplans stehen 2,5 Milliarden Euro zur
Verfügung. Die Mittel werden je nach Baufortschritt bis zum Jahr 2030
ausgezahlt. Die ersten Förderbescheide über fast 410 Millionen Euro
wurden bereits an acht NRW-Krankenhäuser überreicht.

Die Krankenhausgesellschaft KGNW, Kassen, Ärzte- und Pflegekammern
stehen hinter der seit vielen Jahren geplanten Reform. Jedoch warnte
KGNW-Vizepräsident Sascha Klein auch vor möglichen Schließungen. Fü
r
manche Kliniken bedeute die Umsetzung des Krankenhausplans, dass sie
Abteilungen verlören und möglicherweise Standorte schließen müssten
.
Notwendig seien flexible Antworten, wenn ein Krankenhaus in eine
wirtschaftliche Schieflage gerate.

13 Kliniken in Insolvenzverfahren

In NRW befinden sich nach Angaben Kleins derzeit 13 Kliniken in
Insolvenzverfahren. Das habe aber vor allem der für die Finanzierung
der Betriebskosten zuständige Bund zu verantworten, weil er die
Inflation nicht berücksichtige. «Das kann auch eine
Landeskrankenhausplanung nicht ausbügeln.» Auch Minister Laumann
rechnet nicht mit Insolvenzen aufgrund des neuen
NRW-Krankenhausplans, wohl aber mit Klagen einzelner Kliniken gegen
ihre Feststellungsbescheide.

Die SPD-Opposition forderte ab 2025 jährlich zwei Milliarden Euro
mehr für die Krankenhäuser statt der vorgesehenen 350 Millionen. Die
Kliniken seien seit Jahren chronisch unterfinanziert. Der
Investitionsstau liege in NRW mittlerweile bei rund 17 Milliarden
Euro.

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