Tod der zweijährigen Sophie in Halle: Vater muss in Haft Von André Jahnke, dpa
Zwei Tage werden schwere Verbrühungen der kleinen Sophie nur mit
Hausmittelchen behandelt. Dann stirbt die Zweijährige. Ihr Vater muss
ins Gefängnis, die Mutter und Oma erhalten Bewährungsstrafen.
Halle (dpa/sa) - Die kleine Sophie aus Halle (Saale) wurde nur zwei
Jahre alt. Sie hatte sich beim Spielen dreckig gemacht. Ihr Vater
will sie in der Badewanne abwaschen und verbrüht ihren Körper
großflächig mit heißem Wasser und verweigert ihr anschließend eine
ärztliche Versorgung. Das Mädchen stirbt zwei Tage später. Das
Landgericht Halle verurteilt den 37-Jährigen wegen gefährlicher
Körperverletzung und fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer
Haftstrafe von drei Jahren.
Auch die Mutter des Mädchens und die Oma wurden verurteilt und
erhielten wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen
Bewährungsstrafen. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Was genau an dem Freitag Mitte Mai passierte, ließ sich auch in dem
Prozess nicht vollends aufklären. Sicher ist laut Gericht aber, dass
das Mädchen durch ihren Vater mit heißem Wasser in Kontakt gekommen
war. «Es war auch kein Unfall, sondern eine fahrlässige Tat», betonte
Stengel. Entweder sei das heiße Wasser sehr lange über Sophies Körper
gelaufen oder es sei besonders heiß gewesen. «Die erheblichen
Verletzungen müssen für alle sichtbar gewesen sein.»
Aus Angst vor Konsequenzen des Jugendamtes, das die Familie bereits
im Blick hatte, waren die drei Angeklagten nicht zu einer Klinik
gefahren. Die Mutter (36) und die Großmutter (64) behandelten die
Verletzungen des Kindes mit Kühlspray und Quarkwickeln. Zwei Tage
später stirbt das Mädchen. Laut Gutachten hätte es bei rechtzeitiger
ärztlicher Behandlung gerettet werden können.
Die Situation sei falsch eingeschätzt worden und die früheren
Erfahrungen mit dem Jugendamt hätten zu dem Verhalten geführt, dass
dem Mädchen das Leben gekostet hat, begründete der Vorsitzende
Richter Jan Stengel die Entscheidung.
Der Vater hatte entschieden, nicht in die Klinik zu fahren, sondern
erst am Montag zum Kinderarzt zu gehen, wenn es dem Mädchen bis dahin
nicht besser gehe. Sophies Mutter und Großmutter beugen sich den
Anweisungen. Widerspruch ließ der Mann, der auch gewalttätig werden
konnte, nicht zu. Stattdessen kühlen sie die Haut des Mädchens und
behandeln es mit alten Hausmitteln.
Zwei Tage lang unternehmen die Eltern mit den anderen beiden Töchter
Radtouren und überlassen der Großmutter die Versorgung der kleinen
Sophie. Diese ist überfordert und wendet alte Hausmittel wie
Quarkwickel an. Nach einem Mittagsschlaf auf dem Sofa nimmt die
64-Jährige ein Röcheln des Mädchens wahr und Sophie atmet nicht mehr.
«Es tut mir leid, dass ich als Oma versagt habe. Ich wollte es
wirklich nicht», sagte die 64-Jährige in ihren letzten Worten vor
Gericht und brach unter Tränen zusammen.
Die Staatsanwältin hatte den drei Angeklagten in ihrem Plädoyer
Untätigkeit vorgeworfen, obwohl für jeden ersichtlich gewesen sein
musste, dass es schwerwiegende Verletzungen waren. Laut
Gerichtsmediziner waren rund 30 Prozent der Körperfläche verbrüht.
«Drei Ziffern hätten gereicht, um das Kind zu retten. Die 112 für den
Notruf», betonte die Staatsanwältin. Die Drei seien ihrer
«grundlegenden Verpflichtung, ihr Kind zu schützen, nicht
nachgekommen.» Sie hatte für den Vater sechs Jahre und für die beiden
Frauen jeweils dreieinhalb Jahre Haft gefordert. Nach dem Urteil
kündigte die Staatsanwältin an, Rechtsmittel prüfen zu wollen.
Der verurteilte Vater hatte in seinen letzten Worten an das Gericht
appelliert: «Bestrafen Sie bitte nicht meine Familie, sondern nur
mich». Die Mutter hatte betont, dass sie sich noch immer Vorwürfe
mache, dass sie nicht mit dem Kind zum Arzt gegangen war. Die beiden
anderen gemeinsamen Kinder sind derzeit in einem Heim untergebracht.
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