Scharfe Töne im Wahlkampf - Heil wirft CDU Beleidigung vor Von Basil Wegener, dpa . Fragen zum Inhalt oder zum Bezug unserer Videos für digitale Publisher beantworten Ihnen die Kollegen unter +49 30 2852 31357.)
Bis weit in den Süden der Republik muss man lernen, was «Tünkram»
ist, will man den Kontrahenten im Bundestagswahlkampf folgen. Jetzt
gehen die Attacken in die nächste Runde.
Berlin (dpa) - Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann die Beleidigung von Millionen
Beschäftigten vorgeworfen. Linnemann unterstelle 45 Millionen
Erwerbstätigen pauschal Faulheit, sagte Heil in einem
dpa-Videointerview. Das sei eine Unverschämtheit.
Der Arbeitsminister reagierte damit auf Äußerungen des
CDU-Generalsekretärs im RTL/ntv-Frühstart. Linnemann hatte dort
beklagt: «Wir wachsen nicht mehr. Wir sind Schlusslicht, wir steigen
ab. In Deutschland gibt es gar keine Leistungsbereitschaft mehr.»
Heil räumte tiefgreifende Probleme in Deutschland ein. Zentral sei,
die Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb zu erhalten
oder wieder zu stärken. «Allerdings nicht, indem man die fleißigen
Menschen in Deutschland demotiviert oder gar beleidigt.»
An die Adresse des CDU-Generalsekretärs gerichtet sagte er: «Und ich
finde das beleidigend, wenn man den Deutschen pauschal unterstellt,
es gibt keine Leistungsfähigkeit mehr in diesem Land.» Zudem sei dies
demotivierend.
Streit um den richtigen Weg
Hinter dem Hin und Her stehen auch Unterschiede bei den Konzepten.
Linnemann kündigte an, die CDU trete bei der Bundestagswahl an, um
die Leistungsbereitschaft wieder zu fördern. «Deswegen wollen wir
gerne Überstundenzuschläge steuerfrei stellen. Wer Mehrarbeit
leistet, muss entlastet werden. Wir wollen, dass jeder Rentner, der
freiwillig länger arbeiten will, 2.000 Euro steuerfrei bekommt»,
sagte er.
Heil hingegen meinte: «Wir haben im Moment große Herausforderungen
konjunktureller Natur.» Keine andere Volkswirtschaft auf der Welt sei
so sehr vom Weltmarkt abhängig wie Deutschland. «Das produzierende
Gewerbe leidet darunter, dass andere sich gerade abschotten -
Stichwort China, Stichwort USA.» Die Aufgabe jetzt sei es, «um
Industriearbeitsplätze zu kämpfen».
«Das ist eine Unverschämtheit»
In Anlehnung an eine Parole der Union betonte Heil: «Leistung muss
sich lohnen.» In Deutschland gebe es immer noch 45 Millionen
Erwerbstätige, «die wirklich jeden Tag hart struggeln, die über die
Runden kommen müssen und die wir brauchen».
Heil: «Das sind Handwerker, das sind Pflegekräfte, das sind
Selbstständige, das sind Soldaten, das sind Polizisten, das sind
Feuerwehrleute, das sind Reinigungskräfte.» Linnemann habe einen
«komischen Blick auf Deutschland, so mit Menschen umzugehen», so der
Arbeitsminister. «Das ist nicht meine Art und Weise, Politik zu
machen.»
Kurz vor den Äußerungen Heils hatte die SPD am Mittwoch ein
Fairnessabkommen aller im Bundestag vertretenen demokratischen
Parteien gefordert. SPD, Union und FDP hatten ihre
Auseinandersetzungen in den Tagen vorher teils immer wieder
eskalieren lassen - bereits rund um den Rausschmiss von
Finanzminister Christian Lindner (FDP) durch Kanzler Olaf Scholz
(SPD) und erneut rund um die Vertrauensfrage von Scholz Anfang der
Woche.
SPD legt bei Linnemann nach
Wer eine Verschnaufpause bis über die Weihnachtstage erhofft hat,
dürfte enttäuscht sein von dem neuerlichen Schlagabtausch. Der
Arbeitsminister, der in seinem politischen Leben auch schon als
SPD-Generalsekretär mit harten Bandagen agierte, antwortet auf die
Frage, ob er bis zum geplanten Wahltermin am 23. Februar seine
kämpferische Seite herauskehren wolle: «Ich bin kämpferisch für die
Themen, die mir am Herzen liegen.»
In Fragen von Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Sozialpolitik gebe es
zwischen der Merz-CDU mit Linnemann und der SPD mit Scholz klare
Unterschiede, sagte Heil. «Wenn es zum Beispiel darum geht, dass
Arbeit sich wirklich stärker lohnen muss, geht es auch um bessere
Löhne - Stichwort Mindestlohn.» Die CDU dagegen stehe für
Steuergeschenke für sehr Wohlhabende, kritisierte Heil.
Streit und Verständigung
«Ich bin immer dafür, dass in der Demokratie auch gestritten wird,
dass man kompromissfähig sein muss, gehört auch dazu.» Er sei zwar
nicht dafür, dass man sich wechselseitig persönlich runter mache,
sagte Heil. «Aber in der Sache muss es auch zwischen Demokraten
Streit um die richtigen Konzepte geben.»
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