Doppelgängerin-Mordprozess: Lebenslange Haft für Angeklagte Von Ulf Vogler, dpa

Das Motiv ist ungeheuerlich: Eine Frau will untertauchen und sucht
eine Doppelgängerin, um diese umzubringen und selbst als tot zu
gelten. Nach langem Prozess hat das Gericht keine Zweifel.

Ingolstadt (dpa) - Es war ein ungeheuerlicher Vorwurf, es wurde ein
Mammutprozess und er endete mit zwei Schuldsprüchen wegen Mordes. In
dem sogenannten Doppelgängerin-Prozess hat das Landgericht Ingolstadt
eine 25-Jährige und ihren 26 Jahre alten Bekannten zu lebenslangen
Haftstrafen verurteilt.

Die beschuldigte Ingolstädterin hatte nach Ansicht der Strafkammer
untertauchen wollen und wollte deswegen als tot gelten. Daher soll
die 25-Jährige in einem sozialen Netzwerk im Internet gezielt nach
einer ihr ähnlich sehenden Person gesucht haben, um diese zu töten -
Opfer wurde eine 23-Jährige aus Baden-Württemberg.

Richter sieht «eine verstörende Tat»

«Es handelt sich um eine verstörende Tat», sagte der Vorsitzende
Richter Konrad Kliegl. Sie unterscheide sich von vielen anderen
Mordfällen. Das Landgericht Ingolstadt stellte für die 25-Jährige
auch die besondere Schwere der Schuld fest. Damit kann die
Gefängnisstrafe voraussichtlich nicht bereits nach 15 Jahren zur
Bewährung ausgesetzt werden. 

Die Ingolstädterin hatte auch einen Mann beauftragt, ihren Schwager
zu töten. Zu der Tat kam es nicht, die Frau wurde dennoch ebenfalls
wegen versuchter Anstiftung zum Mord verurteilt. Die Verteidigung
beider Angeklagten kündigte unmittelbar nach der Verkündung des
Schuldspruchs einen Revisionsantrag beim Bundesgerichtshof an.

Verteidiger wollten Freisprüche erreichen

Mit dem Urteil folgte die Strafkammer weitgehend dem Antrag der
Staatsanwaltschaft, die 25-Jährige und den Mitangeklagten wegen
Mordes zu verurteilen. Die Verteidiger hatten einen Freispruch vom
Mordvorwurf verlangt. Sie sehen den Fall nicht als aufgeklärt an.

Der Prozess lief elf Monate lang, zahlreiche Zeugen wurden vernommen
und mehr als 50 Verhandlungstage waren letztlich nötig. Ursprünglich
sollte schon Anfang Mai das Urteil verkündet werden, der Prozess
wurde allerdings insbesondere durch zahlreiche Anträge der
Verteidiger von Anfang an die Länge gezogen.

Opfer wurde mit Dutzenden Stichen umgebracht

Die beschuldigte Deutsch-Irakerin war nach Überzeugung des Gerichts
im August 2022 zusammen mit dem mitangeklagten Kosovaren zu dem Opfer
nach Eppingen in der Nähe von Heilbronn gefahren, um mit ihr nach
Ingolstadt zu fahren. Der 23-Jährigen sei vorgegaukelt worden, dass
sie dort eine kostenlose Laserbehandlung erhalte, erläuterte der
Richter. So sei sie in die Falle gelockt worden. «Sie war ein reines
Zufallsopfer», betonte der Kammervorsitzende.

Anschließend sollen beide die Frau bei einem Zwischenstop noch im
Raum Heilbronn umgebracht haben. Die Gerichtsmediziner stellten 56
Messerstiche fest. 

Nach der Bluttat setzten die Angeklagten die Fahrt nach Ingolstadt
mit der Leiche der 23-Jährigen im Wagen der nun verurteilten Frau
fort. Dort war die Tote schließlich gefunden worden. Das Gericht ging
davon aus, dass zunächst auch noch geplant war, das Auto in Brand zu
stecken. Dies sei aber gescheitert.

Anfänglich ging der Plan auf

Nach der Entdeckung war die Leiche zunächst wirklich für die der
Ingolstädterin gehalten worden. Kurze Zeit später wurde allerdings
die wahre Identität des Opfers festgestellt. Die Ermittler gingen
dann davon aus, dass die Besitzerin des Autos wegen
Familienstreitigkeiten ein neues Leben beginnen und deswegen ihren
Tod inszenieren wollte.

In dem Prozess hatte der angeklagte Mann zu den Vorwürfen
geschwiegen. Allerdings soll er schon kurz nach der Tat zugegeben
haben, eine Frau für eine Bekannte umgebracht zu haben.

Die 25-Jährige hatte zu Anfang des Gerichtsverfahrens ihren
Mitangeklagten allein für die Gewalttat verantwortlich gemacht. Doch
die Aussage der Frau sei in allen entscheidenden Punkten widerlegt
worden, sagte Richter Kliegl. «Alles spricht für einen gemeinsamen
Tatplan.» Warum der Mann bei der Tat mitgemacht habe, sei allerdings
im Unklaren geblieben. Sein Motiv sei in dem Prozess nicht klar
geworden.

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