Streit um Leistungswillen - Merz: SPD denkt in Schablonen Von Basil Wegener, Jörg Blank und Sascha Meyer, dpa . Fragen zum Inhalt oder zum Bezug unserer Videos für digitale Publisher beantworten Ihnen die Kollegen unter +49 30 2852 31357.)
Abwertungen à la «Tünkram» oder mehr Fairness - kurz vor Heiligaben
d
beteuern die Kontrahenten im Wahlkampf, sich nicht mehr gegenseitig
runter machen zu wollen. Und reiten dann die nächsten Attacken.
Berlin (dpa) - Im Wahlkampfstreit um Leistungsbereitschaft und
Sozialleistungen wirft Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz der SPD
starres Schablonendenken vor. «Das Wort vom Sozialabbau gehört halt
schon zum Standardrepertoire jeder Antwort, wenn wir Vorschläge
machen, wie wir in Deutschland wieder nach vorne kommen können»,
sagte Merz in einem Videointerview der Deutschen Presse-Agentur in
Berlin. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte der Union
vorgeworfen, mit ihrer Kritik an angeblich mangelnder
Leistungsbereitschaft in Deutschland die rund 45 Millionen
Beschäftigten zu beleidigen.
Auslöser des neuen Streits waren Äußerungen des CDU-Generalsekretär
s.
Carsten Linnemann hatte im RTL/ntv-Frühstart beklagt: «Wir wachsen
nicht mehr. Wir sind Schlusslicht, wir steigen ab. In Deutschland
gibt es gar keine Leistungsbereitschaft mehr.»
«Komischer Blick auf Deutschland»
Linnemann unterstelle den Erwerbstätigen pauschal Faulheit, sagte
Heil daraufhin in einem dpa-Videointerview. Das sei eine
«Unverschämtheit». «Das sind Handwerker, das sind Pflegekräfte, d
as
sind Selbstständige, das sind Soldaten, das sind Polizisten, das sind
Feuerwehrleute, das sind Reinigungskräfte.» Linnemann habe einen
«komischen Blick auf Deutschland, so mit Menschen umzugehen», so der
Arbeitsminister. «Das ist nicht meine Art und Weise, Politik zu
machen.»
Der CDU-Chef konterte tags darauf, Heils Kritik an Linnemann
entspreche «einem Muster, was wir immer wieder sehen bei den
Sozialdemokraten». Merz, dem Kritikerinnen und Kritiker in der
Vergangenheit selbst Abgehobenheit vorgeworfen hatten, sagte: «Wir
haben in Deutschland viele Menschen, die enorm viel arbeiten.»
Streit um den richtigen Weg
Hinter dem Hin und Her stehen Unterschiede bei den Konzepten. Der
CDU-Vorsitzende sagte, bei vielen Menschen bleibe vom Brutto zu wenig
Netto übrig. «Das ist das, was wir wollen: Wir wollen die
Leistungsbereitschaft fördern. Wir wollen die Menschen ermutigen,
ermuntern.» Die Union wolle sogar «die älteren Menschen mit unserem
Vorschlag einer Aktivrente dazu ermutigen, länger im Arbeitsmarkt zu
bleiben».
Laut Wahlprogramm will die Union mit der Aktivrente freiwilliges
Weiterarbeiten über das reguläre Rentenalter hinaus attraktiver
machen. Gehalt soll dann erst ab 2.000 Euro im Monat versteuert
werden müssen. Erneut wies Merz auch Vorwürfe von Kanzler Olaf Scholz
(SPD) zurück, die Union plane nach einem Sieg bei der Bundestagswahl
im Februar Rentenkürzungen. «Der Bundeskanzler weiß, dass das falsch
ist», fügte Merz hinzu.
«Tünkram» und was danach kam
Nach den gegenseitigen Attacken der vergangenen Wochen bis hin zu
Scholz` Merz-Verunglimpfung «Fritze Merz erzählt gern Tünkram» hatt
en
die Kombattanten in Stilfragen eigentlich Besserung gelobt. «Tünkram»
ist plattdeutsch und bedeutet so viel wie dummes Zeug. Die SPD
brachte am Donnerstag ein Fairnessabkommen aller Parteien außer der
AfD ins Spiel. Schon an selben Tag drohte dann aber der
Schlagabtausch rund um die Sozialpolitik zur Schlammschlacht
auszuarten.
Warum lahmt die Wirtschaft?
In der Sache räumte auch Heil enorme aktuelle wirtschaftliche
Probleme in Deutschland ein - nur liegen sie seiner Darstellung nach
nicht an Faulheit von Menschen, sondern am Stottern des weltweiten
Konjunkturmotors. Zentral sei, die Konkurrenzfähigkeit im
internationalen Wettbewerb zu erhalten oder wieder zu stärken.
«Allerdings nicht, indem man die fleißigen Menschen in Deutschland
demotiviert oder gar beleidigt», etwa «wenn man den Deutschen
pauschal unterstellt, es gibt keine Leistungsfähigkeit mehr in diesem
Land.»
Linnemann und die CDU wollen - ausgehend von dem Befund mangelnder
Leistungsbereitschaft - zum Beispiel Überstundenzuschläge steuerfrei
stellen. Wer Mehrarbeit leistet, müsse entlastet werden, etwa
freiwillig länger arbeitende Rentner, sagte Linnemann. Heil hingegen
meinte, angesichts der tiefgreifenden konjunkturellen Probleme und
des teils unfair verstärkten Wettbewerbsdrucks mit China oder den USA
sei die Aufgabe jetzt, «um Industriearbeitsplätze zu kämpfen».
Linnemann bleibt bei Fleiß-Thesen
Auch Linnemann wies Heils Vorwürfe zurück. «Das Versagen der Ampel
hat dazu geführt, dass die große Leistungsbereitschaft der Menschen
nicht mehr honoriert wird», sagte der kritisierte CDU-Generalsekretär
der dpa. «Nicht die arbeitende Bevölkerung ist das Problem, sondern
das Versagen der Ampel.»
Heil kündigte auch für den weiteren Wahlkampf bis zur für den 23.
Februar geplanten Bundestagswahl an: «Ich bin immer dafür, dass in
der Demokratie auch gestritten wird, dass man kompromissfähig sein
muss, gehört auch dazu.» Er wolle zwar nicht, dass man sich
wechselseitig persönlich runter mache, sagte Heil. «Aber in der Sache
muss es auch zwischen Demokraten Streit um die richtigen Konzepte
geben.»
FDP will auch mehr Fairness
Unterdessen unterstützt die FDP, deren Chef Christian Lindner von
Scholz als Finanzminister entlassen worden war, die SPD-Idee eines
Fairnessabkommens für den Wahlkampf im Grundsatz. «Als Freie
Demokraten haben wir großes Interesse an einem sauberen Wahlkampf»,
sagte der designierte Generalsekretär Marco Buschmann der dpa.
Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK
Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.