Tote und Verletzte bei Weihnachtsmarkt-Attacke in Magdeburg

Mindestens zwei Menschen sind bei der Todesfahrt über einen
Magdeburger Weihnachtsmarkt ums Leben gekommen - darunter ein
Kleinkind. Am Tag nach den dramatischen Szenen soll es eine
Gedenkfeier geben.

Magdeburg (dpa) - Vier Tage vor Heiligabend rast ein Autofahrer
mitten über den Magdeburger Weihnachtsmarkt - es gibt zwei Tote und
Dutzende Verletzte. Die Motive des festgenommenen Tatverdächtigen für
den mutmaßlichen Anschlag sind noch unklar. «Wir kennen noch keine
Hintergründe zur Tat, wir ziehen alles in Betracht», sagte eine
Sprecherin der Polizei auf Nachfrage. Heute wollen Bundeskanzler Olaf
Scholz und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (beide SPD) nach
Magdeburg kommen. Am Abend soll es im Dom eine Gedenkfeier geben.

Momentan gehen die Ermittlungsbehörden laut Polizei von einem
Einzeltäter aus. Der 50-Jährige aus Saudi-Arabien war am Tatort von
Einsatzkräften gestellt und festgenommen worden. Der Verdächtige sei
Arzt, lebe und arbeite in Bernburg, sagte Ministerpräsident Reiner
Haseloff (CDU). Nach bisherigen Erkenntnissen sei er den Behörden
nicht als Islamist bekannt. Der Täter raste laut Haseloff mit einem
Leihwagen in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt. Das
Außenministerium in Saudi-Arabien verurteilte die Tat.

Oberbürgermeisterin unter Tränen 

Bei der Tat - fast auf den Tag genau acht Jahre nach dem Anschlag auf
den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche - kamen ein
Erwachsener und ein Kleinkind ums Leben. Nach Angaben der Polizei gab
es über 60 Verletzte, darunter mehrere Schwerstverletzte. Haseloff
sagte, weitere Tote könnten nicht ausgeschlossen werden. «Das ist
eine Katastrophe für die Stadt Magdeburg und für das Land und auch
generell für Deutschland», sagte der Ministerpräsident. 

Am Abend ist eine Gedenkfeier für die Opfer im Magdeburger Dom
geplant. Man wolle Betroffenen, Angehörigen und allen anderen Bürgern
eine Möglichkeit zum Trauern geben, sagte Oberbürgermeisterin Simone
Borris am Abend unter Tränen vor Journalisten. «Wir werden eine lange
Zeit zum Trauern brauchen», sagte sie sichtlich fassungslos. «Wir
werden das alles umfassend aufarbeiten.» Stadtsprecher Michael Reif
sagte, es sei «ein Anschlag» gewesen.

Die Stadt Magdeburg lässt in den kommenden Tagen alle
Kultureinrichtungen geschlossen, Theater, Puppentheater und auch
andere Spielstätten, wie der Stadtsprecher Michael Reif sagte. 

Haseloff: Kanzler wird Lage bewerten

Bundesinnenministerin Faeser teilte mit, sie werde heute gemeinsam
mit Bundeskanzler Scholz nach Magdeburg kommen, «um unser tiefes
Mitgefühl auszudrücken und den Einsatzkräften zu danken.» Haseloff

sagte am Freitagabend: «Der Kanzler wird morgen vorbeischauen und
hier mit uns die Lage bewerten und auch sicherlich mit uns gemeinsam
nicht nur trauern, sondern auch entsprechend Maßnahmen besprechen,
die notwendig sind.» 

Die Bundesinnenministerin hatte zuletzt wiederholt zu Wachsamkeit bei
Weihnachtsmarktbesuchen aufgerufen. Konkrete Gefährdungshinweise gebe
es aktuell nicht, sagte die SPD-Politikerin Ende November. 

Bundeskanzler Scholz schrieb auf der Plattform X: «Meine Gedanken
sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Wir stehen an ihrer Seite
und an der Seite der Magdeburgerinnen und Magdeburger. Mein Dank gilt
den engagierten Rettungskräften in diesen bangen Stunden.» Auch
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) zeigte sich entsetzt und sprach von
einem feigen Anschlag. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dankte
den Rettungskräften und schrieb: «Die Vorfreude auf ein friedliches
Weihnachtsfest wurde durch die Meldungen aus Magdeburg jäh
unterbrochen.»

Nato-Generalsekretär Mark Rutte kontaktierte nach eigenen Worten
Bundeskanzler Scholz und drückte ihm sein Mitgefühl aus. «Meine
Gedanken sind bei den Opfern und deren Familien», schrieb Rutte auf
der Plattform X. «Die Nato steht an der Seite Deutschlands.» Die
Vereinten Nationen bekundeten ebenfalls ihr Beileid. Man sei
schockiert, sagte Stéphane Dujarric, Sprecher des
UN-Generalsekretärs.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verurteilte die
Attacke. «Meine Gedanken sind heute bei den Opfern der brutalen und
feigen Tat in Magdeburg», schrieb sie auf der Plattform X. Ihr
Beileid gelte den Angehörigen und Freunden, ihr Dank der Polizei und
den Rettungskräften. «Diese Gewalttat muss aufgeklärt und hart
geahndet werden.»

Der französische Präsident Emmanuel Macron schrieb auf X, Frankreich
teile den Schmerz des deutschen Volks. Er sei zutiefst erschüttert
über «den Horror», der den Weihnachtsmarkt heimgesucht habe. Der
designierte US-Vizepräsident J.D. Vance zeigte sich bei X ebenfalls
betroffen: «Was für eine entsetzliche Attacke so kurz vor
Weihnachten.»

Auch Saudi-Arabien verurteilte die tödliche Attacke. «Das Königreich

bringt seine Solidarität mit dem deutschen Volk und den Familien der
Opfer zum Ausdruck», schrieb das Außenministerium in einer Mitteilung
auf X. In der Stellungnahme erwähnte ihn das Land den Verdächtigen,
der aus Saudi-Arabien stammt, nicht.

100 Feuerwehrkräfte im Einsatz

Sirenen überall, Blaulicht, Feuerwehr: Eine dpa-Reporterin berichtete
kurz nach der Tat, es wimmele auf dem Weihnachtsmarkt von
Rettungswagen und Sanitätern. An einer großen Weihnachtspyramide
wurden demnach Verletzte versorgt. Mehrere verletzte Menschen wurden
weggetragen. Ein Sprecher des Universitätsklinikums sagte der
Deutschen Presse-Agentur, die ersten 10 bis 20 Patienten würden
aktuell versorgt - man stelle sich jedoch auf deutlich mehr Verletzte
ein. «Intensivbetten stehen bereit.»

Video soll Festnahme des Verdächtigen zeigen

Ein Handyvideo soll die Festnahme des Verdächtigen zeigen. In dem
Clip ist zu sehen, wie ein Polizist seine Waffe auf den Verdächtigen
richtet und ihm zuruft, sich hinzulegen: «Die Hände auf den Rücken!
»
und «Bleib liegen!» Der Mann legt sich neben einem schwarzen -
sichtbar beschädigten - Auto auf den Boden und befolgt die
Anweisungen. Schließlich kommt Verstärkung, mehrere Polizisten
springen aus dem Einsatzwagen und umkreisen den am Boden liegenden
Verdächtigen. Der Polizist weist seine Kollegen an, «nicht so nah
ran» zu gehen. 

Rund acht Jahre nach Berliner Weihnachtsmarktanschlag

Fast auf den Tag genau vor acht Jahren, am 19. Dezember 2016, war in
Berlin ein islamistischer Terrorist mit einem entführten Lastwagen
auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gerast. Dabei wurden 12
Menschen getötet, das 13. Opfer starb 2021 an den Folgen. Mehr als 70
Menschen wurden verletzt. Der Attentäter floh nach Italien, wo er von
der Polizei erschossen wurde.

Auch in anderen Städten mit Weihnachtsmärkten ist die Polizei nun
besonders achtsam. In Stuttgart sagte ein Polizeisprecher, die
Polizeikräfte seien vor Ort sensibilisiert worden. In Berlin sagte
ein Sprecher, man habe die Beamten aufgerufen, ein erhöhtes Augenmerk
auf Weihnachtsmärkte zu richten.

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