Tag nach Todesfahrt: Scholz und Faeser kommen nach Magdeburg

Am Tag nach den dramatischen Szenen auf dem Weihnachtsmarkt in
Sachsen-Anhalt wird es eine Gedenkfeier geben. Kanzler Scholz und
Innenministerin Faeser kommen nach Magdeburg.

Magdeburg (dpa) - Nach der Todesfahrt über den Magdeburger
Weihnachtsmarkt wollen Kanzler Olaf Scholz und Bundesinnenministerin
Nancy Faeser (beide SPD) heute in die Landeshauptstadt nach
Sachsen-Anhalt kommen. Am Abend soll es im Dom eine Gedenkfeier
geben. Einen Tag nach der Tat mit zwei Toten und Dutzenden Verletzten
sind weiterhin viele Fragen offen - allen voran nach den Motiven des
festgenommenen Tatverdächtigen für den mutmaßlichen Anschlag. «Wir

kennen noch keine Hintergründe zur Tat, wir ziehen alles in
Betracht», sagte eine Sprecherin der Polizei auf Nachfrage. 

Weiterhin gehen die Ermittlungsbehörden von einem Einzeltäter aus.
Hinweise, nach denen ein zweites, möglicherweise tatrelevantes Auto
in der Innenstadt gesichtet wurde, hätten sich nicht bestätigt,
teilte die Polizei auf X mit. «Aktuell haben wir keine Hinweise auf
Mittäter», sagte eine Sprecherin. Es würden unter anderem
Durchsuchungen durchgeführt. Die Sprecherin sagte am Morgen weiter,
es laufe eine Durchsuchung in Bernburg. Details nannte sie nicht. Der
Tatverdächtige wurde offiziellen Angaben aus der Nacht nach verhört. 


Der 50-Jährige aus Saudi-Arabien war am Tatort von Einsatzkräften
gestellt und festgenommen worden. Der Verdächtige sei Arzt, lebe und
arbeite in Bernburg, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner
Haseloff (CDU). Nach bisherigen Erkenntnissen sei er den Behörden
nicht als Islamist bekannt. Der Täter raste laut Haseloff mit einem
Leihwagen in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt. Nach Angaben
der «Bild» unter Berufung auf die Polizei erstreckte sich die Fahrt
auf dem Gelände über 400 Meter. 

Haseloff: Kanzler wird Lage bewerten

Haseloff sagte am Abend: «Der Kanzler wird morgen vorbeischauen und
hier mit uns die Lage bewerten und auch sicherlich mit uns gemeinsam
nicht nur trauern, sondern auch entsprechend Maßnahmen besprechen,
die notwendig sind.» Bundesinnenministerin Faeser teilte mit, sie
werde heute mit Scholz nach Magdeburg kommen, «um unser tiefes
Mitgefühl auszudrücken und den Einsatzkräften zu danken.» Faeser
hatte zuletzt wiederholt zu Wachsamkeit bei Weihnachtsmarktbesuchen
aufgerufen. Konkrete Gefährdungshinweise gebe es aktuell nicht, hatte
sie Ende November gesagt.

Oberbürgermeisterin unter Tränen 

Bei der Tat - fast auf den Tag genau acht Jahre nach dem Anschlag auf
den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche - kamen ein
Erwachsener und ein Kleinkind ums Leben. Nach Angaben der Polizei gab
es über 60 Verletzte, darunter mehrere Schwerstverletzte. Haseloff
sagte, weitere Tote könnten nicht ausgeschlossen werden. «Das ist
eine Katastrophe für die Stadt Magdeburg und für das Land und auch
generell für Deutschland», sagte der Ministerpräsident. 

Am Abend soll es eine Gedenkfeier für die Opfer im Magdeburger Dom
geben. Man wolle Betroffenen, Angehörigen und allen anderen Bürgern
eine Möglichkeit zum Trauern geben, sagte Oberbürgermeisterin Simone
Borris am Abend unter Tränen vor Journalisten. «Wir werden eine lange
Zeit zum Trauern brauchen», sagte sie sichtlich fassungslos. «Wir
werden das alles umfassend aufarbeiten.» Stadtsprecher Michael Reif
sagte, es sei «ein Anschlag» gewesen.

Scholz: Gedanken sind bei den Opfern

Bundeskanzler Scholz schrieb auf der Plattform X: «Meine Gedanken
sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Wir stehen an ihrer Seite
und an der Seite der Magdeburgerinnen und Magdeburger. Mein Dank gilt
den engagierten Rettungskräften in diesen bangen Stunden.» Auch
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) zeigte sich entsetzt und sprach von
einem feigen Anschlag. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dankte
den Rettungskräften und schrieb: «Die Vorfreude auf ein friedliches
Weihnachtsfest wurde durch die Meldungen aus Magdeburg jäh
unterbrochen.»

Nato-Generalsekretär Mark Rutte kontaktierte nach eigenen Worten
Bundeskanzler Scholz und drückte ihm sein Mitgefühl aus. «Meine
Gedanken sind bei den Opfern und deren Familien», schrieb Rutte auf
der Plattform X. «Die Nato steht an der Seite Deutschlands.» Die
Vereinten Nationen bekundeten ebenfalls ihr Beileid. Man sei
schockiert, sagte Stéphane Dujarric, Sprecher des
UN-Generalsekretärs. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
verurteilte die Attacke. «Meine Gedanken sind heute bei den Opfern
der brutalen und feigen Tat in Magdeburg», schrieb sie auf der
Plattform X. 

Der französische Präsident Emmanuel Macron schrieb auf X, Frankreich
teile den Schmerz des deutschen Volks. Er sei zutiefst erschüttert
über «den Horror», der den Weihnachtsmarkt heimgesucht habe. Die USA

versicherten ihre Solidarität. Die USA seien bereit, Unterstützung zu
leisten, hieß es vom Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew
Miller. Der designierte US-Vizepräsident J.D. Vance zeigte sich bei X
ebenfalls betroffen: «Was für eine entsetzliche Attacke so kurz vor
Weihnachten.»

Auch Saudi-Arabien verurteilte die tödliche Attacke. «Das Königreich

bringt seine Solidarität mit dem deutschen Volk und den Familien der
Opfer zum Ausdruck», schrieb das Außenministerium in einer Mitteilung
auf X. In der Stellungnahme erwähnte das Land den Verdächtigen, der
aus Saudi-Arabien stammt, nicht.

Video soll Festnahme des Verdächtigen zeigen

Eine dpa-Reporterin berichtete kurz nach der Tat, es wimmele auf dem
Weihnachtsmarkt von Rettungswagen und Sanitätern. An einer großen
Weihnachtspyramide wurden demnach Verletzte versorgt. Mehrere
verletzte Menschen wurden weggetragen. 

Ein Handyvideo soll die Festnahme des Verdächtigen zeigen. In dem
Clip ist zu sehen, wie ein Polizist seine Waffe auf den Verdächtigen
richtet und ihm zuruft, sich hinzulegen: «Die Hände auf den Rücken!
»
und «Bleib liegen!» Der Mann legt sich neben einem schwarzen -
sichtbar beschädigten - Auto auf den Boden und befolgt die
Anweisungen. Schließlich kommt Verstärkung, mehrere Polizisten
springen aus dem Einsatzwagen und umkreisen den am Boden liegenden
Verdächtigen. Der Polizist weist seine Kollegen an, «nicht so nah
ran» zu gehen. 

Rund acht Jahre nach Berliner Weihnachtsmarktanschlag

Fast auf den Tag genau vor acht Jahren, am 19. Dezember 2016, war in
Berlin ein islamistischer Terrorist mit einem entführten Lastwagen
auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gerast. Dabei wurden 12
Menschen getötet, das 13. Opfer starb 2021 an den Folgen. Mehr als 70
Menschen wurden verletzt. Der Attentäter floh nach Italien, wo er von
der Polizei erschossen wurde.

Auch in anderen Städten mit Weihnachtsmärkten ist die Polizei nun
besonders achtsam. In Stuttgart sagte ein Polizeisprecher, die
Polizeikräfte seien vor Ort sensibilisiert worden. In Berlin sagte
ein Sprecher, man habe die Beamten aufgerufen, ein erhöhtes Augenmerk
auf Weihnachtsmärkte zu richten.

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