Mord aus Habgier? - Arztwitwe schweigt vor Gericht
Der gewaltsame Tod eines angesehenen Chemnitzer Herzspezialisten hat
viele Menschen bewegt. Nun stehen drei Angeklagte vor Gericht -
darunter seine Witwe.
Chemnitz (dpa/sn) - Er war ein angesehener Kardiologe und hat es mit
einem großen Labor in Chemnitz zu einem Vermögen gebracht. Doch im
März 2024 wird der 69 Jahre alte Arzt mitten in der Nacht brutal aus
dem Leben gerissen - mit bis zu 13 Stichen und vermutlich einem
Bolzenschussgerät. Die Staatsanwaltschaft spricht von einem Mord aus
Habgier. Deswegen steht nun seine Witwe vor Gericht mit zwei weiteren
Angeklagten, die den Mordplan umgesetzt haben sollen.
Zum Prozessauftakt schwiegen die drei Deutschen zu den Vorwürfen -
neben der Witwe, einer 60-jährigen Tierärztin, sind ihre
Sprechstundenhilfe (53) und deren Partner angeklagt.
Im August 2023 hatte der Arzt die Frau geheiratet. Die 60-Jährige hat
eine eigene Praxis. Doch laut Staatsanwaltschaft hat sie finanzielle
Probleme. Deswegen soll sie sich schon Monate vor der Hochzeit mit
ihren mutmaßlichen Komplizen an zwei Tresoren des Herzspezialisten
bedient haben: Goldmünzen, Gold und Devisen im Wert von 200.000
Euro.
Bangte Ehefrau ums Erbe?
Sie habe befürchtet, ihr Ehemann könnte sich von ihr trennen oder
sein Testament zugunsten einer gemeinnützigen Stiftung ändern,
erklärte Ankläger Stephan Butzkies. Deswegen soll sie mit ihrer
langjährigen Sprechstundenhilfe und deren Freund den Mordplan
geschmiedet haben. Die beiden sollten demnach aus dem Erbe entlohnt
werden.
Den Ermittlungen zufolge war sie nach einem gemeinsamen Abend mit
ihrem Ehemann in die eigene Wohnung nach Zwickau gefahren. So habe
sie sich ein Alibi für die Tatzeit verschaffen wollen, erläuterte
Butzkies. Doch zuvor soll sie den Mitangeklagten noch den Schlüssel
zur Wohnung des Opfers gegeben haben.
Opfer nichtsahnend im Bett überrascht
In den frühen Morgenstunden des 10. März soll dann der heute
63-Jährige ins Schlafzimmer des Arztes gegangen sein. Der lag laut
Anklage im Bett und rechnete mit keinem Angriff. Bei der Attacke sei
ihm - vermutlich mit einem Messer - in Rücken, Nacken und Hals
gestochen worden. Dann habe der Angreifer «mittels stumpfer Gewalt
gegen den Kopf - vermutlich unter Gebrauch eines
Kleinbolzenschussgerätes» das sich wehrende Opfer traktiert.
Später, so Butzkies, sei seine Freundin hinzugekommen. Gemeinsam
hätten sie den noch lebenden Mann «höchstwahrscheinlich durch weitere
scharfe und stumpfe Gewalteinwirkung» arbeitsteilig getötet.
Für den Prozess ist eine aufwendige Beweisaufnahme nötig. Geplant
sind 17 weitere Verhandlungstage bis Ende April. Dabei sollen 28
Menschen als Zeugen und 3 Sachverständige angehört werden. Am ersten
Verhandlungstag kamen anders als zunächst geplant noch keine Zeugen
zu Wort.
Rund 100 Zuschauer im Gerichtssaal
Stattdessen haben die Verteidiger mehrere Anträge unter anderem auf
Unterbrechung oder Aussetzung des Verfahrens gestellt. Sie
kritisierten, dass ihnen nicht alle erforderlichen Akten zur Einsicht
vorlägen und so «kein faires rechtsstaatliches Verfahren» möglich
sei. Die Gerichtsakten umfassen den Angaben nach inzwischen 21 Ordner
mit weit mehr als 7.000 Seiten.
Das öffentliche Interesse an dem Prozess ist immens. Nicht nur
zahlreiche Journalisten verfolgten den Prozessauftakt. Vor Beginn der
Verhandlung kam es vor dem Gerichtssaal zu einer Menschenschlange.
Die etwa 100 Zuschauerplätze im Saal waren restlos belegt.
Der Prozess soll am 16. Januar fortgesetzt werden.
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