Nach Anschlag: Kritik an Datenaustausch der Polizeibehörden
Bei den Ermittlungen zum Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt
geht es nicht nur um den Täter. Es geht auch um eine politische
Aufarbeitung.
Magdeburg (dpa) - Rund drei Wochen nach dem Anschlag auf den
Magdeburger Weihnachtsmarkt wird Kritik am Datenaustausch zwischen
den Polizeibehörden lauter. «Wir haben eine föderale Datenstruktur in
der Polizei und das ist ein bisschen ein Kern des Problems», sagte
der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Dirk
Peglow, in der MDR-Sendung «Fakt ist». Seit 2020 beschäftige sich die
Innenministerkonferenz mit der Früherkennung von potenziellen
Amokläufern und Attentätern. Das Problem solcher
Täterpersönlichkeiten sei erkannt. Es sei aber sehr schwierig,
polizeiliche Daten zusammenzuführen.
Gegen den Attentäter von Magdeburg, einen 50 Jahre alten Arzt aus
Saudi-Arabien, lagen nach Angaben von Sachsen-Anhalts Innenministerin
Tamara Zieschang (CDU) an unterschiedlichen Stellen Informationen bei
den Behörden vor. Unter anderem habe es Informationen aus
Saudi-Arabien gegeben, weil das Land den Mann als Bedrohung für
Saudi-Arabien angesehen habe. Sie bekräftigte allerdings, dass das
Ziel eine gemeinsame Datenplattform sein müsse. Die Entscheidung dazu
sei von der Innenministerkonferenz schon 2016 getroffen worden. «Wir
sind schon mitten in der Umsetzung», sagte Zieschang. Allerdings
müsse eine neue IT-Struktur aufgebaut werden. «Wir müssen die
gemeinsame Datenplattform deutlich forcieren.»
Kriminologin: «Klassiker für einen Amoklauf»
Die Professorin für Kriminologie an der Universität Gießen, Britta
Bannenberg, betonte jedoch, wie schwierig es sei, solche Täter
frühzeitig zu identifizieren. «Diese Amoktaten sind gerade deshalb
ein Problem, weil sie nicht zur Handlungsroutine der
Sicherheitsbehörden gehören», sagte Bannenberg. Es gebe allerdings
empirische Erkenntnisse für solche Einzeltäter und wenn diese
Personen gegenüber anderen Aussagen tätigten, die auf einen Anschlag
hindeuteten, dann sei dies ein Klassiker für einen Amoklauf. Die
Polizei habe hier die Aufgabe der Gefahrenabwehr, wenn nötig auch mit
Hilfe von Psychologen.
Der Attentäter hatte sich bereits früher radikal in den Sozialen
Netzwerken geäußert und auch gegenüber Behörden gedroht. Insgesamt
wurden nach Angaben von Innenministerin Zieschang in der
Vergangenheit sechs Anzeigen gegen Taleb A. erstattet, 13
Strafanzeigen stellte er selbst. Die Innenministerin wies darauf hin,
dass der Beschuldigte in Sachsen-Anhalt zu keinem Zeitpunkt
verurteilt worden sei.
Kurz vor Weihnachten war der 50-jährige Mann mit einem Auto über den
Weihnachtsmarkt der ostdeutschen Stadt gerast. Bislang sind sechs
Menschen gestorben, ein neunjähriger Junge sowie fünf Frauen im Alter
von 45 bis 75 Jahren. Zudem gab es knapp 300 Verletzte. Beim
Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt sind nach Angaben der
Innenministerin mehr als 100 Kollegen mit der Aufarbeitung des Falls
befasst.
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