«Körperwelten»-Schöpfer empfindet Leben als große Ausnahme
Mit seinen «Körperwelten»-Ausstellungen wurde Gunther von Hagens
weltweit bekannt. Nun wird der Mediziner 80. Wie die
Auseinandersetzung mit dem Tod seinen Blick auf das Leben verändert
hat.
Heidelberg/ Guben (dpa) - Die «Körperwelten»-Ausstellungen zeigen
Menschen unter anderem beim Schachspielen, Sport oder beim Sex. Bis
heute wurden die konservierten Leichen nach Angaben der Veranstalter
weltweit von mehr als 56 Millionen Menschen bestaunt - und sorgten
immer wieder für Kritik. «Das ist auch gut so», findet
Ausstellungsmacher und Erfinder der sogenannten Plastination Gunther
von Hagens, der am 10. Januar 80 Jahre alt wird.
«Kontroversen sind ein Zeichen dafür, dass meine Arbeit die Menschen
berührt, zum Nachdenken anregt und Diskussionen auslöst - genau das
war von Anfang an mein Ziel», sagte der Mediziner der Deutschen
Presse-Agentur. Sachliche Kritik nehme er sehr ernst, zum Beispiel
wenn es um die Würde der Plastinate gehe. Die Debatte habe ihn dazu
bewegt, den gesamten Prozess - von der Körperspende bis hin zur
Präsentation in der Ausstellung - so transparent und respektvoll wie
möglich zu gestalten.
Tod ist Teil des Lebens
Bei der Plastination wird der Körper oder Teile davon durch eine
Konservierungsmethode von innen stabilisiert. Damit können Muskeln,
Knochen und innere Organe geruchlos und trocken für den Betrachter
sichtbar gemacht werden. Von Hagens hat die Methode entwickelt und
patentieren lassen. Ihr Debüt hatte die Ausstellung 1995 in Tokio und
wurde bis heute Dutzende Male in 42 Ländern gezeigt.
«Die Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit des Menschen hat
meinen Blick auf das Leben tief geprägt», sagte von Hagens. «Wenn man
den Tod nicht nur als Ende, sondern auch als Teil des Lebens
betrachtet, verschiebt sich der Fokus: Man beginnt, den Wert des
Augenblicks mehr zu schätzen und bewusster zu leben.» Je älter er
werden, desto mehr empfinde er das Leben als große Ausnahme und den
Tod als das Normale. «Letztlich ist es die Vergänglichkeit, die dem
Leben überhaupt Bedeutung verleiht.»
Sohn hat Geschäftsführung übernommen
Von Hagens hat Parkinson und sich deshalb weitestgehend aus dem
Geschäft zurückgezogen. Er sei seinem Sohn Rurik und seiner Frau
Angelina Whalley sehr dankbar, dass sie das Unternehmen und die
Ausstellungen mit Leidenschaft weiterführten. Er habe gelernt, mit
der Erkrankung umzugehen und seinen Alltag entsprechend anzupassen.
«Dazu gehört vor allem, Stress zu vermeiden, denn der beschleunigt
den Krankheitsprozess.» Von Hagens lebt überwiegend in Heidelberg, wo
er im kleinen Kreise der Familie seinen 80. Geburtstag feiern will.
In Deutschland ist die «Körperwelten»-Ausstellung dieses Jahr in
Hannover, Magdeburg und München zu sehen. In Berlin, Heidelberg und
Guben gibt es dauerhafte Ausstellungen.
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