Langes Ausharren: Hunderte Menschen warten auf Organspenden

Deutschland liegt bei den Organspenden im internationalen Vergleich
auf einem hinteren Platz. Und auch in Baden-Württemberg stagniert die
Zahl der Spender auf niedrigem Niveau.

Stuttgart/Frankfurt/Main (dpa) - In Baden-Württemberg warten mehr als
930 Menschen darauf, dass ihnen ein gespendetes Organ eingesetzt
werden kann. Es ist ein langes Warten und viele warten vergeblich:
Allein für eine neue Niere müssen Patienten nach den bisherigen
Erfahrungen der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) im
Schnitt acht Jahre ausharren. 

Ende des vergangenen Jahres wurden 966 Organe im Südwesten benötigt,
wie die DSO in Frankfurt am Main mit Verweis auf vorläufige Zahlen
mitteilte. Neben 723 Nieren und 108 Lebern müssten demnach auch 44
Lungen und 60 Herzen in Baden-Württemberg transplantiert werden. 

Deutschland auf einem der hinteren Plätze

Die Zahl der Organspender stagniert aber auf einem aus Sicht der DSO
niedrigen Niveau. In Baden-Württemberg ist sie im vergangenen Jahr im
Vergleich zum Vorjahr nach einem leichten Anstieg zuvor wieder etwas
leicht gesunken. Im vergangenen Jahr spendeten 132 Menschen nach
ihrem Tod ein oder mehrere Organe, fünf weniger als im Jahr 2023. Das
entspreche 11,8 Spendern pro eine Million Einwohner, bundesweit lag
die Quote bei 11,4 Spendern pro eine Million Einwohner. Deutschland
nimmt damit im internationalen Vergleich auch 2024 einen der hinteren
Plätze ein, so die DSO. 

Dagegen nahm die Zahl der in Baden-Württemberg gespendeten Organe
erneut zu. Laut vorläufiger Bilanz wurden 417 Organe im Südwesten
entnommen und später bundesweit oder im Ausland transplantiert (2023:
397, 2022: 375). Im Südwesten übertragen wurden 410 Organe, die zuvor
innerhalb von Deutschland oder im Ausland gespendet worden waren
(2023: 393; 2022: 348).

Entnommen und verteilt werden die Organe im In- und Ausland über die
internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant nach festgelegten
medizinischen Kriterien. 

Stiftung ruft zu Organspendeausweisen auf

Bundesweit sei 2.902 schwer kranken Patientinnen und Patienten eine
bessere 
Lebensqualität oder sogar ein Weiterleben geschenkt worden, erklärte
die DSO. Gleichzeitig stünden noch 8.260 Menschen auf den
Wartelisten. 

Ihre Lage sei dramatisch, erklärte der medizinische Vorstand der DSO,
Axel Rahmel. Die Organspende sei in vielen Fällen die einzige
Überlebenschance. Dies sei aber nur möglich, wenn Menschen zur Spende
bereit seien. «Organspender sind Lebensretter», sagte Christina
Zezios, die Geschäftsführende Ärztin der DSO-Region
Baden-Württemberg. «Denn nur durch ihre Bereitschaft, nach dem
eigenen Tod, anderen Menschen zu helfen, können Organe für eine
Transplantation bereitgestellt werden.» Durch den anhaltenden
Organmangel kommt es aber auf jedes einzelne Organ an.

Gesundheitsminister fordert Widerspruchslösung

Aktuell müssen Menschen in Deutschland ihren Willen bezüglich einer
Organspende nach ihrem Tod schriftlich oder mündlich mitgeteilt
haben. Ansonsten müssen die Angehörigen nach dem vermuteten Willen
der Verstorbenen oder, wenn dieser nicht bekannt ist, nach eigenen
Wertvorstellungen entscheiden. 

Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne)
fordert weiterhin eine gesetzlich verankerte sogenannte
Widerspruchslösung. Dabei gilt grundsätzlich jeder Mensch als
Organspender nach dem Tod, es sei denn, er hat dem zu Lebzeiten
widersprochen. 

«Die Organspendezahlen bestätigen erneut, dass auf der derzeitigen
gesetzlichen Grundlage alle Möglichkeiten ausgereizt sind», sagte er
der dpa. Es dürfe deshalb nicht sein, dass die Initiative des
Bundesrats und zahlreicher Bundestagsabgeordneter zur Einführung der
Widerspruchsregelung durch die Neuwahl im Februar nicht mehr
weiterverfolgt werde, kritisierte er.

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