Brandenburg verlängert Seuchenmaßnahmen - Landwirte in Sorge
Nach dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Brandenburg ist die
Ungewissheit bei Landwirten groß. Die Landesregierung weitet
unterdessen die Schutzmaßnahmen aus.
Potsdam (dpa) - Nach dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in
Brandenburg hat die Landesregierung das bestehende Verbot von
Tiertransporten um 48 Stunden verlängert. «Zur Verhinderung einer
weiteren Ausbreitung der MKS ist es erforderlich, das Verbringen von
empfänglichen Tieren und von diesen stammenden Produkten zeitweise zu
verbieten», teilte das Ministerium mit.
«Die entsprechende Eilverordnung vom Freitag, die heute Nacht um 0
Uhr ausläuft, wird um 48 Stunden - bis 15. Januar - verlängert.»
Diese Zeit sei erforderlich, damit alle erforderlichen
Untersuchungsergebnisse vorlägen, um die Seuchenlage bewerten zu
können. «Bis zum jetzigen Zeitpunkt sind keine neuen Fälle zu
verzeichnen», hieß es weiter.
Özdemir: Lage weiter höchst unklar
Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) bezeichnete diesen Schritt
als richtige Maßnahme. «Je entschlossener wir jetzt am Anfang dieser
Seuche vorgehen, umso schneller können wir hoffentlich wieder zur
Normalität zurückkehren», sagte der Minister nach einem Treffen mit
Landwirten in Stuttgart.
Die epidemiologische Lage sei weiter höchst unklar, betonte Özdemir.
«Wir haben noch keine Gewissheit, ob es sich bei dem Betrieb in
Brandenburg, der Wasserbüffel hatte, um einen einzelnen Betrieb
handelt, oder ob es auch andere Betriebe gibt, die davon betroffen
sind.»
Schaden für Brandenburg sofort spürbar
Die Situation versetzt Landwirtinnen und Landwirte bundesweit in
Sorge. «Es muss alles darangesetzt werden, um diesen Ausbruch
einzudämmen», teilte der Präsident des Deutschen Bauernverbands,
Joachim Rukwied, mit. «Obwohl das Virus für den Menschen völlig
ungefährlich ist, ist der wirtschaftliche Schaden für die Tierhalter
erheblich.» Bund und Länder müssten nun eng zusammenarbeiten.
Landesbauernpräsident Henrik Wendorff bezeichnete die Lage für die
Landwirte als «Supergau». Die wirtschaftlichen Auswirkungen für
Brandenburger Betriebe seien sofort spürbar gewesen.
Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist eine hochansteckende
Viruserkrankung bei Klauentieren wie Rindern, Schafen, Ziegen oder
Schweinen. Betroffene Tiere zeigen häufig hohes Fieber und
Bläschenbildung im Maul- und Klauenbereich.
Zur Eindämmung der Tierseuche hatte das Brandenburger
Landwirtschaftsministerium ein Verbot angeordnet, Klauentiere zu
transportieren, zunächst für 72 Stunden bis Montagnacht. Nun gilt es
für zwei weitere Tage bis Mittwochnacht.
Ställe seien deshalb überbelegt, sagte Wendorff. «Man muss sich
vorstellen, das sind alles Zeitläufe und Abläufe, die getaktet sind.»
Unter den Tierhaltern gebe es eine große Solidargemeinschaft, wie die
Tierseuchenkasse, die Teile des Schadens auffange. Die Höhe der
Schäden sei aber noch nicht zu beziffern.
Handel innerhalb der EU noch möglich
Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) hat nach Angaben seines
Ministeriums bereits den Kontakt zu seinen Amtskollegen aus den
Ländern aufgenommen, um sie über die Lage zu informieren. Mit
Vertretern der Branche traf sich Özdemir am Nachmittag in
Baden-Württemberg.
Die konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen für die Betriebe seien
noch unklar, sagte ein Ministeriumssprecher. Der Handel mit
Agarprodukten, die nicht aus den Sperrzonen stammen, sei innerhalb
der EU weiterhin möglich. Bei Drittstaaten, mit denen der Handel über
Zertifikate stattfinde, gebe es noch keinen genauen Überblick. Unter
anderem Südkorea und Mexiko hätten aber bereits angekündigt, vorerst
kein Schweinefleisch mehr aus Deutschland zu importieren.
Weitere Tiere werden getötet
Unterdessen sollten weitere Tiere aufgrund des Ausbruchs der
Tierseuche in Brandenburg getötet werden. Auf einem Betrieb in
Schöneiche (Landkreis Oder-Spree) betreffe das 55 Ziegen und Schafe
sowie 3 Rinder, die vorsorglich gekeult würden, sagte eine Sprecherin
des Landkreises.
Hintergrund sei, dass der Hof Heu vom betroffenen Büffel-Betrieb in
Hönow bezogen hatte. Dort - ganz in der Nähe von Berlin - war das
MKS-Virus in Proben von Wasserbüffeln nachgewiesen worden. Bei dem
Hof in Schöneiche handele es sich um einen Kontaktbestand, sagte
Brandenburgs Agrarministerin Hanka Mittelstädt (SPD) im
RBB-Inforadio.
Landkreis: Ziegen zeigen keine Krankheitssymptome
In Schöneiche, wo Ziegen und andere Tiere vorsorglich getötet werden,
sollen Proben untersucht werden. Ein Krisenstab mit Tierärzten sei im
Einsatz, sagte die Sprecherin des Oder-Spree-Kreises.
Krankheitsanzeichen zeigten die Tiere nach bisherigen Erkenntnissen
nicht. Zuvor waren bereits rund 170 Schweine im Landkreis Barnim
getötet worden, weil dieser Tierbestand in der Nähe des Ausbruchsorts
liegt.
Die Auswirkungen waren am Montag auch in Berlin zu spüren. Wegen der
Maul- und Klauenseuche werden einige Kinderbauernhöfe vorsichtshalber
geschlossen. Am Gehege des Tierhofs Alt-Marzahn etwa wurden Schilder
angebracht, auf denen wegen der Gefahr für die Tiere darum gebeten
wurde, sie weder anzufassen noch zu füttern.
Auch der Tierhof Helle Tierarche in Marzahn-Hellersdorf schloss wegen
der Tierseuche. Der Betrieb befindet sich innerhalb der Schutzzone um
die betroffene Weide mit den Wasserbüffeln in Hönow. «Wir hoffen,
dass wir verschont bleiben», sagte Projektleiter Monty Geiseler.
Bislang gehe es allen Tieren gut. Am Freitag war ein Schaf der
Tierarche gestorben, wurde anschließend aber negativ auf MKS
getestet.
Die Veranstalter der am Freitag in Berlin beginnenden Agrarmesse
Grüne Woche kündigten bereits vor einigen Tagen an, auf die
Ausstellung von Rindern, Ziegen und Schafen in diesem Jahr zu
verzichten.
Döberitzer Heide sperrt Eingänge zum Schutz der Wildtiere
Westlich von Berlin im Naturschutzgebiet Döberitzer Heide wurden
zudem sämtliche Eingänge bis auf Weiteres gesperrt. «Wir appellieren
in aller Dringlichkeit an die Bevölkerung, die Döberitzer Heide
vorerst nicht mehr zu betreten oder zu befahren und auch die
angrenzenden Parkplätze zu meiden», teilte der Leiter der Sielmanns
Naturlandschaft Döberitzer Heide, Peter Nitschke, mit. «Die
Maul-und-Klauenseuche ist eine sehr ernste Gefahr für unsere Wisente,
Rothirsche und genauso für die vielen Weidetiere unserer Pächter wie
etwa Galloway-Rinder, Wasserbüffel, Schafe und Ziegen.»
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