Rückzahlung von Corona-Soforthilfen - Unmut bei Friseuren Von Christian Schultz, dpa

Mit Soforthilfen wurden Kleinunternehmer oder Selbstständige in der
Pandemie unterstützt. Teils fordert der Staat nun Geld zurück - das
treibt Friseure und den Bund der Selbstständigen um.

Prüm/Mainz (dpa/lrs) - Wenn Jahre später bezahlt werden muss:
Rückforderungen von Corona-Soforthilfen sorgen im Friseurhandwerk in
Rheinland-Pfalz für viel Unmut. Solche von der Förderbank ISB
verschickte Forderungen stießen in der Branche auf großes
Unverständnis, berichtet der Hauptgeschäftsführer des Landesverbandes

Friseure und Kosmetik Rheinland, Dirk Kleis, in Prüm. Eine gewisse
Kulanz würde sich der Bund der Selbstständigen im Land wünschen. Die

oppositionelle CDU-Fraktion hat das Thema ebenfalls für sich entdeckt
und verweist auf in Bayern. 

Rückblick: Im Corona-Frühjahr 2020 konnten im Rahmen der
Corona-Soforthilfe Solo-Selbstständige, Freiberufler und Unternehmen
mit bis zu fünf Vollzeitstellen über ein Bundesprogramm bis zu 9000
Euro erhalten, um ihren akuten Liquiditätsbedarf für drei Monate
abzudecken. Bestimmte Unternehmen konnten bis zu 15.000 Euro
bekommen. Wie das Wirtschaftsministerium in Mainz auf Anfrage
erklärte, wurde seinerzeit Geld aufgrund von Prognosen der
Antragsteller hinsichtlich des erwarteten Liquiditätsengpasses
ausgezahlt. 

Erst war keine Prüfung vorgesehen

Zunächst sei ein verpflichtendes Rückmeldeverfahren zum tatsächlich
eingetretenen Liquiditätsengpasses vom Bund nicht vorgesehen gewesen,
erklärt das Ministerium in Mainz. Dann hätten stichprobenartige
Prüfungen gezeigt, dass bei mindestens 30 Prozent der aus
Bundesmitteln gewährten Soforthilfen die erwarteten die eingetretenen
Liquiditätsengpässe überschritten hätten. Letztlich wurde nach den

Maßgaben zu viel Unterstützung gewährt.

Demnach seien bundesweit bis zu 3,9 Milliarden Euro an Soforthilfen
ausgezahlt worden, obwohl bei den Beziehern kein oder nur ein
geringer Liquiditätsengpass vorgelegen habe, schildert das
rheinland-pfälzische Ministerium. Daher müsse nun - auf Drängen des
Bundesrechnungshofs und der Bundesregierung - bei allen
Antragstellenden der Liquiditätsengpass im Nachhinein noch einmal
überprüft werden. 

In Rheinland-Pfalz wird demnach seit der zweiten Jahreshälfte 2023
sukzessive bei allen Beziehern von Corona-Soforthilfe der
Liquiditätsengpass in Form einer Selbstauskunft überprüft.
Gegebenenfalls muss zu viel erhaltene Soforthilfe zurückgezahlt
werden. 

Bund der Selbstständigen: Pandemie war nicht absehbar

Das ist auch beim Bund der Selbstständigen Rheinland-Pfalz und
Saarland ein Thema, wie Präsidentin Liliana Gatterer sagt. Einige
Mitglieder hätten sich damals ganz gegen einen Antrag auf Hilfe
entschieden, weil sie schon befürchtet hätten, später Geld
zurückzahlen zu müssen. Einige hätten sich auf anderen Wegen Geld
besorgt, über Kredite oder indem sie eigentlich für die Rente
gedachte Fonds aufgelöst hätten. 

Wenn nun über Rückforderungen gesprochen werde, dürfe nicht vergessen

werden, dass die Pandemie nicht vorherzusehen gewesen sei,
Selbstständige und Unternehmer unverschuldet in Turbulenzen geraten
seien. Mittlerweile sage auch der Staat selbst, dass so manche
Maßnahme im Kampf gegen das Virus zu hart gewesen sei, sagt Gatterer.
Sie wünsche sich eine gewisse Kulanz bei kleineren Empfängern, auch
als Zeichen des guten Willens. 

Großes Unverständnis bei Friseuren

Kleis vom Landesverband Friseure und Kosmetik Rheinland sagt, die
damaligen Hilfen hätten die besondere Situation im Friseurhandwerk
nicht berücksichtigt. Den Salons sei nicht nur in den Lockdown-Phasen
die betriebliche Tätigkeit untersagt worden, in den Phasen dazwischen
seien ihn außerdem unter anderem sehr hohe Hygieneanforderungen
zugemutet worden. 

«Die jetzt durch die ISB verschickten Rückzahlungsforderungen stoßen

in der Branche auf ein großes Unverständnis und entsprechen auch
nicht vielen politischen Aussagen der Vergangenheit», kritisiert
Kleis. Die wirtschaftliche Situation sei in vielen Salons sehr
angespannt - aufgrund der Folgen der Corona-Pandemie, während der
häufig Rücklagen aufgebraucht worden seien und wegen erheblich
gestiegener Kosten für Energie und Personal. «Es herrscht eine
schlechte Stimmung im Friseurhandwerk.» 

Auch der rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Gordon Schnieder
befürchtet, dass Rückforderungen so manchen Empfänger empfindlich
treffen können und ist für eine gewisse Zurückhaltung bei Forderungen

gegenüber bestimmten Personengruppen. Soloselbstständige,
Kleinunternehmer, Friseure oder Kosmetiker könnten sonst vor
existenzielle Probleme gestellt werden, für so manchen gehe es ans
Eingemachte. 

«Unter den Soloselbstständigen sind vor allem auch viele Frauen»,
sagt Schnieder. Es müsse noch mal nachgedacht werden, wie mit
möglichen Rückforderungen umgegangen werde. Bayern etwa habe unter
bestimmten Umständen Rückzahlungen bei einer Existenzbedrohung
ausgeschlossen. «Es gibt also Wege, die auch Rheinland-Pfalz
einschlagen könnte.»

Ratenzahlungen in Rheinland-Pfalz möglich

Konkret sah es in Bayern mit Blick auf kleine Gewerbetreibende wie
Friseure oder Soloselbstständige so aus, dass im Fall einer
Existenzbedrohung der Erlass einer Rückzahlung möglich war - nach
einem entsprechenden Antrag. Nichts zurückzahlen musste dann, wer als
Alleinstehender bis zu 25.000 oder ansonsten 30.000 Euro nach Steuern
verdient. Das Wirtschaftsministerium in München teilt auf Anfrage
mit, das Rückmeldeverfahren zur Corona-Soforthilfe im Freistaat sei
seit dem Herbst vergangenen Jahres abgeschlossen. 

Vom Wirtschaftsministerium in Mainz heißt es, bei
Rückforderungsbescheiden werde sich die ISB kulant zeigen und auf
Antrag Ratenzahlungen ermöglichen. Auch gebe es eine Bagatellgrenze
von 250 Euro. Sofern eine Rückzahlung von Soforthilfe einen Betrieb
in seiner Existenz gefährde, solle Kontakt zur ISB aufgenommen
werden. Auf eine Rückzahlung verzichtet werden könne allerdings nur
in ganz wenigen Ausnahmefällen. Laut ISB wurden mit Stand 14. Januar
von rund 4.000 Empfängern etwa 33 Millionen Euro zurückgefordert.

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