Wegen Tierseuche: Handelsbeschränkungen treffen Landwirte Von Elmar Stephan, dpa
Bislang ist die Maul- und Klauenseuche nur in Brandenburg
aufgetreten. Die wirtschaftlichen Folgen aber treffen Landwirte in
allen Bundesländern. Die Hoffnung ist, dass es bei Einzelfällen
bleibt.
Hannover (dpa/lni) - Nach dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche
(MKS) in Brandenburg wird die Entwicklung des Seuchengeschehens auch
unter niedersächsischen Landwirten aufmerksam verfolgt. Denn auch
wenn es in Niedersachsen keine Infektion mit der für Paarhufer
gefährlichen Krankheit gibt, so sind die Auswirkungen dennoch für
Landwirte in ganz Deutschland spürbar.
Welche Auswirkungen für Schweinehalter?
Noch Anfang dieser Woche sprach die Interessengemeinschaft der
Schweinehalter Deutschlands (ISN) von überschaubaren Auswirkungen der
Tierseuche auf den deutschen Schweinemarkt. Aber diese Einschätzung
habe sich inzwischen geändert, sagt ein ISN-Sprecher. «Das Geschehen
ist hochdynamisch.»
Denn inzwischen hat auch Großbritannien ein Importverbot für
deutsches Schweinefleisch verhängt. Großbritannien ist ein wichtiger
Absatzmarkt für Schweinefleisch aus Deutschland. In der Folge gingen
laut ISN die Schlachtpreise inzwischen deutlich zurück.
Aber: 80 Prozent der deutschen Schweinefleischexporte gehen in andere
EU-Länder. Daran werde sich auch nach dem Ausbruch der Maul- und
Klauenseuche nichts ändern, erklärt der Marktexperte der
Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Albert Hortmann-Scholten. In der
EU gelte das sogenannte Regionalisierungsabkommen, weswegen nach
einzelnen Regionen in den Herkunftsländern differenziert wird. In der
Folge bedeute das, dass andere EU-Länder unter Verweis auf den
MKS-Ausbruch in Brandenburg die Einfuhr von deutschem Fleisch nicht
per se verbieten dürfen.
Wie sind die Auswirkungen für Rinderhalter?
Auf den Rindfleischmarkt habe der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche
bislang kaum Auswirkungen gehabt, sagt Hortmann-Scholten. Er sei
nicht so exportabhängig wie der Schweinefleischmarkt. Es gelte aber
für Kälber derzeit ein Importverbot für die Niederlande. Hintergrund
sei, dass die Niederlande sehr stark in der Kälbermast seien und
viele Tiere aus den ostdeutschen Ländern eingeführt haben.
Es sei eine richtige Vorsichtsmaßnahme gewesen, dass die Niederlande
zunächst ein Einfuhrverbot für Klauentiere ausgesprochen haben, sagt
Hortmann-Scholten. «Ich glaube aber nicht, dass das lange Bestand
hat.» Voraussetzung sei allerdings, dass sich das Virus in
Deutschland nicht weiter verbreite.
Sind auch Molkereiprodukte betroffen?
Auch der Markt für Molkereiprodukte hat inzwischen die Auswirkungen
des MKS-Ausbruchs zu spüren bekommen. «Die deutsche Milchindustrie
ist derzeit stark verunsichert», erklärt Hortmann-Scholten. Länder
außerhalb der EU haben ein Einfuhrverbot für Milchprodukte verhängt.
Da müsse die Bundesregierung Verhandlungen aufnehmen.
Während es bei Produkten aus pasteurisierter Milch keine Gefahr gebe,
dass das Virus verbreitet werde, sehe das bei Frischmilchprodukten
anders aus, erklärte der Landwirtschaftskammer-Experte. Hier mache
sich bemerkbar, dass Deutschland nach den USA der zweitgrößte
Käseproduzent der Welt sei und etwa 50 Prozent der verarbeiteten
Milchprodukte in aller Welt exportiere.
Allerdings seien die Marktauswirkungen derzeit kaum abzuschätzen.
Noch zum Jahresbeginn hätten sich die Milchpreise nach oben
entwickelt, mit Rekordpreisen für Butter und Sahne. Seit dem Ausbruch
der Maul- und Klauenseuche sei die Verunsicherung bei den Molkereien
groß. Jedes Unternehmen verhandele für sich mit seinen Abnehmern.
Auch hier dürften die langfristigen Folgen sehr davon abhängen, ob es
bei einem einmaligen Ausbruch der Maul- und Klauenseuche bleibe.
Warum nicht einfach impfen?
Das Friedrich-Loeffler-Institut hat den genauen Virus-Serotyp
ermittelt: Es handelt sich um den Serotyp O, verwandte Viren kommen
im Nahen Osten, in der Türkei und Asien vor. Für diesen Virentyp sind
geeignete Impfstoffe zwar vorhanden. Dennoch müsse eine Impfung der
Tierbestände sehr genau abgewogen werden, sagte Hortmann-Scholten:
«Wenn wir eine Impfung haben, wird der Export in Drittstaaten noch
kritischer.»
Wenn es bei dem einmaligen Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in
Brandenburg bleibe, gebe es eine dreimonatige Sperre, danach gelte
Deutschland wieder als MKS-frei. «Wenn wir impfen würden, dann würden
wir diesen Freiheitsstatus frühestens nach sechs Monaten bekommen.»
Handelspolitisch wäre das der «Super-GAU» für die deutschen
Tierhalter.
Wie ist die Stimmung unter den niedersächsischen Landwirten?
Auch wenn es bislang nur einen bestätigten Fall in Brandenburg bei
einer Wasserbüffelherde gibt, sei auch auf niedersächsischen Höfen
die Anspannung groß, sagt Jörn Ehlers, Vizepräsident des Landvolks
Niedersachsen. Die Betriebe sollten ihre Sicherheitsmaßnahmen noch
intensivieren, fordert er; alles, was ein Risiko darstelle, solle
erst einmal ausgeschlossen werden.
Dazu zählen zum Beispiel auch Jagdreisen in die vom MKS-Ausbruch
betroffene Region. «Das stellt ein gewisses Risiko dar, weil diese
Krankheit auch bei Wildtieren auftreten kann», sagte Ehlers.
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