Prozess um Maskenbetrug: Großteil der Anklage fallengelassen
Am Landgericht Nürnberg-Fürth geht ein Prozess gegen zwei Männer zu
Ende, die teils minderwertige Corona-Schutzmasken aus China verkauft
haben. Wollten sie betrügen oder waren sie nur naiv?
Nürnberg (dpa/lby) - Im Prozess um mögliche Betrügereien bei der
Beschaffung von Corona-Schutzmasken aus China am Landgericht
Nürnberg-Fürth hat die Staatsanwaltschaft einen Großteil ihrer
Anklage gegen die beiden Angeklagten fallengelassen. Der Vorwurf, die
beiden Männer aus dem Raum Neumarkt in der Oberpfalz hätten in großem
Stil in betrügerischer Absicht Corona-Schutzmasken an das Bayerische
Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit verkauft, habe in
der Hauptverhandlung nicht aufrechterhalten werden können, sagte der
Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer. Ursprünglich war
von einem Schaden in Höhe von mehr als zwei Millionen Euro
ausgegangen worden.
Fragwürdige Qualität
Im späteren Verlauf der Pandemie sei allerdings die fragwürdige
Qualität der Masken nachweislich bekannt gewesen. Dennoch hätten die
beiden Männer mit erheblicher krimineller Energie und
Skrupellosigkeit die Masken etwa an Apotheken weiterverkauft. Der
hierbei entstandene Schaden sei mit gut 17.000 Euro jedoch im
Vergleich zu dem Umfang der Geschäfte mit dem Landesamt gering
gewesen. Bewährungsstrafen von einem Jahr und sieben Monaten sowie
einem Jahr und sechs Monaten seien angemessen, hieß es in dem
Plädoyer.
Der Verteidiger eines der Angeklagten forderte am Vormittag
Freispruch in allen Punkten für seinen Mandanten. Die Geschäftsleute
hätten keine Betrugsabsicht gehabt. Als Händler mit Autoteilen, die
in der Corona-Pandemie erst in den Import von Medizinprodukten
eingestiegen seien, hätten sie keinerlei Erfahrung mit dem komplexen
Geflecht von Qualitätsstandards gehabt.
Die Verteidigung des zweiten Angeklagten - ein Kommunalpolitiker der
Freien Wähler - forderte eine Verurteilung ihres Mandanten zu einer
geringen Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro. Der 34-Jährige hatte sich
im Zuge der Maskengeschäfte einer Urkundenfälschung schuldig gemacht,
als er Stempel und Unterschrift eines EU-Bevollmächtigten kopiert
hatte.
Beide Angeklagten hatten fast drei Monate in Untersuchungshaft
gesessen und im Zuge des sich über mehr als drei Jahre hinziehenden
Verfahrens erhebliche private und berufliche Probleme erfahren. Die
Autoteile-Firma des Duos musste aufgelöst werden, privates Vermögen
wurde eingefroren. Einer der Angeklagten erlebte die Geburt seines
ersten Kindes als Gefangener in Untersuchungshaft. Die Verteidigung
sprach von fehlender Verhältnismäßigkeit.
Bereits im Vorfeld der Verhandlung hatte es erhebliche juristische
Zweifel an der Anklage gegeben. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte
die Eröffnung eines Hauptverfahrens zunächst abgelehnt. Erst nach dem
Widerspruch der Staatsanwaltschaft und einer Entscheidung des
Oberlandesgerichts Nürnberg kam es überhaupt zu der mündlichen
Verhandlung.
Aiwanger als Zeuge
In dem Prozess hatte auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie
Wähler) als Zeuge ausgesagt. Der seiner Partei angehörende Angeklagte
hatte sich bei der Anbahnung der Geschäfte mit einem Hilfegesuch an
den Landespolitiker gewandt. Im Verlauf der Zeugenaussagen Aiwangers
und mehrerer Beamten des Landesamtes für Gesundheit und
Lebensmittelsicherheit war auch die chaotische Situation hinsichtlich
der Maskenbeschaffung während der Pandemie zur Sprache gekommen. Von
«vogelwilden Zeiten» und «Wildwest» war die Rede.
Das Urteil der 16. Strafkammer des Landgerichts wird noch am Freitag
erwartet.
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