Weitgehender Freispruch für Angeklagte in Masken-Prozess

Es war eines der spektakulären Verfahren in der Aufarbeitung von
Vorwürfen aus der Corona-Zeit. Das Urteil ist am Ende fast
vernachlässigbar - die beiden Angeklagten sind dennoch bestraft.

Nürnberg (dpa/lby) - Jahrelang wurde ermittelt, monatelang im
Gerichtssaal verhandelt - am Ende stehen fast vollständige
Freisprüche. Lediglich eine Geldstrafe in Höhe von 2.500 Euro für das

Nebendelikt Urkundenfälschung verhängte die 16. Strafkammer des
Landgerichts Nürnberg-Fürth gegen einen der beiden Angeklagten. Ein
Betrugsvorsatz beim Handel mit aus China eingeführten
Corona-Schutzmasken sei nicht nachweisbar gewesen, urteilte das
Gericht. 

Millionenbetrug vorgeworfen

Die Staatsanwaltschaft hatte den beiden Angeklagten aus dem Raum
Neumarkt in der Oberpfalz zunächst Betrug im Millionen-Volumen
vorgeworfen - den Tatvorwurf aber bereits im Plädoyer bis auf einen
kleinen Rest im Wert von knapp 18.000 Euro aus Mangel an Beweisen
fallengelassen. 

Auch bei dem verbliebenen Vorwurf, für den die Staatsanwaltschaft
Bewährungsstrafen gefordert hatte, sah die 16. Strafkammer unter
Vorsitz von Richterin Barbara Reim jedoch kein schuldhaftes
Verhalten. Lediglich einer der beiden Angeklagten - ein
Kommunalpolitiker der Freien Wähler - wurde zu einer Geldstrafe in
Höhe von 2.500 Euro verurteilt. Er hatte sich der Urkundenfälschung
schuldig gemacht, weil er einen Stempel und die Unterschrift eines
EU-Bevollmächtigten kopiert hatte. Zahlen wird er das Geld nicht
müssen: Er hatte mehr als 80 Tage in Untersuchungshaft verbracht, die
Strafe ist somit bereits gesühnt. Für den Rest der Vorwürfe wurde
auch er freigesprochen.

Unklare Anforderungen

Die beiden Angeklagten hatten zur Zeit der Corona-Pandemie im großen
Stil Masken aus China nach Deutschland eingeführt und einen Großteil
davon im Wert von mehreren Millionen Euro an das Bayerische Landesamt
für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) verkauft. Ob die
Masken den Vorgaben hinsichtlich ihrer Qualität entsprachen, war
jedoch nicht klar.

Der Prozess offenbarte, dass in dieser Frage auch beim Landesamt kein
gesichertes Wissen herrschte. Es habe eine «Wildwest»-Mentalität
geherrscht, gekauft worden sei, was der Markt hergegeben habe, die
Zeiten seien «vogelwild» gewesen, berichteten Zeugen aus dem LGL. Die
Staatsanwaltschaft sah im Vorgehen des Landesamtes ein «klares
Organisationsverschulden». Die nötigen Strukturen, etwa zur Prüfung
der Ware, seien überhaupt nicht geschaffen gewesen. 

Aiwanger im Zeugenstand

Während des Prozesses hatte im Zeugenstand im September vergangenen
Jahres auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler)
aussagen müssen. Er hatte skizziert, wie verzweifelt die Lage im
Freistaat in der Hochphase der Pandemie im Jahr 2020 gewesen war.
Lastwagenladungen mit Masken wurden teils mit Polizeischutz vom
Flughafen Frankfurt nach Bayern gebracht. «Es war nicht die Frage: Wo
ist der Stempel? Es war die Frage: Wo ist die Maske?», fasste
Aiwanger die Situation zusammen. 

Die Verteidigung hatte während der fast vier Monate währenden
Hauptverhandlung harsche Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft
gerichtet, die unter anderem einseitig ermittelt und der Verteidigung
Akteneinsicht verwehrt habe. 

Fast drei Monate Untersuchungshaft, Hausdurchsuchungen, das
Einfrieren ihrer Vermögen, erhebliche berufliche Einschränkungen -
all das mussten die Angeklagten erleiden. Obwohl das Landgericht eine
Eröffnung der Hauptverhandlung abgelehnt hatte, setzte die
Anklagebehörde die Verhandlung per Einspruch beim Oberlandesgericht
durch. Einer der Angeklagten verpasste gar die Geburt seines ersten
Kindes, weil er zur fraglichen Zeit in U-Haft saß.

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