Rattenplage durch Giftverbot? Verbände warnen Von Marco Rauch, dpa

Weil ein Rattengift möglicherweise nicht mehr zugelassen wird, warnen
Verbände und Unternehmen vor Rattenplagen. Das zuständige Amt und der
Tierschutzbund sind anderer Ansicht. Was sind die Argumente?

Dortmund (dpa) - Weil die Zulassung eines Rattengifts möglicherweise
nicht verlängert werden soll, warnen mehrere Verbände und Unternehmen
vor einer Rattenplage in Deutschland. Eine Nichtverlängerung der
Zulassung der sogenannten Rodentizide für Privatpersonen durch die
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) würde die
Rattensituation in Städten und Gemeinden «dramatisch verschärfen»,

heißt es in dem Brandbrief.

Ratten würden ein «erhebliches gesundheitliches Gefährdungspotenzial

für die Bevölkerung» darstellen. Zu den Unterzeichnern des Briefs
gehören mehrere Verbände und Hersteller. Wenn Privatpersonen
sogenannte Rodentizide, die für Ratten-Fraßköder verwendet werden,
dann nicht mehr einsetzen dürften, könnten Schädlingsbekämpfer
aufgrund von Personalmangel nicht genügend gegen die Ausbreitung von
Ratten tun, wie aus dem von einem Hersteller veröffentlichten
Brandbrief hervorgeht.

Was sagt die zuständige Bundesanstalt?

Die für die Zulassung zuständige Bundesanstalt für Arbeitsschutz und

Arbeitsmedizin mit Sitz in Dortmund sieht das Rattengift kritisch.
Der Behörde zufolge kann es einen qualvollen und tagelangen Tod der
Tiere durch inneres Verbluten zur Folge haben. Zudem berge es
Gefahren für Haustiere und Umwelt.

So könnte es auch an andere Tiere als Ratten geraten, beispielsweise
auch, wenn sie die Kadaver der Ratten fressen. Gemäß dem
EU-Biozidrecht seien die Stoffe daher grundsätzlich nicht
genehmigungsfähig, hieß es zur Begründung. 

Dennoch befinden sich die Rodentizide den Angaben zufolge derzeit im
Verfahren zur Wiederzulassung und könnten daher bis zu dessen Ende am
31. Dezember 2025 weiterhin genutzt werden. Die Argumente aus dem
Brandbrief würden im Verfahren einbezogen werden. Der Ausgang sei
offen.

Schlagfallen statt Rattengift

In Fällen von vereinzelt auftretenden Nagetieren im Privatbereich
sind der Bundesanstalt zufolge Schlagfallen gegenüber Rodentiziden
vorzuziehen. Dass diese laut den Verbänden keinen ausreichenden
Erfolg hätten, sei nicht richtig. Bei größeren Fällen mit einem
etablierten Schädlingsbefall sei ein professionelles
Schädlingsbekämpfungsunternehmen - das weiterhin Rodentizide
einsetzen darf - aufgrund des benötigten Fachwissens ohnehin
unumgänglich.

Die von den Verbänden geäußerte Sorge, dass Schädlingsbekämpfer n
icht
genügend Personal hätten, um die privaten Einsätze zu ersetzten,
greift laut BAuA zudem zu kurz. Es gehe nicht darum, jede private
Anwendung zu ersetzen, sondern den Einsatz auf zwingend notwendige
Fälle zu beschränken, um Infektionsschutz sicherzustellen. Außerdem
könnten nicht nur ausgebildete Schädlingsbekämpfer sachkundig mit
Rodentiziden umgehen, sondern häufig auch Beschäftigte aus
Gebäudemanagement oder Kanalbetrieben.

Tierschutzbund für Prävention statt Bekämpfung

Der Deutsche Tierschutzbund würde eine Nichtverlängerung der
Zulassung für Privatpersonen begrüßen, unter anderem wegen der
Schäden für Tiere und Umwelt. Die Rodentizide seien für alle Tiere
giftig - auch für Hund, Katze, aber auch den Menschen, sagte eine
Sprecherin.

Statt auf der Bekämpfung der Tiere solle der Fokus auf der Prävention
liegen. Man könne Schädlinge durch bauliche Maßnahmen,
Hygienevorkehrungen sowie durch bessere Lagerbedingungen fernhalten.
Zudem könne auch das Fördern von natürlichen Feinden der Tiere zu
einer Bestandsregulierung beitragen. Präventionsmaßnahmen wie diese
haben laut BAuA «erwiesenermaßen einen sehr großen Einfluss auf die
Größe lokaler Rattenpopulationen». 

Die Tierschutzbund-Sprecherin betonte: «Aus Sicht des Tierschutzes
darf die Tötung eines Wirbeltieres ohnehin niemals in Erwägung
gezogen werden, wenn es andere Maßnahmen gibt.» Daher liege hier ein
Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vor. Die Vorwürfe aus dem
Brandbrief der Hersteller und Verkäufer würden die negativen
Auswirkungen des unkontrollierten Einsatzes verharmlosen. Es sei zu
vermuten, dass es um finanzielle Interessen gehe.

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