Erleichterungen für Hausärzte - Was bringt das? Von Sascha Meyer und Axel Hofmann, dpa

Für Patienten sind Hausärzte wichtige Anlaufstellen und Lotsen im
System. Kurz vor der Wahl werden für sie noch Erleichterungen und
mehr Geld besiegelt. Das soll nicht nur das Praxisnetz erhalten.

Berlin (dpa) - Bessere Bedingungen für Hausarztpraxen sollen die
Vor-Ort-Versorgung für Millionen Menschen in Deutschland stärker
absichern. Darauf zielt ein Gesetz von Gesundheitsminister Karl
Lauterbach (SPD), das der Bundestag beschlossen hat. Es regelt
finanzielle Anreize und Vereinfachungen und soll so auch mehr Zeit
für Patienten schaffen. «Einen Termin beim Hausarzt zu bekommen, wird
endlich wieder deutlich einfacher - insbesondere für gesetzlich
Versicherte», versprach Lauterbach. Patientenvertreter und die
Krankenkassen zeigten sich skeptisch, dass große Verbesserungen
kommen.

Kurz vor der Bundestagswahl hatten sich SPD und Grüne mit ihrem
ehemaligen Ampel-Partner FDP noch auf wichtige Punkte eines Gesetzes
verständigt, das nach dem Koalitionsbruch zu versanden drohte. Großes
Ziel ist, angesichts von bundesweit 5.000 unbesetzten Hausarztsitzen
den Beruf attraktiver zu machen - vor allem auf dem Land oder in
ärmeren Vierteln von Großstädten. 

Vergütung

Für Hausärzte fallen - wie schon bei Kinderärzten - sonst übliche
Obergrenzen bei der Vergütung weg. Das bedeutet, dass sie Mehrarbeit
sicher honoriert bekommen, auch wenn das Budget ausgeschöpft ist.
«Jede Leistung wird bezahlt», lautet das Motto. So soll es für
Hausärzte auch attraktiver werden, wieder mehr Patienten anzunehmen.
Zu Buche schlagen dürfte die Umstellung mit einem «unteren
dreistelligen Millionenbetrag» an Mehrkosten bei den gesetzlichen
Krankenkassen, wie das Ministerium schätzt.

Neue Pauschalen

Praxen sollen künftig eine «Versorgungspauschale» für Patienten mit

leichten chronischen Erkrankungen und wenig Betreuungsbedarf
erhalten. Das soll Einbestellungen in jedem Quartal nur aus
Abrechnungsgründen vermeiden und größere Freiräume schaffen.
Hausärzte können stattdessen eine bis zu ein Jahr umfassende
Pauschale abrechnen. Eine extra «Vorhaltepauschale» können Praxen
bekommen, die bestimmte Kriterien erfüllen - zu Haus- und
Pflegeheimbesuchen oder «bedarfsgerechten» Sprechzeiten etwa abends.

Bessere «Lotsenfunktion» erwartet

Die Offensive für bessere Bedingungen soll auch helfen, das Netz bei
nahenden Ruhestandswellen zu erhalten. Hausärzte könnten ihre
Lotsenfunktion besser und mit weniger Bürokratie wahrnehmen, sagte
Lauterbach. «Das senkt die Kosten, überflüssige Facharzttermine
fallen weg.» Zwar zeigte sich zuletzt kein Rückgang mehr. Ende 2023
gab es laut Bundesarztregister 51.389 Hausärzte und damit 75 mehr als
Ende 2022. Zehn Jahre zuvor waren es aber 52.262. Bei Hausärzten ist
der Anteil der Über-60-Jährigen mit 37 Prozent besonders hoch.

Praktische Wirkung umstritten 

Die gesetzlichen Krankenkassen bezweifeln große Effekte. «Ob sich
auch für die Patientinnen und Patienten etwas verbessert, steht in
den Sternen», sagte die stellvertretende Chefin des Spitzenverbands,
Stefanie Stoff-Ahnis. Das Gesetz sei so aufgebaut, dass Hausärzte
garantiert 400 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich bekämen, selbst
wenn es keinen einzigen zusätzlichen Termin gebe. Der Hausärztinnen-
und Hausärzteverband begrüßte dagegen, dass mit dem Wegfall der
Vergütungslimits Praxisschließungen in den kommenden Jahren
verhindert würden. Etwa in Hamburg, Berlin, Schleswig-Holstein,
Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg würden viele Praxen erleichtert
aufatmen.

Patientenschützer mit Zweifeln

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch,
monierte, es bleibe das Geheimnis von Lauterbach, wie der Wegfall der
Honorar-Limits zu mehr Terminen führen solle. Zum Steuern brauche es
Zulassungsbegrenzungen in lukrativen Ballungszentren und Anreize für
Praxen in strukturarmen Regionen. Zweifelhaft sei auch, dass
chronisch Kranke wegen der neuen Jahrespauschale seltener Praxen
aufsuchen. Diese Patienten hätten verschiedenste Symptome. «Mehrmals
im Jahr ärztlichen Rat einzuholen, liegt somit auf der Hand.»

«Pille danach»

Ins Gesetz aufgenommen wurden auch einige andere Regelungen. Schon
jetzt haben Frauen einen Anspruch auf eine Notfall-Verhütung mit
einer «Pille danach» auf Kassenkosten, wenn es Hinweise auf sexuellen
Missbrauch oder eine Vergewaltigung gibt - allerdings bisher mit
einer Altersbeschränkung bis zum 22. Geburtstag. Diese Altersgrenze
ist jetzt abgeschafft.

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