Warum riechen alle Blumenläden gleich und sind Rosen super? Von Annett Stein, dpa
Millionen Rosen werden zu Valentin eingeflogen - wie derzeit auch
fast alle anderen Schnittblumen. Entsprechend groß ist der
CO2-Ausstoß beim Transport. Gäbe es Grünzeug mit besserer Bilanz?
Berlin (dpa) - Zum Tag der Liebe werden gern Rosen überreicht. Doch
die können nicht nur wahre Pestizidbomben sein, die Floristinnen und
Floristen nur mit Handschuhen anfassen sollten. Auch die Klima-Bilanz
fällt alles andere als rosig aus. Dann vielleicht diesmal ein Kaktus
für die Liebste? Es gibt jedenfalls blühende Alternativen.
Warum riechen Blumenläden alle gleich?
Etwa 6.000 Blumenfachgeschäfte gibt es nach Angaben des Fachverbands
Deutscher Floristen (FDF) bundesweit - und, so ist zumindest die
Empfindung vieler Menschen: In allen riecht es gleich. Das liege
nicht an speziellen Sprays oder Duftstoffen, heißt es vom
Bundesverband. «Es sind die natürlichen Blüten, die hier ihren Duft
verströmen.»
Zu den stark riechenden Blumen zählen etwa Hyazinthen und Lavendel.
Viele Rosensorten hingegen sind zwar robust und pflegeleicht, ihre
Blüten duften aber kaum noch. Einfluss auf den Duftmix im Blumenladen
dürften Experten zufolge zudem unter anderem die Feuchtigkeit aus den
Vasen sowie der Geruch von Zusätzen, die Blumen länger frisch halten,
haben.
Wo wachsen die Rosen, die hier nun verwelken?
Wie auch andere Schnittblumen kommen Rosen im Winter nahezu komplett
aus dem globalen Süden - hauptsächlich aus Kenia, wo es riesige
Plantagen gibt, wie Corinna Hölzel vom Bund für Umwelt und
Naturschutz Deutschland (BUND) erklärt. Tulpen und andere Frühblüher
stammten häufig aus Gewächshäusern in Europa, hier seien die
Niederlande der Haupterzeuger.
Rosen sind dem Floristen-Verband FDF zufolge die mit Abstand am
meisten verkauften Schnittblumen und auch die am stärksten
nachgefragten zum Valentinstag. Allein an Rosen werden jährlich
deutlich über eine Milliarde importiert, davon rund 200 Millionen aus
Kenia und - in den Sommermonaten - etwa 900 Millionen aus den
Niederlanden, wie Hölzel sagt.
Nix angeknabbert, kein braunes Fleckchen: Warum sind diese Rosen so
makellos?
Rosen werden dem BUND zufolge intensiv gedüngt und gegen Insekten
sowie Pilzerkrankungen mit Insektiziden und Fungiziden behandelt.
Gerade Blumen aus dem globalen Süden seien sehr häufig massiv mit
Pestizid-Cocktails belastet - und sehr oft auch mit Pestiziden, die
aufgrund ihrer Gesundheitsgefahren oder Umweltrisiken in der EU
längst verboten sind.
«Viele der Pestizide sind gefährlich für Nützlinge, verunreinigen
Wasser, Böden und Luft», sagt Pestizid-Expertin Hölzel. «Zudem
stellen sie ein riesiges Gesundheitsproblem für die Arbeiterinnen und
Arbeiter auf den Plantagen dar, die oft keine Information über die
Gefahren und kaum Zugang zu Schutzkleidung haben.»
Als Rückstände auf und in den Blumen kommen die Pestizide zudem auch
nach Europa.
Ist das denn erlaubt?
In der EU gibt es für das Inverkehrbringen von Schnittblumen keine
rechtlichen Regelungen bezüglich der Rückstände von
Pflanzenschutzmitteln, wie es vom Bundesinstitut für Risikobewertung
(BfR) heißt. Rückstands-Höchstmengen seien also nicht gesetzlich
festgelegt.
Für Floristinnen und Floristen bedeutet das laut BUND durchaus ein
Gesundheitsrisiko. Das BfR hält es für selbstverständlich, dass
Floristinnen und Floristen «bei Tätigkeiten mit intensivem
Pflanzenkontakt und solchen Arbeiten, die zu Hautverletzungen führen
können, geeignete Schutzhandschuhe tragen und Hygienemaßnahmen
beachten». Gerade Sträuße aus dornenbewehrten Rosen dürften also wo
hl
eigentlich immer nur mit festen, undurchlässigen Handschuhen gebunden
werden.
Wer beruflich langjährig und häufig mit Pestiziden in Kontakt
gekommen ist, hat Studien zufolge unter anderem ein höheres Risiko
für Parkinson. Die mit Bewegungsstörungen verbundene
neurodegenerative Erkrankung ist daher in Deutschland als
Berufskrankheit anerkannt - bei Floristen ebenso wie bei Landwirten,
Gärtnern und Winzern.
Wie sieht die Bilanz typischer Valentins-Blumen bei Energie und Klima
aus?
Rosen aus Afrika und Lateinamerika werden eingeflogen. Tulpen aus den
Niederlanden werden in der Regel per Lkw transportiert - was etwas
besser fürs Klima ist. Andererseits wachsen Rosen in Kenia auf dem
Feld oder in Gewächshäusern, die nicht unter hohem Energieaufwand
beheizt und beleuchtet werden müssen.
Für eine vollständige Öko-Bilanz greift es ohnehin zu kurz, nur die
Energie und den Transport zu betrachten, wie BUND-Expertin Hölzel zu
bedenken gibt. Dafür sei auch entscheidend, wie viel Wasser benötigt
wird und wo es herkommt, ob es Auswirkungen auf den
Grundwasserspiegel oder Konkurrenz um Wasser gibt. Auch die Mengen
eingesetzter Mineraldünger und Pestizide spielten eine Rolle. «Sie
werden energieintensiv aus fossilen Rohstoffen hergestellt, was sich
massiv negativ auf die Öko-Bilanz auswirkt.»
Meist werden dem BUND zufolge in Kenia mehr Pestizide eingesetzt als
in den Niederlanden, was die CO2-Bilanz schlechter macht. Zudem sei
die Verfügbarkeit von Wasser in Kenia knapper, sodass der Anbau von
Schnittblumen für den Export ein großes Problem für die regionale
Lebensmittelproduktion bedeute. Dass Importware pauschal schlechter
sei, könne man aber nicht sagen. «Bei Fair-Trade-Rosen werden zum
Beispiel weniger Pestizide eingesetzt.»
Macht es einen Unterschied, ob ich Schnittblumen im Supermarkt oder
im kleinen Blumenladen nebenan kaufe?
Die hauptsächlichen Faktoren für die Umweltbilanz sind die
Anbaubedingungen vor Ort und der Transport nach Deutschland, wie es
vom BUND heißt. «Der Verkaufsort hier fällt weniger ins Gewicht.»
Allerdings leiste man einen Beitrag zum Schutz von regionalen,
vielfältigen Strukturen in Städten und Gemeinden, wenn man die
lokalen Blumenläden unterstütze.
Oft bezögen lokale Blumenläden im Sommer auch heimische Ware von
regionalen Gärtnereien, erklärt Hölzel. «Diese Blumen haben dadurch
eine bessere Öko-Bilanz.» Große Supermärkte hingegen hätten oft f
este
Lieferbeziehungen und erhielten auch im Sommer Importware mit langen
Transportwegen.
Soll ich lieber Narzissen als Rosen verschenken?
Schnittblumen von Frühblühern wie Tulpen, Narzissen oder Ranunkel
kommen oft aus Europa und sind weniger mit Pestiziden belastet als
Rosen im Winter, wie Hölzel erklärt. Prinzipiell seien auch
Frühblüher-Topfblumen wie Primeln, Narzissen oder Hyazinthen als
Alternative durchaus zu empfehlen. Allerdings gebe es einiges zu
beachten: «Die Pflanze sollte ein Bio-Siegel oder Slow-Flower-Siegel
tragen.» Dann würden kein Mineraldünger und keine
chemisch-synthetischen Pestizide eingesetzt. Zudem sollten die
Frühblüher in torffreier Erde kultiviert worden sein und möglichst in
einem Keramiktopf oder zumindest wiederverwendetem Plastiktopf. «Und
man sollte den Platz haben, sie dann auch im Garten oder auf dem
Balkon einzupflanzen.»
Und wie sieht es bei Kaktus & Co. aus?
Nicht viel besser als bei Schnittblumen - mal davon abgesehen, dass
Grünpflanzen meist nicht nach wenigen Tagen im Müll landen, sondern
den Beschenkten längerfristig erfreuen. Denn Grünpflanzen kommen dem
BUND zufolge das ganze Jahr über hauptsächlich aus Ländern des
globalen Südens, die sich klimatisch besonders für die Pflanzenzucht
eignen, zum Beispiel aus Kenia, Tansania, Äthiopien, Ägypten,
Kolumbien und Costa Rica.
«Zimmerpflanzen und Zierpflanzen fürs Freiland werden in diesen
Ländern vermehrt und angezogen und kommen als Jungpflanzen per Schiff
nach Europa», sagt Hölzel. In Holland oder Deutschland würden sie
vereinzelt und umgetopft - und nach etwas weiterem Wachstum verkauft.
«Der EU-Pflanzenpass weist als Herkunft dann NL (Niederlande) oder D
(Deutschland) auf und nicht die tatsächlichen Ursprungsländer.»
Verbraucher hätten damit keine Chance, die tatsächliche Herkunft
dieser Pflanzen zu erkennen.
Bei der Produktion solcher Zierpflanzen würden ebenfalls massiv
Pestizide eingesetzt, auch hochgefährliche und in der EU verbotene.
Der Transport erfolge meist per Schiff.
Tests des BUND zeigten Hölzel zufolge, dass rund zwei Drittel der
Zierpflanzen Rückstände von gesundheitsgefährdenden Pestiziden
enthalten. Über die Hälfte der Proben sei mit bienengefährlichen
Pestiziden belastet gewesen.
Was bleibt dann, wenn es unbedingt eine Pflanze sein soll?
Im Februar nicht allzu viel. Zweige von heimischen Sträuchern oder
Obstbäumen zum Beispiel, die nach einigen Tagen im warmen Zimmer
pünktlich zum Valentinstag grünen und blühen. Winterjasmin ist zwar
nicht heimisch, blüht aber von selbst schon im Januar und Februar.
Auch wintergrüne Frühblüher wie Immergrünes Felsenblümchen,
Wild-Krokusse oder Schneeglöckchen sind Experten zufolge eine
Möglichkeit.
Wunderschöne Sträuße ließen sich auch aus Trockenblumen binden,
ergänzt Hölzel. So umgehe man das Jahreszeitenproblem.
Oder man verschenkt Pflanzen, die erst später im Jahr im Balkonkasten
oder im Garten zur Geltung kommen, dann aber langfristig: Wildstauden
und -gehölze, Gemüse, Obst sowie Arznei- und Gewürzpflanzen stammen
vielfach aus heimischen Gärtnereien.
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