Bundesrat segnet zahlreiche Gesetze ab Von Ulrich Steinkohl, dpa
Die Ampel-Koalition ist zwar zerbrochen. Trotzdem hat der Bundestag
zuletzt noch zahlreiche Gesetze verabschiedet. Viele sind jetzt im
Bundesrat gelandet. Der zeigte sich kooperativ.
Berlin (dpa) - Gesetzes-Kehraus im Bundesrat: Gut eine Woche vor der
Bundestagswahl hat die Länderkammer zahlreichen Vorlagen zugestimmt,
die der Bundestag noch nach dem Ampel-Crash im November verabschiedet
hatte. So steht nun zum Beispiel fest, dass der Schutz von Frauen und
Kindern verbessert wird, die Opfer von häuslicher und
geschlechtsspezifischer Gewalt sind; dass ein Mutterschutz bei
Fehlgeburten eingeführt wird; und dass die Opfer der SED-Diktatur
eine bessere Unterstützung erhalten.
Zum Auftakt verabschiedete die Länderkammer eine Entschließung, in
der sie ein sofortiges Ende des russischen Angriffs in der Ukraine
verlangte. Anlass war der Beginn des Krieges vor drei Jahren. «Wir
stehen solidarisch an der Seite des ukrainischen Volkes», versicherte
Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger und verwies unter anderem auf
die zivile und militärische Hilfe Deutschlands. «Und auch beim
Wiederaufbau werden wir die Ukraine nicht alleine lassen.»
Zustimmung zum Gewalthilfegesetz
Von Gewalt betroffene Frauen und Kinder werden künftig einen
Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung haben. Mit dem nun auch vom
Bundesrat beschlossenen Gesetz werden die Länder künftig dazu
verpflichtet, ausreichend Schutz- und Beratungsangebote zu schaffen.
Sie erhalten dafür vom Bund zwischen 2027 und 2036 insgesamt 2,6
Milliarden Euro. Der Rechtsanspruch auf kostenlosen Schutz und
Beratung soll ab 1. Januar 2032 greifen.
Die Zustimmung der Länderkammer sei «wahrlich ein historischer
Moment», sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). Die Länder
kritisierten, dass der Bund eine finanzielle Unterstützung nur bis
2036 zugesagt habe. Dies reiche nicht aus. Nach dem letzten
polizeilichen Lagebild zur geschlechtsspezifischen Gewalt wurde 2023
fast jeden Tag eine Frau von einem Mann getötet, weil sie eine Frau
ist. 400 Frauen pro Tag wurden Opfer von Partnerschaftsgewalt.
Mutterschutz bei Fehlgeburten kommt
Frauen, die ab der 13. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt
erleiden, haben künftig einen Anspruch auf Mutterschutz. Das vom
Bundesrat beschlossene Gesetz kann damit am 1. Juni dieses Jahres in
Kraft treten. Mit ihm erhalten Frauen bei einer Fehlgeburt ab dem
vierten Schwangerschaftsmonat erstmals eine gesetzlich garantierte
Regenerationszeit, um sich von der körperlichen und seelischen
Belastung durch ein solches Ereignis zu erholen.
Als Mutterschutzzeit gelten grundsätzlich die sechs Wochen vor der
Entbindung eines Kindes sowie die acht Wochen nach der Geburt, in
denen Frauen in der Regel nicht arbeiten. Bei Fehlgeburten galt diese
Schutzfrist bislang nicht.
Erleichterungen für Hausärzte
Hausarztpraxen bekommen bessere Bedingungen, die die
Vor-Ort-Versorgung für Patientinnen und Patienten stärker absichern
sollen. Der Bundesrat ließ ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz
passieren, das dafür finanzielle Anreize und Vereinfachungen
festlegt. Unter anderem fallen für Hausärztinnen und Hausärzte
Obergrenzen bei der Vergütung weg. Laut Gesundheitsminister Karl
Lauterbach (SPD) sollen die Regelungen auch dazu beitragen, dass
gesetzlich Versicherte einfacher Termine erhalten.
Großes Ziel ist, angesichts von bundesweit 5.000 unbesetzten
Hausarztsitzen den Beruf attraktiver zu machen und das Praxisnetz zu
erhalten - vor allem auf dem Land und in ärmeren Vierteln von
Großstädten.
Energie-Gesetzespaket
Bei den vom Bundesrat gebilligten Energievorhaben geht es zum einen
um eine längere staatliche Fördermöglichkeit für Anlagen zur
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) - das sind Anlagen, die gleichermaßen
Strom und Wärme erzeugen. Ein weiteres Gesetz sieht eine stärkere
Förderung von Bioenergie vor. Gebilligt wurde auch eine Reform des
Emissionshandels. Dabei geht es um die CO2-Bepreisung und notwendige
Anpassungen an EU-Recht. Beschlossen wurden auch Maßnahmen, mit denen
das Stromnetz besser für den wachsenden Anteil erneuerbarer Energien
gerüstet werden soll. Bei einem Gesetz zur Windkraft geht es um eine
bessere Steuerbarkeit beim Bau von Windrädern an Land.
Bessere Hilfe für Opfer des SED-Regimes
Opfer des SED-Regimes in der DDR werden künftig deutlich bessere
Entschädigungsleistungen erhalten. Das vom Bundesrat beschlossene
Gesetz sieht vor, dass die Rente für ehemalige DDR-Häftlinge von Juli
an um 70 Euro auf 400 Euro monatlich steigt. Außerdem wird die
Opferrente künftig automatisch mit der allgemeinen Rentenentwicklung
steigen. Die bisherige Bedürftigkeitsprüfung soll entfallen. Das
Gesetz vereinfacht auch die Anerkennung gesundheitlicher Folgeschäden
bei SED-Opfern. Zudem wird ein Härtefallfonds eingerichtet.
Vorstoß zur Verlängerung der Mietpreisbremse
Der Bundesrat unternahm einen Vorstoß zur Verlängerung der
Mietpreisbremse um vier Jahre. Dieses Instrument zur Begrenzung des
Mietanstiegs läuft nach derzeitigem Stand zum Jahresende 2025 aus.
Die Länderkammer beschloss einen eigenen Gesetzentwurf, der vorsieht,
es bis Ende 2029 weiterlaufen zu lassen. Begründet wird dies mit der
weiterhin schwierigen Lage auf dem Wohnungsmarkt und den daraus
folgenden Mieterhöhungen.
Die Mietpreisbremse gilt für Regionen mit angespannten
Wohnungsmärkten. Dort darf die Miete bei Neu- und Wiedervermietungen
die ortsübliche Vergleichsmiete um maximal zehn Prozent übersteigen.
Der Gesetzentwurf geht nun zunächst an die Bundesregierung.
Strafregelungen für sexuelle Belästigung durch obszöne Gesten
In einer Entschließung forderte der Bundesrat die Bundesregierung
auf, Betroffene von sexueller Belästigung wirksamer zu schützen. Sie
soll dazu schnellstmöglich Regelungen vorlegen, mit denen auch
Belästigungen, die nicht die Schwelle körperlicher Berührung
erreichen, bestraft werden können. Dabei geht es etwa um obszöne
Gesten und Beleidigungen. Diese Formen sexueller Belästigung würden
nicht nur als Bloßstellung oder Kränkung wahrgenommen, sondern
belasteten Betroffene nachhaltig. Ziel müsse daher ein ausreichend
bestimmter Straftatbestand sein.
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