Prozess um falsche Plagiatsvorwürfe endet Von Britta Schultejans, dpa

Er soll ein wissenschaftliches Buch gefälscht haben, um einen
Rechtsmediziner als Plagiator zu diskreditieren. Nun geht der Prozess
gegen den 70-Jährigen zu Ende.

München (dpa/lby) - Gehörte ein im Ausland aufwendig gefälschter
wissenschaftlicher Aufsatz zu einem perfiden Racheplan? Vor dem
Münchner Amtsgericht geht heute ein bemerkenswerter Prozess zu Ende.

Staatsanwaltschaft und Nebenklage fordern zwei Jahre und zehn Monate
Haft für den Mann, der versucht haben soll, den Leiter der Münchner
Rechtsmedizin mit einem aufwendig gefälschten Plagiat zu
diskreditieren. Dafür soll er Fälscher in Pakistan angeheuert haben,
die wiederum einen Beitrag in einem Band zu einem rumänischen
Kongress gefälscht haben sollen. Die danach erhobenen
Plagiatsvorwürfe sollten den Leiter des rechtsmedizinischen Instituts
der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, Matthias Graw, treffen.

Dem Angeklagten werden unter anderem Urkundenfälschung, Verleumdung
und Betrug vorgeworfen. Bei einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei
Jahren ist eine Aussetzung zur Bewährung nicht mehr möglich.

Staatsanwältin spricht von «hinterhältigen, heimtückischen
Machenschaften»

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 70-Jährige «mit
unvergleichlicher krimineller Energie» eine Intrige gegen den
Rechtsmediziner gesponnen hatte. Die Staatsanwältin sprach in ihrem
Plädoyer von «hinterhältigen, heimtückischen Machenschaften», der
en
Ziel es gewesen sei, «die Existenz des Geschädigten restlos zu
vernichten». Die Vorwürfe gegen den Angeklagten hält die
Staatsanwaltschaft durch den Prozess «in vollem Umfang für
bestätigt». Der Tatvorwurf sei «glasklar nachzuweisen». 

Vorwurf: Wissenschaftlichen Sammelband gefälscht

Laut Staatsanwaltschaft hatte der Angeklagte von Ghostwritern einen
vermeintlich wissenschaftlichen Sammelband aus den 1980er Jahren zu
einem Medizinerkongress in Rumänien verfassen lassen. Darin seien
gezielt Passagen aus der Doktorarbeit des Rechtsmediziners eingebaut
worden. So habe der Eindruck entstehen sollen, Graw habe für seine
Dissertation abgeschrieben. 

Eigens gedruckte Exemplare des Bandes ließ der Angeklagte - selbst
Träger zweier Doktortitel - den Ermittlungen zufolge dann auf einer
Auktionsplattform im Internet versteigern. Zudem soll er
Plagiatsjäger beauftragt haben, die er explizit auf das Buch hinwies.
Diese gingen am Ende mit ihren Ergebnissen eines vermeintlichen
Plagiatsskandals an die Öffentlichkeit und informierten die
Universität Hamburg, die ein Prüfverfahren einleitete.

Rache als Motiv?

Als Motiv des Angeklagten vermutet die Staatsanwaltschaft Rache. Er
habe sich am Rechtsmedizinischen Institut dafür rächen wollen, dass
seine Mutter nach ihrem Tod im Jahr 2020 gegen seinen Willen
obduziert worden war. Die Staatsanwaltschaft hatte damals
Ermittlungen aufgenommen, um zu klären, woran die Frau gestorben war.
Diese Ermittlungen wurden nach Angaben einer Sprecherin der Behörde
allerdings schon 2021 eingestellt.

Befangenheitsantrag gegen den Richter

Ursprünglich hatte das Gericht schon am 6. Februar das Urteil
sprechen wollen, das war aber wegen eines noch offenen
Befangenheitsantrages gegen den Richter zunächst nicht möglich. Weil
die Verteidiger des Angeklagten allein sieben neue und allesamt
abgelehnte Beweisanträge stellten und auch mehrere
Befangenheitsanträge gegen das Gericht, verzögerte sich die
Verhandlung am jüngsten Prozesstag und wurde immer wieder
unterbrochen. 

Die beiden Anwälte sahen sich auch nicht in der Lage, nach dem
Schlussvortrag von Staatsanwaltschaft und Nebenklage ihr Plädoyer zu
halten. Das soll nun heute vor dem Urteil der Fall sein. Sie legten
in einigen ihrer zahlreichen Anträge die Vermutung nahe, dass es sich
bei dem fraglichen Buch um den Nachdruck eines tatsächlich
existierenden Buches handeln könnte. Schließlich sei nur eine Zahlung
von 3.500 Euro nachgewiesen - und das sei für eine solch aufwendige
Fälschung doch etwas wenig.

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