Gegen Dunkelflauten: Wie Strom gespeichert werden kann Von Doreen Garud, dpa

An windstillen Wintertagen werden derzeit Kohle- und Gaskraftwerke
hochgefahren. In Zukunft aber sollen vermehrt andere übernehmen.
Welche könnten das sein?

Münster (dpa) - Bei wenig Sonne und kaum Wind herrscht in Deutschland
die Dunkelflaute. In diesem Winter gab es schon mehrere dieser
Zeiten, in denen Solaranlagen und Windräder saison- und wetterbedingt
kaum Strom lieferten. Auch in den vergangenen Tagen sah der Anteil
der Erneuerbaren Energien mau aus. 

Dann muss der Strom woanders herkommen, derzeit vor allem aus
steuerbaren Kohle- und Gaskraftwerken. Perspektivisch sollen diese
abgeschaltet werden. Und dann? 

Ein Stromsystem, das hauptsächlich auf Solar und Wind setzt, bis 2030
sogar bis 80 Prozent, braucht für eine sichere Versorgung
Ausgleichsmechanismen. Zum einen könnte der Verbrauch in Zukunft
stärker an die Menge des vorhandenen Stroms angepasst werden. Auch
der grenzüberschreitende Stromhandel und der Netzausbau sind wichtig.
Außerdem müssen andere Erzeuger einspringen - dabei kommen eine Reihe
von Optionen infrage.

Lithium-Ionen-Batterien: derzeit marktbeherrschend

Batteriespeicher können kürzere Zeiträume überbrücken, also ein p
aar
Sekunden, um das Netz stabil zu halten, oder ein paar Stunden während
der Nacht. Großspeicher aus Lithium-Ionen-Akkus, die den Batterien in
Elektroautos ähneln, können blitzschnell überschüssigen Strom aus d
em
Netz aufnehmen und später wieder einspeichern. Dabei weisen sie laut
dem Forschungszentrum Jülich eine hohe Effizienz von 80 bis 90
Prozent auf. 

Diese Speicherung und Rückverstromung findet zunehmend statt, an
vielen Orten werden Speicher aus Lithium-Ionen-Akkus aufgebaut.
Andere Batteriespeicher spielen noch kaum eine Rolle. In den
vergangenen Jahren wurden die Lithium-Ionen-Akkus nicht nur leichter
und kleiner, sondern auch viel günstiger. «Auch sind sie sehr
langlebig, fast wie Verbrennungskraftwerke - das ist nicht wie beim
Handy», sagt Martin Winter, Leiter des MEET
Batterieforschungszentrums der Uni Münster und des
Helmholtz-Instituts Münster, einer Außenstelle des Forschungszentrum
Jülich.

Deutschland braucht große Kapazitäten. Das Fraunhofer-Institut für
Solare Energiesysteme ISE geht davon aus, dass bis zum Jahr 2045
ganze 180 Gigawattstunden (GWh) an zentralen und dezentralen
elektrischen Speichern benötigt werden. Davon ist das Land weit
entfernt: Derzeit haben die Speicher eine Kapazität von 17,8 GWh, wie
aus den Battery Charts der RWTH Aachen hervorgeht. 

Natrium-Ionen-Batterien: geringere Energiedichte

Da der Rohstoff Lithium nicht endlos und überall verfügbar ist,
werden andere Batterie-Typen erforscht und erprobt. Nach Angaben von
Maximilian Fichtner vom Helmholtz-Institut Ulm wird man Lithium
zunehmend durch Natrium ersetzen - bekannt etwa als ein Bestandteil
von Natriumchlorid, also Kochsalz.

Dieses Material sei umweltfreundlich, kostengünstig und überall auf
der Welt vorhanden - anders als Lithium, das nur aus wenigen Ländern
komme und man sich also abhängig mache, sagte Fichtner in einem
Gespräch seiner Universität. Mittlerweile sind Natrium-Ionen-Akkus
marktreif und werden beispielsweise in kleinen E-Auto-Prototypen
eingesetzt.

Allerdings haben Natrium-Ionen-Akkus eine geringere Energiedichte,
sie sind also schwerer und größer als Lithium-Ionen-Akkus. «Man
braucht immer mehr, im Extremfall bis zu dreimal mehr», gibt Winter
zu bedenken. Das bedeute: «Bis zu dreimal so viele Materialien,
Zellgehäuse, Feinchemikalien, auch dreimal so viele Öfen, Lastwagen
für den Transport und Fläche.»

Wasserstoff: für langfristige Speicherung

Längere Windflauten von einigen Tagen können nicht durch
Batteriespeicher abgedeckt werden, dazu werden auch bei starkem
Ausbau die Kapazitäten nicht reichen. «Da müssen wir auf Chemie
setzen, also Moleküle mit grüner Energie herstellen, die man
verbrennen kann», meint Winter. 

Mithilfe von elektrischem Strom - idealerweise künftig aus
Erneuerbaren - kann Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten
werden. Der Wasserstoff wird dann in Brennstoffzellen oder
Kraftwerken genutzt - teilweise soll das in alten Gaskraftwerken
passieren. Oder der Wasserstoff wird weiterverwendet, um synthetische
Kraftstoffe zu erhalten.

«Leider ist das alles sehr ineffizient», sagt Winter. Allerdings kann
der Wasserstoff auch woanders hergestellt werden - etwa in
sonnenreichen Ländern - und in Schiffen oder Pipelines nach
Deutschland gebracht werden. Denkbar ist künftig, mit Wasserstoff
auch saisonale Speicher aufzubauen.

Kernfusion: noch in weiter Ferne

Das gezielte Verschmelzen von Atomkernen, um Energie zu gewinnen, ist
zwar schon möglich - richtige Fusionskraftwerke dürften aber erst in
einigen Jahrzehnten ans Netz gehen. Auch sei es schwierig, an
ausreichende Mengen des Rohstoffs Tritium zu gelangen, erklärte das
Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestages jüngst in einem
Bericht.

Eigentlich müssten diese Kraftwerke dann dauerhaft mit hoher Leistung
laufen, sonst lohne sich die Investition nicht, meint Fusionsforscher
Christian Linsmeier vom Forschungszentrum Jülich. Sie können also
nicht bei einer Dunkelflaute für ein paar Tage zugeschaltet werden.
Vorstellbar wäre vielmehr vielleicht die Produktion von Wasserstoff.

Neue Forschungsideen: Ziegel erhitzen

Eine weitere Möglichkeit der Speicherung besteht darin, mit dem
billigen Strom aus Spitzenzeiten etwas zu erhitzen und die so
entstandene Wärme zu speichern. Wie Forschende in einer Studie in der
Fachzeitschrift «PNAS Nexus» berichten, könnten beispielsweise Ziegel

in einem isolierten Behälter erwärmt werden. 

Wenn benötigt, könne die Wärme wieder freigesetzt werden - etwa um
Zement-, Stahl-, Glas- und Papierfabriken mit erneuerbarer Energie zu
betreiben. Die Kosten für diese Speicherung liegen laut Hauptautor
Mark Jacobson von der Stanford University bei einem Zehntel von
Batterien. Allerdings ist fraglich, inwiefern solche experimentellen
Ansätze bald weit verbreitet eingesetzt werden könnten. 

Forschung passiert auch in anderen Bereichen, etwa in der
Batterieentwicklung. Am Helmholtz-Institut Münster und an den
Instituten auf dem Jülicher Campus etwa tüfteln Wissenschaftler an
Festkörperbatterien, Metall-Luft-Batterien und sogenannten
Redox-Flow-Batterien.

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