«Wir verbrennen hier» - Solinger schildern grausame Brandnacht Von Wolfram Lumpe und Frank Christiansen, dpa

Vor knapp einem Jahr brannte in Solingen ein Mehrfamilienhaus. Eine
junge Familie starb. Der Brandstifter hat vor Gericht bereits
gestanden. Nun haben Zeugen die dramatische Nacht geschildert.

Wuppertal (dpa/lnw) - Nach der mörderischen Brandstiftung mit vier
Toten in Solingen haben Anwohner und Überlebende am Wuppertaler
Landgericht grausame Szenen aus der Brandnacht geschildert. «Ich habe
einen Schrei gehört, meine Nachbarn auch», sagte ein 52-jähriger
Hausbewohner aus. Das Vorderhaus habe da schon gebrannt. «Ich habe
gefragt: Sind da Leute drin? Die Antwort war: Ja, meine Kinder.» 

Er habe überlegt, in das brennende Haus zu laufen. «Aber das Feuer
war zu schnell. Das ist sehr schnell hochgezogen. Mein Fenster war
genau gegenüber. Ich habe gesehen, wie die gebrannt haben.» 

Bei dem tödlichen Feuer am 25. März 2024 in Solingen starb eine
bulgarische Familie im Dachgeschoss. Weil das hölzerne Treppenhaus
brannte, war der Fluchtweg versperrt. Die 28 und 29 Jahre alten
Eltern und ihre beiden Töchter im Alter von drei Jahren sowie wenigen
Monaten wurden getötet. 

«Wir verbrennen hier»

Eine 21-Jährige sagte, ihr Vater hatte in der Brandnacht noch Kontakt
zur getöteten Familie: Der Familienvater habe ihren Vater um 02.45
Uhr mit den Worten angerufen: «Wir verbrennen hier.» Ihr Vater sei
daraufhin aus dem Haus gerannt, habe um Hilfe geschrien. Sie habe mit
ansehen müssen, wie ihr Bruder aus dem dritten Stock in die Tiefe
sprang. Ihre Cousine sei auch gesprungen und auf einem Auto
aufgeprallt. 

Der geständige 40-jährige Angeklagte hatte früher selbst in dem Haus

gewohnt. Er habe es wegen eines Streits mit der Vermieterin
angezündet, hatte er in der vergangenen Woche überraschend zugegeben
und auch noch zwei weitere Brandstiftungen sowie eine
Macheten-Attacke gestanden. 

Macheten-Opfer sagt aus

Das Macheten-Opfer sagte am Dienstag ebenfalls aus: Der 40-Jährige
habe ihm am 8. April 2024, zwei Wochen nach dem verheerenden Brand,
ein Paket gegeben. In dem Paket sollte Cannabis für 200 Euro sein,
die er bereits gezahlt hatte, berichtete der 45-Jährige. Es seien
aber nur Papierschnipsel darin gewesen. 

Plötzlich habe Daniel S. Reizgas auf ihn gesprüht. «Zum Glück hat e
r
meine Augen nicht getroffen, sonst wäre ich jetzt tot.» Dann habe er
auch schon den ersten Schlag auf den Kopf erhalten und die Machete
gesehen. «Ich habe noch gefragt, warum er das macht und sehr, sehr
laut um Hilfe geschrien», berichtete der 45-Jährige. 

An der Wohnungstür habe er einen zweiten Schlag auf den Hinterkopf
bekommen. Er sei die Treppe hinuntergerannt. «Ich wollte nur weg,
hatte Todesängste.» Er habe dem Angreifer in die Genitalien treten
wollen, aber das habe nicht geklappt. «Ich bin froh, dass mich das
Klinikum wieder zusammengeflickt hat.»

Er sei in Therapie, habe Alpträume, werde öfter auf seine Narben am
Kopf angesprochen. «Ich kenne ihn 15, 16 Jahre, hätte nie damit
gerechnet. Es gab nie Probleme, er war ein netter, lieber,
hilfsbereiter Mensch.» Der Angeklagte habe zwar regelmäßig
Amphetamine konsumiert, sei aber dennoch ruhig gewesen. 

Gift-Anschlag?

Einen Monat vor der Macheten-Attacke habe er ihm aber vermutlich
etwas ins Bier gemischt. «Das war total bitter. Er hat sofort meine
Wohnung verlassen und ich musste mich ständig übergeben. Auch Tage
später war mir noch schlecht. Ich bin überzeugt, dass er mir was
reingetan hat.»

Ein Rechtsmediziner sagte, bei dem 45-Jährigen seien vier
Skalpierungsverletzungen, ein Nasenbein- und ein Fersenbruch
festgestellt worden. Er habe einen Liter Blut verloren. 

Der geständige Brandstifter und Macheten-Angreifer muss sich in
Wuppertal wegen vierfachen Mordes und Mordversuchen an bis zu 21
Menschen vor Gericht verantworten. An zwei Brandsätzen war seine DNA
sichergestellt worden. Der Prozess wird fortgesetzt.

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