EU-Kommission: Medikamentenproduktion in Europa soll steigen
Einige Medikamente sind in Europa immer wieder vergriffen. Grund sind
unter anderem Lieferengpässe. Die EU-Kommission will die Versorgung
mit einem Gesetzesentwurf unterstützen.
Brüssel (dpa) - Damit die Menschen in Europa zuverlässig mit teils
lebenswichtigen Medikamenten versorgt werden können, sollen in der EU
mehr Medikamente hergestellt werden. Die Produktion von Arzneimitteln
soll künftig von schnelleren Genehmigungsverfahren profitieren und
einfacher mit öffentlichen Geldern unterstützt werden können, wie die
Behörde mitteilte. Bevor die Regeln in Kraft treten können, müssen
das Europaparlament und die EU-Staaten dem Vorschlag der
EU-Kommission zustimmen.
«In den vergangenen Jahren waren die Mitgliedstaaten mit einem
ernsten Mangel an Medikamenten konfrontiert», so die EU-Kommission.
Betroffen waren etwa Schmerzmittel, Antibiotika oder Fiebersäfte für
Kinder.
Nach Kommissionsangaben gibt es viele Gründe, warum es in der EU in
den vergangenen Jahren Versorgungsprobleme gab. Darunter seien etwa
Engpässe bei Wirkstoffen. Aber auch, dass sich die Produktion in
einigen wenigen Ländern konzentriere, trage zu den Problemen bei.
Ulrike Holzgrabe, Pharmazie-Professorin an der Universität Würzburg,
sagte, es gebe eine «sehr rigide Umweltgesetzgebung», die die
Herstellung in Europa erschwere. So habe etwa die Chemieindustrie in
Deutschland wichtige Herstellungszweige aus Umweltgründen
stillgelegt.
80 bis 90 Prozent der Medikamente aus Asien
Derzeit stammen nach Angaben von EU-Gesundheitsministern 80 bis 90
Prozent der Medikamente in Europa aus Asien, vor allem aus China. Der
deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und zehn seiner
Kollegen aus anderen EU-Staaten hatten jüngst vor gefährlichen
Auswirkungen auf Routineeingriffe und eigentlich leicht behandelbare
Infektionen gewarnt, sollten im Konfliktfall Lieferketten
unterbrochen werden. Sie fordern, Teile der milliardenschweren
Aufrüstungspläne für Medikamentensicherheit auszugeben.
Entlastung für das Gesundheitswesen
Auch medizinisches Personal soll durch das Gesetz entlastet werden
können. «Da gibt es Leute, die haben fünfzig Prozent ihrer
Arbeitszeit nur noch damit zu tun, zu gucken: Wo kriege ich irgendwas
her, wo kriege ich ein Medikament, das vielleicht einsetzbar ist als
Alternative?», sagte der EU-Abgeordnete Peter Liese (CDU). Wenn man
die komplette Produktion eines Medikaments nach Europa verlagerte,
würde das zwar Geld kosten, so Liese, «aber ich bin überzeugt, dass
das Gesundheitssystem unterm Strich Kosten einsparen wird.»
Apotheker wollen Alternativen selbst vorschlagen dürfen
Die Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Gabriele
Overwiening, sprach sich dafür aus, dass Apotheker künftig selbst
Alternativen für vergriffene Arzneimittel vorschlagen dürfen. Bislang
ist dafür ein Rezept vom Arzt nötig. Patienten müssten mitunter
mehrmals zu Arzt und Apotheke, ehe sie ein geeignetes Medikament
erhielten. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA)
vertritt die gleiche Linie und fordert mehr Entscheidungskompetenz
und Handlungsspielraum für Apotheken.
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