Erster Lockdown vor fünf Jahren - was bleibt? Von Sascha Meyer, dpa

Es waren Einschränkungen und Auflagen wie niemals zuvor in der
Bundesrepublik: Um die erste Corona-Welle unter Kontrolle zu bringen,
mussten Einrichtungen wochenlang schließen. Das hatte Folgen.

Berlin (dpa) - Schulen und Kitas zu, Restaurants und Geschäfte dicht,
Theater, Friseure und Sportplätze auch: Vor fünf Jahren wurde das
Alltagsleben in ganz Deutschland im Kampf gegen die Ausbreitung des
Coronavirus in beispielloser Weise heruntergefahren. Mit Beschlüssen
am 16. und 22. März 2020 verhängten Bund und Länder einen ersten
«Lockdown», um Ansteckungen entscheidend zu unterbinden. Später in
der Pandemie folgten noch weitere solcher Phasen für mehrere Wochen.
Rückblickend finden die Lockdowns laut einer Umfrage mehrheitlich
weiter Akzeptanz - doch Diskussionen darum gibt es bis heute. 

Wie genau kam es zum ersten Lockdown?

Um die erste Infektionswelle zu brechen, waren regional schon
Schutzauflagen in Kraft und die meisten Schulen geschlossen. Am 16.
März vereinbarten die damalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die
Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten «Leitlinien zum
einheitlichen Vorgehen» - mit Schließungen von Einrichtungen,
Abstandsregeln und Reisebeschränkungen. Eine Runde am 22. März
verschärfte die Maßnahmen noch. Für Restaurants galt damit nicht
mehr, spätestens ab 18.00 Uhr zu schließen, sondern:
«Gastronomiebetriebe werden geschlossen», ausgenommen nur Speisen zum
Abholen und Ausliefern. 

Warum hieß es Lockdown?

Der Begriff «Lockdown» war in der Frühphase der Pandemie noch nicht
in aller Munde, er setzte sich erst nach und nach durch. Im engeren
Sinne bedeutet er «Ausgangssperre» oder «Abriegelung», wurde dann
aber zum Schlagwort für das breit angelegte Stilllegen des
öffentlichen Lebens. Merkel nutzte das Wort nicht, als sie in einer
ungewöhnlichen Fernsehansprache am 18. März 2020 um Akzeptanz für die

einschneidenden Beschränkungen warb. «Es geht darum, das Virus auf
seinem Weg durch Deutschland zu verlangsamen», sagte Merkel und gab
die eindringliche Mahnung aus: «Es ist ernst. Nehmen Sie es auch
ernst.»

Wie hat der Lockdown gewirkt?

Es dauerte bis Anfang Mai 2020, bis die Vorgaben wieder gelockert
wurden. So durften alle Geschäfte öffnen, aber mit Maskenpflicht und
Kunden-Limits. «Wir können uns ein Stück Mut leisten, aber wir müss
en
vorsichtig bleiben», sagte Merkel. Den generellen Corona-Kurs
rechtfertigte sie auch rückblickend. Die Alternative wäre gewesen,
alle Menschen in kurzer Zeit der Erkrankung auszusetzen und
zuzusehen, wie das Gesundheitssystem kollabierte, schrieb Merkel in
ihren Erinnerungen. «Dabei hätten wir den Tod vieler, besonders der
Alten und Vorerkrankten, riskiert, wenn nicht billigend in Kauf
genommen.» 

Was gehört noch zur Lockdown-Bilanz?

Das große Ziel lautete, das Gesundheitswesen vor Überlastung zu
bewahren und Risikogruppen zu schützen. Die Einschnitte in die
persönliche Freiheit und das Wirtschaftsleben waren aber drastisch.
Um Folgen für diverse Branchen abzufedern, legte der Bund riesige
Milliarden-Hilfsprogramme auf. Vor allem die Folgen für Kinder, die
nicht in Schulen und Kitas konnten, waren hart. Auch der damalige
CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn nannte es rückblickend ein
Versäumnis, «dass wir es nicht geschafft haben, die Kinder und
Jugendlichen so vor den Folgen dieser Pandemie zu schützen, wie wir
es hätten tun sollen».

Wie fallen Einschätzungen im Rückblick aus?

Aus heutiger Sicht finden 56 Prozent die Lockdowns alles in allem
betrachtet richtig, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts
YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur ergab. Dabei nannten
21 Prozent sie völlig richtig und 35 Prozent eher richtig. Völlig
falsch finden sie dagegen 20 Prozent und eher falsch weitere 19
Prozent. Für 50 Prozent der Befragten waren die Lockdowns aber sehr
belastend. Für zu wenig zielgerichtet halten sie jetzt 52 Prozent.
Befragt wurden am 10. und 11. März 2.012 Menschen ab 18 Jahren.

Kommt noch eine größere Aufarbeitung?

Um die ganze Palette der Schutzmaßnahmen auch mit Impfungen und
Masken entbrannten erbitterte Auseinandersetzungen - und die Gräben
sind tief. Im Bundestag kam eine Aufarbeitung des Krisenmanagements
in der abgelaufenen Wahlperiode nicht zustande. Gesundheitsminister
Karl Lauterbach (SPD), der das Ende der Pandemie in Deutschland
regelte, sprach sich schon für einen neuen Anlauf jetzt nach der Wahl
aus. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier lud am Freitag selbst zu
einer Diskussion und mahnte: «Das, was wir nicht offen ansprechen,
nährt einfach nur Verschwörungstheorien und neues Misstrauen.»

Was ist an Krisen-Instrumenten geblieben?

Nach fast drei Jahren endeten die letzten bundesweiten Schutzvorgaben
am Ostermontag 2023. Im Infektionsschutzgesetz, das in der Pandemie
immer wieder geändert wurde, sind die Corona-Bestimmungen außer Kraft
getreten. Es gibt aber eine «Generalklausel», auf der die Länder bei

Gesundheitskrisen Schutzmaßnahmen stützen könnten, wie das
Bundesgesundheitsministerium erläuterte. Im Gesetz steht auch weiter
die Möglichkeit, dass der Bundestag wie bei Corona eine «epidemische
Lage von nationaler Tragweite» feststellt. Dann könnte der Bund
einfacher Maßnahmen etwa zur Arzneiversorgung ergreifen.

Was läuft noch weiter?

Im zentralen Lager des Bundes gibt es laut Gesundheitsministerium
derzeit noch sieben Millionen Impfdosen. Nachgekauft wird in
nationaler Regie nicht mehr. Es bestehen aber noch
Abnahmeverpflichtungen für Lieferungen von Biontech und Novavax wegen
der Beteiligung an einer Beschaffungsinitiative der EU-Kommission.
Der Bund will den Impfstoff beider Firmen noch bis mindestens 2026
kostenlos bereitstellen. Bis Ende 2028 aufbewahrt werden müssen
Unterlagen von Corona-Teststellen. Das soll gewährleisten, weiterhin
Fälle von Abrechnungsbetrug zu ahnden. Dem Bund drohen auch noch
Risiken aus schwelenden Streitfällen um Maskenlieferungen zu
Sonderkonditionen.

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