Carver, Kunstschnee, Klima: Skiverletzungen ändern sich
Beinbruch: Das war früher eine der häufigsten Verletzungen nach
Stürzen auf der Skipiste. Doch das hat sich geändert. Allerdings
nicht nur zum Guten.
Murnau am Staffelsee (dpa) - Knie, Schulter, Kopf: War früher der
Beinbruch die typische Folge eines Skiunfalls, so müssen sich Ärzte
heute meist um andere Verletzungen kümmern.
Mehr als jede fünfte Verletzung durch Kollision
Die Auswertungsstelle für Ski-Unfälle bei der Arag Versicherung
berichtet über immer mehr Knieverletzungen und Kollisionen. Die
Statistik stützt sich auf Unfallmeldungen von Mitgliedern des
Verbandes DSV aktiv. Mehr als jede fünfte Verletzung kam durch eine
Kollision zustande, mehr denn je zuvor, sagte der Leiter der
Auswertungsstelle, David Schulz.
Im Vergleich zur Ausgangssaison 1979/80 ging zwar die Zahl der
verletzten Skisportler im Winter 2023/2024 um gut 52 Prozent zurück.
Im Vergleich zur Vorsaison gab es eine Zunahme auf das Niveau vor der
Pandemie. Mehrere Medien, darunter der Bayerische Rundfunk, hatten
darüber berichtet.
Viele Patienten auch aus dem Ausland landen nach Skiunfällen in der
BG Unfallklinik Murnau im oberbayerischen Landkreis
Garmisch-Partenkirchen. «Die bei uns in der Klinik behandelten
typischen Verletzungen nach Skiunfällen sind inzwischen - neben den
Bandverletzungen des Kniegelenkes - die Tibiakopffraktur, also der
Bruch im Bereich des Schienbeinkopfs, Schulterverletzungen und das
Schädel-Hirn-Trauma», berichtet der Ärztliche Direktor Fabian Stuby.
Schienbeinkopf statt Schienbein
Warum kommt es heute zu anderen Verletzungen? Einer der Gründe ist
laut Stuby die veränderte Ausrüstung. Wegen der modernen, höheren
Skistiefel verlagern sich Kräfte nach oben Richtung Knie. Früher sei
der Drehbruch des Schienbeins der Klassiker gewesen, heute die
Verletzung am Schienbeinkopf. Und die sei häufig komplizierter und
langwieriger in der Heilung, sagt Stuby.
Durch neue Bindungssysteme, Skihelme oder Rückenprotektoren sei das
Skifahren zwar sicherer geworden, aber auch schneller, erläutert der
Mediziner weiter. «Kollisionen sind daher eine ganz häufige Ursache
für schwere Verletzungen, gerade im Kopfbereich. Der Helm schützt
zwar, verhindert aber kein Schädel-Hirn-Trauma, wenn der Kopf auf der
harten Piste aufschlägt.»
Mehr Schulterverletzungen beim Carven
Auch Kollisionen mit Bäumen oder Skilift-Stützen gebe es immer
wieder, etwa wenn Fahrer die Kontrolle über ihre Skier verlieren.
Auch Kinder sind betroffen. Man erinnere sich in der Klinik etwa an
ein kleines Mädchen, das gegen eine Lifthütte prallte und unter
anderem schwere innere Verletzungen erlitt.
Die steigende Zahl der Schulterverletzungen führt der Arzt auch auf
die moderne Carving-Technik zurück. «Der Körper liegt in den Kurven
nah an der Piste - und im Falle eines Sturzes findet der Erstkontakt
mit dem Boden dann über die Schulter statt.»
Kunstschnee wird schneller hart und eisig
Kunstschnee wird durch den hohen Anteil an Wasser schneller zu Eis.
Daher sind die Pisten härter und eisiger. Damit seien Skifahrer -
gerade mit den Carving Skiern - schneller unterwegs, erläutert Stuby.
Zudem sei häufig nur die Piste beschneit, während - auch wegen des
zunehmenden Schneemangels durch den Klimawandel - direkt daneben
Steine herausschauen. «Bei einem Sturz sind dann Kopf und Schulter,
aber auch der Rücken stark gefährdet.»
Verbände raten zum Helm-Tragen
Das gelte auch für Langläufer. Die Loipen sind häufig eisiger als
früher und das führt zu härteren Stürzen. Auch hier seien Kopf und
Schulter stark gefährdet - und vor allem bei älteren Wintersportlern
seien Hüftfrakturen keine Seltenheit.
Rücksicht sowie an Können und Pistenverhältnisse angepasste Fahrweise
gehören zu den Grundregeln zur Unfallvermeidung. Verbände, darunter
der Deutsche Alpenverein, raten auch zum Tragen eines Helms.
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