Pflegeversicherung droht erneutes Defizit
Die Milliardenkosten für die Pflege steigen und steigen. Auch für die
Beitragszahler wurde es gerade wieder teurer. Reicht das zur
Stabilisierung bald schon nicht mehr aus?
Berlin (dpa) - Die Pflegeversicherung steuert trotz einer erneuten
Anhebung der Beiträge auch in diesem Jahr auf eine kritische
Finanzlage zu. Zu erwarten sei ein Defizit von rund einer halben
Milliarde Euro, teilte der Spitzenverband der gesetzlichen
Krankenversicherungen mit, der auch die Pflegekassen vertritt. «Der
Pflege steht das Wasser bis zum Hals. Und der Pegel steigt», sagte
Verbandschefin Doris Pfeiffer. Im Laufe des Jahres dürften wohl
weitere Pflegekassen auf kurzfristige Unterstützung zur Sicherung
ihrer Liquidität angewiesen sein. Zuerst berichtete das
ARD-Hauptstadtstudio darüber.
Pfeiffer sagte: «Wir haben noch drei Viertel des Jahres vor uns, und
die Finanzentwicklung in der Pflege ist besorgniserregend.» Eine
erste Pflegekasse musste mittlerweile Finanzhilfe aus einem
Ausgleichsfonds beantragen. Nach jetzigem Stand könne die Liquidität
des Fonds und damit die Zahlungsfähigkeit aller Pflegekassen bis zur
Jahresmitte gesichert werden, erläuterte Pfeiffer.
«Langsam läuft der Ausgleichsfonds leer»
Sie betonte: «Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt keinen Grund zur
Besorgnis für die Pflegebedürftigen, dass ihnen Leistungen nicht
gewährt werden. Auch den Pflegediensten und Pflegeeinrichtungen
werden ihre Leistungen bezahlt.» Es sei Aufgabe des Fonds, die
Zahlungsfähigkeit der Pflegekassen sicherzustellen. Er sei die
Reserve, um Schwankungen kassenübergreifend auszugleichen.
«Aber langsam läuft der Pflege-Ausgleichsfonds leer», warnte
Pfeiffer. So seien die dort vorhandenen Mittel im Laufe des
vergangenen Jahres von anfangs 1,8 Milliarden Euro auf eine Milliarde
Euro geschrumpft. Ohne zusätzliche Mittel werde der Fonds in wenigen
Monaten ausgeschöpft sein. Die Politik müsse handeln, um eine
Abwärtsspirale zu verhindern.
Die Kosten für die Pflege in der alternden Gesellschaft steigen seit
Jahren. Im vergangenen Jahr sackte die Pflegeversicherung mit 1,54
Milliarden Euro ins Minus, wie der Verband mitteilte. Zur
finanziellen Stabilisierung wurden die Pflegebeiträge zu Jahresbeginn
um 0,2 Prozentpunkte angehoben. Dazu kommen auch höhere selbst zu
zahlenden Anteile, da die Pflegeversicherung - anders als die
Krankenversicherung - nur einen Teil der Pflegekosten trägt.
Große Pflegereform angekündigt
Union und SPD haben in ihren Sondierungen für eine neue
Bundesregierung eine «große Pflegereform» verabredet - die Elemente
sind aber offen und könnten in den begonnenen Koalitionsverhandlungen
konkretisiert werden.
Der Kassen-Verband forderte als Sofortmaßnahmen erneut, dass der Bund
die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige übernimmt
und den Pflegekassen Ausgaben aus der Corona-Krise erstattet. Die
Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte, Union und SPD müssten die
Pflegeversicherung «endlich aus der permanenten Notlage holen».
Ständige Beitragserhöhungen stopften nur kurzfristig Löcher, sagte
Vorstand Eugen Brysch. Er kritisierte, dass die mögliche Koalition
konzeptionell noch meilenweit auseinander liege.
Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK
Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.