Milliarden-Paket für Verteidigung und Infrastruktur steht Von den dpa-Korrespondentinnen und Korrespondenten

Es war ein zähes Ringen - aber am Ende fanden Union, SPD und Grüne
einen Kompromiss für ihr Milliarden-Finanzpaket. Schwarz-Rot kann nun
zuversichtlicher auf die Abstimmung im Bundestag schauen.

Berlin (dpa) - Nach einem nächtlichen Verhandlungsmarathon von Union,
SPD und Grünen steht das milliardenschwere Paket für Verteidigung und
Infrastruktur - und damit auch ein zentraler finanzieller Eckstein
für die Arbeit der nächsten Bundesregierung. Nun gilt es als
wahrscheinlich, dass es am kommenden Dienstag im Bundestag eine
Zweidrittelmehrheit geben wird, die für eine entsprechende Änderung
des Grundgesetzes erforderlich ist. Allerdings muss diese
anschließend auch noch im Bundesrat zustande kommen.

Karlsruhe verwirft mehrere Anträge 

Das Bundesverfassungsgericht gab zugleich grünes Licht für die
Entscheidung noch durch den alten Bundestag. Es verwarf mehrere
Anträge unter anderem von AfD und Linke als unbegründet, die dessen
Einberufung verhindern wollten. Die Wahlperiode des alten Bundestages
ende nach Artikel 39 Grundgesetz erst durch das Zusammentreten des
neuen Bundestages. «Bis dahin ist der alte Bundestag in seinen
Handlungsmöglichkeiten nicht beschränkt.» Allerdings sind noch
weitere Verfahren in Karlsruhe anhängig.

Verhandlungen der Fraktionsspitzen bis in den Morgen

Die Verhandlungen der Fraktionsspitzen hatten nach Angaben von
Teilnehmern am Donnerstagabend begonnen und dauerten bis etwa 5 Uhr
morgens. «Es waren anspruchsvolle und anständige Gespräche», sagte

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Am Nachmittag wurden die
Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Grünen informiert. Die Unionsfraktion
stimmte nach Angaben ihres Vorsitzenden Friedrich Merz (CDU)
einstimmig zu. Am Sonntag wird sich der Haushaltsausschuss des
Bundestages abschließend mit dem Gesetzgebungsverfahren befassen. 

Merz lobt Ergebnisse der Verhandlungen

Er sei mit dem Ergebnis «sehr zufrieden», sagte Merz. Mit Blick auf
anstehende Entscheidungen in der EU und der Nato betonte er:
«Deutschland ist zurück. Deutschland leistet seinen großen Beitrag
zur Verteidigung der Freiheit und des Friedens in Europa.»

Klingbeil sieht kraftvollen Anschub für Deutschland

Als «kraftvollen Anschub für Deutschland» wertete SPD-Partei- und
Fraktionschef Lars Klingbeil das enorme schuldenfinanzierte
Investitionspaket. «Es hat das Potenzial, unser Land für die nächsten

Jahre, vielleicht Jahrzehnte nach vorne zu bringen», sagte er laut
einer Mitteilung der SPD-Fraktion. 

«Das macht unser Land stärker», betonte Klingbeil später in einem
Statement. Allerdings entbinde das Union und SPD in den
Koalitionsverhandlungen nicht davon zu schauen, wo man Deutschland
effektiver machen könne, wo man einsparen könne. «Ich erwarte, dass
in den Koalitionsverhandlungen sich niemand zurücklehnt und sagt: Wir
müssen nichts mehr machen.»

Grüne begrüßen Milliarden für Klimaschutz

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge begrüßte, dass nun 100 der 5
00
Milliarden Euro für Infrastruktur-Investitionen in
Klimaschutzmaßnahmen fließen sollen. «Diese 100 Milliarden Euro
werden an der Stelle einen Unterschied machen.» Sie und ihre
Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann hätten es in den Verhandlungen
mit CDU, CSU und SPD geschafft, «dass das Geld in die richtige
Richtung gelenkt wird». 

Merz hatte am Vortag im Bundestag nur 50 Milliarden Euro aus dem
Investitionspaket für den Klima- und Transformationsfonds angeboten.
«Was wollen Sie noch mehr?», fragte er in Richtung der Grünen. 

So schauen die gefundenen Kompromisse aus: 

- Die Schuldenbremse wird gelockert - und zwar nicht nur für
Verteidigungsausgaben, sondern auf Druck der Grünen auch für Ausgaben
in Cybersicherheit, Zivil- und Bevölkerungsschutz sowie
Nachrichtendienste und die Unterstützung für völkerrechtswidrig
angegriffene Staaten. Alle Ausgaben, die ein Prozent des
Bruttoinlandsprodukts übersteigen, können damit aus Krediten
finanziert werden. Nach oben hin gibt es keine Grenze.

- Für Investitionen in die Infrastruktur wird ein Sondertopf
eingerichtet, der im Grundgesetz von der Schuldenbremse ausgenommen
und mit Krediten von bis zu 500 Milliarden Euro gefüttert wird. 100
Milliarden davon gehen an die Länder. Weitere 100 Milliarden werden
auf Druck der Grünen fest für Klimaschutz und den klimafreundlichen
Umbau der Wirtschaft vorgesehen. Der Sondertopf soll für zwölf Jahre
zur Verfügung stehen.

- Ebenfalls auf Druck der Grünen wurde laut Merz festgelegt, dass aus
den Infrastruktur-Milliarden zusätzliche und nicht bereits geplante
Vorhaben finanziert werden. Die Grünen hatten befürchtet, dass Union
und SPD das Geld nutzen könnten, um Ausgaben auszulagern und so im
Kernhaushalt Platz zu machen für Wahlgeschenke wie die Mütterrente
oder geringere Steuern für die Gastronomie.

- Merz sagte, er gehe davon aus, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
nun auch die bereits lange geforderten zusätzlichen Rüstungshilfen
von drei Milliarden Euro für die von Russland angegriffene Ukraine
freigeben werde. Es habe entsprechende Signale aus dem Kanzleramt
gegeben. Um dieses Hilfspaket und die Frage, wie es finanziert werden
sollte, hatte es vor der Bundestagswahl lange Auseinandersetzungen
gegeben.

Die Zeit drängt

Im neuen Parlament, das sich am 25. März konstituiert, haben Union,
SPD und Grüne nicht mehr die nötige Zweidrittelmehrheit, die für eine

Änderung des Grundgesetzes erforderlich ist. Deshalb drängt die Zeit,
um das Finanzpaket noch mit dem alten Bundestag verabschieden zu
können. 

Zahlreiche Treffen im Fünfer-Kreis

Immer wieder hatten sich Merz, Dobrindt, Klingbeil sowie Haßelmann
und Dröge zu vertraulichen Runden getroffen, um nach Lösungen zu
suchen. Der Ärger der Grünen über die Attacken vor allem der CSU wie

zuletzt beim politischen Aschermittwoch spielte laut Merz keine Rolle
mehr. «Aschermittwoch ist Aschermittwoch. Und ab Donnerstag haben wir
wieder alle vernünftig miteinander geredet.» 

Merz rechnet mit Zweidrittelmehrheit im Bundestag

Der mögliche künftige Kanzler Merz rechnet nun fest damit, dass es im
Bundestag die nötige Mehrheit für die Änderung des Grundgesetzes
geben wird. «Ich gehe mal davon aus, dass wir die Zweidrittelmehrheit
gut erreichen», sagte er. Für die Sitzung des Bundestages am
kommenden Dienstag müsse jede Fraktion für Präsenz ihrer Abgeordneten

werben, sagte Merz. Er ergänzte mit Blick auf die Union: «Ich gehe
fest davon aus, dass wir eine volle Präsenz haben werden.» 

Union, SPD und Grüne hätte zusammen 31 Abgeordnete mehr als für die
Zweidrittelmehrheit erforderlich sei. «Von daher haben wir auch in
bisschen - wenn Sie so wollen - Puffer für Krankheitsfälle.»

Allerdings: Über die Grundgesetzänderung soll ja noch der alte
Bundestag entscheiden, aus dem viele Abgeordnete von Union, SPD und
Grünen ausscheiden aus dem Bundestag. Sie könnten sich deshalb
weniger an die übliche Fraktionsdisziplin gebunden fühlen als sonst.

Zweidrittelmehrheit auch im Bundesrat nötig

Am kommenden Freitag könnte dann auch der Bundesrat entscheiden -
hier ist ebenfalls eine Zweidrittelmehrheit nötig. Auch diese ist
noch nicht sicher. Allerdings dürfte der Kompromiss mit der
Grünen-Bundestagsfraktion auch den Landesregierungen mit
Grünen-Beteiligung in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und
Bremen eine Zustimmung leichter machen.

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