NRW will Strafverschärfung für Verbrechen mit K.-o.-Tropfen
Wer K.-o.-Tropfen einsetzt, spielt mit dem Leben des Opfers. Aus
Sicht der NRW-Regierung wird das Strafgesetzbuch dem bislang nicht
gerecht. Was kann man tun, um nicht mit Narkotika betäubt zu werden?
Düsseldorf (dpa/lnw) - Nordrhein-Westfalen will eine höhere
Mindeststrafe für besonders schweren Raub oder Sexualstraftaten, wenn
sie mit Hilfe von K.-o.-Tropfen oder anderen schädlichen Stoffen
begangen werden. Das Landeskabinett habe beschlossen, einen
entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundesrat einzubringen,
berichtete NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne). Die
Mindeststrafe solle in solchen Fällen im Strafgesetzbuch von drei auf
fünf Jahre heraufgesetzt werden.
«Die Kombination aus Gewalt und dem gezielten Einsatz von
K.-o.-Tropfen oder anderen Stoffen verschärft die Schwere des
Verbrechens erheblich», sagte Limbach in Düsseldorf. Dem trage das
Strafrecht bislang nicht ausreichend Rechnung.
«Die Verwendung von K.-o.-Tropfen ist eine besonders perfide
Methode, die nicht nur in die körperliche Unversehrtheit und das
seelische Wohlbefinden der Opfer eingreift, sondern ihr
Urteilsvermögen und ihre Verteidigungsfähigkeit ausschaltet, um
heimtückisch eine schwere Straftat begehen zu können», stellte der
Justizminister fest.
Lebenslanges Trauma droht
K.-o.-Tropfen seien weitgehend geschmacksneutral, in Mischgetränken
bemerke man sie kaum, warnte er. «Das Opfer wird benommen und gerät
in einen Zustand der Willenlosigkeit, in dem es leicht manipulierbar
ist.» So komme es zu Missbrauch oder Raub. Die Opfer wüssten nachher
nicht einmal, was mit ihnen passiert sei. «Das traumatisiert und
hinterlässt ein Leben lang Spuren.»
Wer bei einer Vergewaltigung oder einem Raub mit einem Messer drohe
oder ein anderes gefährliches Werkzeug einsetze, habe mit einer
Haftstrafe nicht unter fünf Jahren zu rechnen, erläuterte der
Justizminister. Ein lebensgefährliches Gift wie K.-o.-Tropfen oder
andere gesundheitsschädigende Stoffe seien hingegen laut Entscheidung
des Bundesgerichtshofs nicht als Werkzeuge einzustufen.
Juristenstreit: Was ist ein Tatwerkzeug?
Das überzeuge nicht - schon deshalb, weil die Wirkung unkalkulierbar
sei: stark abhängig von der Konstitution des Opfers, vom
Alkoholkonsum und möglicherweise eingenommenen anderen Drogen oder
Medikamenten. «Das aber kann der Täter vorher nicht wissen»,
unterstrich Limbach. Bei Überdosierung drohten Atemstillstand und
Tod. «Wer K.-o.-Tropfen einsetzt, spielt also in jedem Einzelfall mit
dem Leben des Opfers.»
Mit strengeren gesetzlichen Regelungen solle nicht nur eine Unwucht
im Strafgesetzbuch beseitigt, sondern auch eine Botschaft gesendet
werden, die das französische Vergewaltigungsopfer Gisèle Pélicot mit
den Worten formuliert habe: «Die Scham muss die Seite wechseln.» Er
gehe von einer Mehrheit im Bundesrat für die Initiative aus, sagte
Limbach.
Wie sind K.o-Tropfen-Übergriffe zu vermeiden?
«Das Schlimmste ist die Ungewissheit: Was ist in der Zwischenzeit
eigentlich passiert?», fasste Nordrhein-Westfalens Opferbeauftragte
Barbara Havliza die Verzweiflung der Betroffenen zusammen. Aus ihren
Jahren als Richterin habe sie wiederkehrende Muster aus den Taten und
einige Verhaltensempfehlungen abgeleitet:
* Niemals in einem Lokal ein Getränk oder eine Speise unbeobachtet
stehen lassen.
* Freund oder Freundinnen - zum Beispiel bei einem Gang auf die
Tanzfläche oder zur Toilette - bitten, das Getränk oder die Speise im
Auge zu behalten. «Falls Sie nicht hundertprozentig sicher sind,
kippen Sie es weg.»
* Bei ersten Anzeichen von Unwohlsein nicht alleine weggehen, in
der Nähe von Anderen bleiben. Wenn ein Unbekannter vermeintlich Hilfe
anbiete, um die betroffene Person herauszubringen, sei das «meistens
alles Andere als gut gemeint».
* In Apotheken oder Drogeriemärkten gibt es Armbänder, die wie
Teststreifen benutzt werden können. «Ist also ein Getränk einmal fü
r
kurze Zeit unbewacht geblieben, so kann ein Tropfen hiervon auf das
Bändchen gegeben werden.» Bei einer giftigen Substanz, verfärbe sich
der Rand. Ein absoluter Schutz sei das nicht, immerhin aber eine
zusätzliche Absicherung für kleines Geld.
* Gerade bei Sexualdelikten ist es besonders wichtig, danach
möglichst sofort zu handeln - auch, wenn das Opfer noch nicht weiß,
ob es den Vorfall überhaupt anzeigen will. Die in K.-o.-Tropfen und
ähnlichen Substanzen verwandten Narkotika seien nur sehr kurze Zeit
im Blut nachweisbar.
* Es gibt eine anonyme Spurensicherung, die mittlerweile in den
meisten Krankenhäusern vorgenommen werden kann. Betroffene sollten
sich möglichst sofort zum Arzt oder ins Krankenhaus begeben, um sich
dort auf Spuren untersuchen und diese dokumentieren zu lassen - also
Blutentnahme, Verletzungen und Spermaspuren. Die Ergebnisse bleiben
dort in Verwahrung und es kann in Ruhe überlegt werden, ob man
Anzeige erstatten und das justizielle Verfahren durchlaufen möchte.
* «Vor dem Gang zum Arzt oder zur Polizei: Schämen Sie sich nicht,
waschen Sie sich nicht, duschen Sie nicht, wechseln Sie nicht die
Kleidung, um keine Spuren und damit wichtige Beweismittel zu
vernichten.»
* Jede und jeder Betroffene kann sich an die Opferbeauftragte
wenden: «Es gibt viele Möglichkeiten, Hilfen und Angebote, Opfer in
einer solch schweren Zeit zu unterstützen und sie zu begleiten. Damit
muss und sollte niemand alleine bleiben.»
Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK
Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.