Nagelsmanns Botschaften zur Gesellschaft und Gesundheit

Vor dem wichtigen K.o.-Spiel gegen Italien spricht Julian Nagelsmann
über zu wenig Schul- und Breitensport in Deutschland. Der
Bundestrainer erzählt dabei auch von seiner Kindheit in Bayern.

Dortmund (dpa) - Julian Nagelsmann war als Kind im Fußballverein, im
Schützenverein und im Trachtenverein. Jetzt macht sich der
Bundestrainer Sorgen um die Bedeutung des Breitensports und das durch
ein vielfältiges Vereinsleben geförderte Gemeinschaftsgefühl in
Deutschland. Besonders Kinder und Jugendliche müssten mehr Sport
treiben und wieder mehr Freizeit-Angebote in den lokalen Strukturen
erhalten, forderte der 37-Jährige. 

«Ich sehe es aus einem gesellschaftspolitischen Gesichtspunkt in der
Schule, in den Kindergärten, in der normalen Gesellschaft auch. Da
geht es für mich um eine gewisse Freude, die man mit Sport verbinden
sollte», sagte Nagelsmann vor dem Viertelfinal-Rückspiel der
Fußball-Nationalmannschaft in der Nations League gegen Italien.

Nagelsmann konstatiert einen generellen Bewegungsmangel. «Wenn
jüngere Menschen auch nicht top gesund sind, dann wird das
Gesundheitssystem noch mehr belastet. Und es wird immer schwieriger,
das Ganze zu finanzieren.»

Dauerhafte Investitionen in Sportstruktur

Nagelsmann hatte sich schon häufiger in seiner Funktion als Top-Coach
im Profifußball zu diesen Themenfeldern geäußert. «Jetzt haben wir

gerade ein bisschen mehr Geld, aber das wird auf Dauer nicht so sein.
Daher müssen wir schon versuchen, gewisse Ausgaben auf einem Niveau
zu halten», forderte er anhaltende Investitionen in den Bereichen
Breitensport und Gesundheit. 

Es müsse ein Umdenken stattfinden und der Hebel gerade bei den
Jüngsten angesetzt werden. «Ich glaube, das Bewegung in einem guten
Maße - und nicht nur eine Stunde pro Woche im Schulunterricht -
wichtig ist, um den Kopf freizukriegen für die Fächer, die dann
vielleicht fürs Leben ein bisschen mehr Bedeutung haben. Es kann
nicht jeder Leistungssportler oder Berufssportler werden», sagte der
Bundestrainer.

Mathe fällt mit Bewegung leichter

«Wenn ich mich 20 Minuten vor Mathe nochmal kurz bewege, ich bin kein
Wissenschaftler. Aber ich meine, ein paar Texte dazu gelesen zu
haben, dass die Wahrscheinlichkeit, dass man sich die binomischen
Formeln merken kann, höher ist, als wenn man vorher schon acht
Stunden saß», sagte Nagelsmann.

In seiner mehrminütigen Antwort auf eine Frage zu seiner Meinung zu
diesem Themenfeld erzählte er auch von seiner Kindheit und Jugend in
Bayern. «Als ich jung war, sind wir Freitagabend in den
Schützenverein gegangen. Ich habe, glaube ich, dreimal mit dem
Luftgewehr geschossen, da ging es mehr um die Currywurst und das
Zusammensitzen und Quatschen», betonte er den sozialen Charakter des
Vereinslebens.

Lederhose für fesche Burschen

«Dann war eigentlich jeder im Fußballverein oder Musikverein. Dann
gab es noch den Trachtenverein. Da war eigentlich auch fast jeder,
der einigermaßen ordentlich aussah in der Lederhose. Ich war auch im
Trachtenverein. Und dann gab's noch einen Burschenverein. Und heute
gibt es eigentlich außer dem Fußballverein nicht mehr so viel»,
beklagte Nagelsmann die Entwicklung. 

Jeder sei «ein bisschen mehr mit sich selbst beschäftigt», monierte
er. «Deswegen würde ich mir schon wünschen, dass der Stellenwert fü
r
Bewegung und Sport größer wird, als er aktuell ist. Weil ich glaube,
dass es den Menschen und den Kindern guttut und auch bindet.»

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