Senat: Cannabis-Gesetz hat Rauschgifthandel nicht reduziert
Seit einem Jahr dürfen Erwachsene legal Cannabis konsumieren und ihre
eigenen Pflanzen züchten. Doch was weiter blüht, ist der illegale
Rauschgifthandel, wie der Hamburger Senat feststellt.
Hamburg (dpa/lno) - Die weitgehende Legalisierung des Cannabiskonsums
vor einem Jahr sollte den Gesundheitsschutz stärken und den illegalen
Drogenhandel eindämmen. Nach Einschätzung des Hamburger Senats sind
diese Ziele nicht erreicht worden. «Die Befürchtungen der
Sicherheitsbehörden haben sich als durchaus begründet erwiesen.
Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Teillegalisierung den
illegalen Markt in irgendeiner Weise eingedämmt oder die Nachfrage
reduziert hat», erklärte der Sprecher der Innenbehörde, Daniel
Schaefer.
Illegaler Rauschgifthandel nicht zurückgegangen
Zwar zeige die polizeiliche Kriminalstatistik für 2024 einen Rückgang
bei den Rauschgiftdelikten um 33 Prozent. Dabei handele es sich
überwiegend um Konsumentendelikte. Zugleich wurden aber fast 1.000
Verstöße gegen das neue Konsumcannabisgesetz registriert. Dabei ging
es meist um Handel, Schmuggel oder Besitz größerer Mengen Cannabis.
Berücksichtige man zudem die Zahl der Handels- und Schmuggeltaten
nach dem Betäubungsmittelgesetz, so werde deutlich, dass der
Rauschgifthandel offensichtlich nicht zurückgegangen sei, erklärte
Schaefer.
Acht Anbauvereinigungen zugelassen
Seit dem 1. April vergangenen Jahres dürfen über 18-Jährige in
Deutschland 25 Gramm Haschisch oder Marihuana bei sich haben. Zu
Hause ist der Besitz von 50 Gramm erlaubt. Außerdem dürfen drei
Pflanzen pro Erwachsenem angebaut werden.
Seit dem 1. Juli sind nicht kommerzielle Anbauvereinigungen mit bis
zu 500 Mitgliedern erlaubt. In den Clubs können Erwachsene Cannabis
gemeinsam anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben.
In Hamburg sind inzwischen acht Anbauvereinigungen zugelassen worden,
weitere zehn Anträge gingen beim zuständigen Bezirksamt Altona ein,
wie ein Sprecher des Amtes mitteilte.
Konsumenten kaufen auf illegalem Markt
Für die Hamburger Polizei ist klar, dass der private Anbau
beziehungsweise die wenigen Anbauvereinigungen bei Weitem nicht den
tatsächlichen Bedarf der Konsumenten decken. Das bedeutet nach den
Worten von Schaefer: «Wer Cannabis konsumieren will, beschafft es
sich weiterhin auf dem illegalen Markt.» Allerdings lasse sich der
gewerbsmäßige illegale Handel nun noch schwer nachweisen, weil der
Besitz legalisiert worden sei.
Fast 100 Bußgeldbescheide
Die Polizei hat seit der Teillegalisierung nicht weniger als vorher
zu tun. Insbesondere die Einhaltung der zulässigen Cannabis-Mengen
und der Schutzzonen zu überwachen, beschert den Beamten viel Arbeit.
Bis Mitte März wurden in Hamburg 97 Bußgeldbescheide wegen
Ordnungswidrigkeiten erlassen. In den meisten Fällen konsumierten die
Betroffenen Marihuana oder Haschisch in der Nähe von Schulen oder
Kinderspielplätzen oder hatten etwas mehr als die erlaubten 25 Gramm
bei sich.
Bis 30 Gramm gilt das noch als Ordnungswidrigkeit. Liegt die Menge
darüber, ist es eine Straftat. Die Bußgeldstelle der Innenbehörde
kassierte insgesamt 12.251 Euro.
Mehr Personal und erhebliche Kosten durch Teillegalisierung
Für die Umsetzung des Konsumcannabisgesetzes benötigt Hamburg
zusätzliches Personal: Allein für das laufende Jahr hat der Senat im
Haushalt 1,7 Millionen Euro veranschlagt, mit denen mehr als 23
Stellen bei Innen- und Justizbehörde sowie im Bezirksamt Altona
finanziert werden sollen. Außerdem wird mit jährlichen Sachkosten in
Höhe von knapp 400.000 Euro geplant - etwa für die Miete zusätzlicher
Räumlichkeiten.
Bis Februar waren nach Senatsangaben schon fast zwei Drittel der
Stellen besetzt oder in der Besetzung. «Darüber hinaus haben die
bisherigen Fallzahlen es nicht erforderlich gemacht, im Bereich der
Bußgeldstelle der Behörde für Inneres und Sport zusätzliche Stellen
auszuschreiben», heißt es in einer Antwort auf eine Schriftliche
Kleine Anfrage der CDU aus dem Februar. Dort waren vier Stellen
vorgesehen. Von den 10,5 Soll-Stellen beim Bezirksamt Altona waren
den Angaben zufolge 6,5 besetzt.
Noch keine Einsparungen durch neues Gesetz absehbar
Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang durch das neue Gesetz bei den
Strafverfolgungsbehörden und der Justiz auch Einsparungen entstehen,
konnte der Senat «auch im Wege der Schätzung nicht belastbar» sagen.
Das Bundesgesundheitsministerium war im Gesetzgebungsverfahren von
einer Kosteneinsparung von bundesweit mehr als einer Milliarde Euro
pro Jahr ausgegangen - davon 800 Millionen bei den
Strafverfolgungsbehörden, 220 Millionen bei Gerichten und 35
Millionen bei den Justizvollzugseinrichtungen.
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