Pfleger als Herr über Leben und Tod - Prozessbeginn Von Petra Albers und Christoph Driessen, dpa

Er soll seinen Opfern tödliche Überdosen von Schmerz- und
Beruhigungsmitteln gespritzt haben. In Aachen hat ein Prozess gegen
einen Krankenpfleger mit schockierenden Vorwürfen begonnen.

Aachen (dpa) - Er schwang sich laut Anklage zum «Herrn über Leben und
Tod» auf: Ein Krankenpfleger soll in einer Klinik in Würselen
reihenweise Patienten mit tödlichen Injektionen ermordet haben.
Motiv: Er habe in seinen Nachtschichten «möglichst wenig
Arbeitsaufwand» haben wollen. «Er sprach den Patienten das
Lebensrecht ab», sagt Staatsanwalt Marius Saalmann zu Beginn des
Prozesses vor dem Landgericht Aachen. 

Der Deutsche ist wegen neunfachen Mordes und 34-fachen Mordversuchs
angeklagt. Alle Taten soll er innerhalb weniger Monate begangen
haben, zwischen Ende Dezember 2023 und Mai 2024. Laut Anklage soll er
Patienten auf der Palliativ-Station stark sedierende Medikamente
gespritzt haben, teils in Kombination mit Schmerzmitteln und in
einigen Fällen mehrfach. Das habe in neun Fällen zum Tod der
Patienten geführt.

Angeklagter verfügt über herausragendes fachliches Wissen

Der stark tätowierte Angeklagte im grauen Sweat-Shirt verfolgt die
Ausführungen des Staatsanwalts aufmerksam und äußerlich ungerührt.

Angaben vor Gericht will er zunächst nicht machen.

Im Jahr 2007 hatte der Mann seine Ausbildung als Gesundheits- und
Krankenpfleger abgeschlossen, arbeitete dann in verschiedenen
Krankenhäusern. Auf der Palliativ-Station des Rhein-Maas Klinikums
Würselen sei der Angeklagte, der über ein herausragendes fachliches
Wissen verfüge, auf eigenen Wunsch ausschließlich im Nachtdienst
eingesetzt worden, schildert der Staatsanwalt. 

Lustlos und ohne Motivation bei der Arbeit

Seine Arbeit habe der Pfleger ohne Empathie und mit teils
unangemessenem Verhalten den Patienten gegenüber erledigt, lustlos
und ohne Motivation. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung habe er
von sich «ein Selbstbild der Überlegenheit» gegenüber Kollegen und

Ärzten gehabt und sich nicht an ärztliche Anweisungen gehalten. «Er
fühlte sich von den todkranken Patienten und ihren Bedürfnissen
genervt und gestört», sagt Saalmann. «Für ihn waren sie nur zum
Sterben auf der Palliativ-Station.»

 

Deshalb habe er seinen Opfern lebensbedrohliche Injektionen
verabreicht - entweder als sie schliefen oder in wachem Zustand unter
Ausnutzung ihres Vertrauens. «Dann verließ er das Krankenzimmer und
überließ die Patienten sich selbst.» Als Mordmerkmale sieht die
Staatsanwaltschaft niedrige Beweggründe und Heimtücke. Die
Ermittlungen waren durch einen Hinweis der Klinik ins Rollen
gekommen.

Patienten verfielen in Koma, aus dem sie nicht mehr erwachten

In schneller Folge rattert Saalmann die einzelnen Fälle herunter.
Einem 69-jährigen Parkinson-Patienten zum Beispiel soll der
Angeklagte mehrfach auf eigene Faust ein starkes Schlafmittel und
nicht indiziertes Morphin verabreicht haben. «Er verfiel in einen
komatösen Zustand, aus dem er nicht erwachte, und den der Angeklagte
durch die andauernde Vergabe der Mittel aufrechterhielt» - bis die
letzte Dosis schließlich zum Tod geführt habe.

«Wir haben es hier mit einem umfangreichen Verfahren und einer
Vielzahl von Fällen zu tun», sagt der Vorsitzende Richter Markus
Vogt. «Aber es geht auch um Strukturen und allgemeine
Zusammenhänge.» 

Prozess soll den Angehörigen Gewissheit geben

In dem zunächst bis Juni terminierten Prozess werden neben
medizinischen Sachverständigen voraussichtlich Dutzende Zeugen
gehört, vor allem frühere Kollegen und Vorgesetzte des Angeklagten.
Zudem gibt es mehrere Hinterbliebene, die als Nebenkläger zu Wort
kommen sollen. Letztlich solle der Prozess «den Angehörigen die
Unsicherheit nehmen, was geschehen ist», sagt der Richter.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt unterdessen weiter und nimmt nach
Angaben einer Sprecherin nun die früheren beruflichen Stationen des
Angeklagten unter die Lupe. Unter anderem hatte der Pfleger in den
städtischen Kliniken Köln gearbeitet. Möglicherweise könnte der Fal
l
also noch größere Dimensionen annehmen.

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