Ein Jahr legal kiffen: Was hat sich in Berlin getan?

Seit fast einem Jahr können Erwachsene in Deutschland legal einen
Joint rauchen. Im ersten Jahr der Cannabis-Legalisierung hat sich in
Berlin einiges getan. Ein Überblick.

Berlin (dpa/bb) - Vielleicht riecht es etwas häufiger nach Gras,
ansonsten bekommt man auf Berlins Straßen und Plätzen auch nach einem
Jahr nicht viel von der Cannabis-Legalisierung mit. Zur Erinnerung:
Seit dem 1. April 2024 dürfen Erwachsene bis zu 25 Gramm Cannabis in
der Öffentlichkeit mit sich führen, bis zu 50 Gramm in ihrer Wohnung
aufbewahren und bis zu drei Cannabis-Pflanzen privat anbauen. Und
seit dem 1. Juni können Cannabis-Anbauvereinigungen an den Start
gehen. Sie bauen gemeinschaftlich Gras an und geben es zum
Eigenkonsum an ihre Mitglieder ab. Eine Bilanz:

Wie viele Berliner bauen in ihren Wohnungen und Gärten selbst an?

Das ist schwer zu sagen, denn der private Anbau ist nicht
meldepflichtig. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts
YouGov haben seit der Legalisierung sieben Prozent der erwachsenen
Bevölkerung in Deutschland Cannabis-Samen für den privaten Eigenanbau
gekauft. Die Umfrage ist allerdings von April 2024.

Georg Wurth, Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbands schätzt, dass

der Eigenanbau seit dem Inkrafttreten des Gesetzes erheblich
gestiegen ist. «Insbesondere im Frühjahr letzten Jahres gab es bei
allen bekannten Cannabis-Samenbanken Lieferschwierigkeiten.»

Deborah Reich kann das bestätigen. «Letztes Jahr im April war die
Nachfrage extrem hoch», sagte Reich, die einen Online-Shop und in
Berlin auch zwei Läden für CBD-Produkte betreibt (Cannabidiol). Seit
der Legalisierung bieten Reich und ihre Kollegen auch Samen und
Cannabis-Stecklinge an.

«Ich glaube, dass es letztes Jahr unheimlich viele Menschen gab, die
es einfach mal ausprobieren wollten.» Inzwischen habe die Nachfrage
nachgelassen. Sie glaube nicht, dass es nochmal einen riesigen Boom
geben werde, sagt Reich.

Wie läuft es bei den Anbauvereinigungen?

In Berlin haben bisher fünf Vereine eine Anbaugenehmigung erhalten,
wie das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) mitteilte. 21
Anträge seien noch in Bearbeitung. Eine Sprecherin sagte, dass in
diesem Jahr mit weiteren Zulassungen zu rechnen sei. 

Während andere noch warten, gedeihen die Pflanzen der Green Leaf
Society schon prächtig. Der Verein hat als erster in Berlin eine
Genehmigung erhalten und im Januar zum ersten Mal Gras an seine
Mitglieder ausgegeben. Er hat 100 Mitglieder, will sich aber bald
vergrößern. «Nachdem wir alle Anbauparameter optimal eingestellt
haben, können wir nun jeden Monat eine kleine, aber feine Ernte
einfahren», sagte Vorstandsvorsitzende Jana Halbreiter. Im
Durchschnitt erhalte ein Mitglied pro Monat 15 Gramm pro Monat. 

Manche benötigen 50 Gramm - das ist das gesetzliche Maximum - aber
auch kleine Mengen von 3 bis 5 Gramm seien möglich. Damit wolle man
auch Gelegenheitskonsumenten erreichen, die ihr Gras sonst von ihrem
Dealer im Görlitzer Park bekämen, erklärte Halbreiter.

Der Verein White Lake Weed aus Weißensee hat im Januar eine
Genehmigung erhalten, aber noch nicht mit dem Anbau begonnen.
Vorstandsvorsitzender Mario Gäde hofft, im Sommer die erste Ernte für
die bislang 100 Mitglieder einzufahren. Ein Gramm soll laut Plan 7
Euro kosten. «Das ist ein absolutes Konkurrenzprodukt zum
Schwarzmarkt.» Beim Dealer koste das Gramm im Schnitt 10 Euro, sagte
Gäde.

Wird weniger illegal gedealt?

Bisher scheint es noch nicht gelungen zu sein, den illegalen Handel
einzudämmen. Der Schwarzmarkt ist nach Einschätzung der Polizei
bisher nicht reduziert worden. 

«Die Teillegalisierung hat nach unserer Bewertung bislang den
Schwarzmarkt rund um Cannabis nicht zurückdrängen können, er scheint

eher zu florieren», sagte die Berliner Polizeipräsidentin Barbara
Slowik Meisel vor wenigen Tagen bei einer Pressekonferenz. Das liege
wohl auch daran, dass bislang nur wenig legales Cannabis verfügbar
sei.

Wie wirkt sich die Legalisierung auf die Zahl der registrierten
Straftaten aus?

2024 zählte die Polizei 14.446 Rauschgiftdelikte - der niedrigste
Stand seit zehn Jahren. Im Zusammenhang mit Cannabis erfasste die
Polizei 1.227 Fälle von Verstößen, davon betrafen rund 600 Fälle de
n
verbotenen Handel. In früheren Jahren ging es etwa bei der Hälfte der
Drogenfälle in der Kriminalstatistik um Cannabis, also um Marihuana
und Haschisch. 2023 waren das rund 8.700 Delikte.

Slowik Meisel führt die Entwicklung im Jahr 2024 auf die
Teillegalisierung zurück. Kleinere Mengen von Marihuana, die die
Polizei bei Menschen entdeckt, führen nicht mehr zu einer
Strafanzeige und einem Fall in der Statistik.

Machen sich gesundheitliche Folgeschäden bemerkbar?

Psychiater befürchten, dass die Zahl der Psychosen durch die
Gras-Legalisierung steigt. «Ich erlebe in meiner Ambulanz genau den
Effekt, den ich befürchtet hatte: dass viele Patientinnen und
Patienten, die sowieso schon betroffen sind, in den letzten Monaten
eine Zunahme des Substanzkonsums angeben», sagte Stefan Gutwinski,
Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der
Charité. 

Aus psychiatrischer Perspektive sei der Einführung von Cannabis
insgesamt kaum etwas Positives abzugewinnen, weil es eine schädliche
Substanz sei, die Jugendliche und viele seiner Patienten und
Patientinnen schädige. Dass Cannabis besonders den noch nicht
ausgereiften Gehirnen Jugendlicher schadet, haben Studien schon
mehrfach gezeigt. 

Minderjährige unter 18 Jahren dürfen Cannabis weder besitzen, rauchen
noch anbauen. Der Konsum ist zudem in der Nähe von Kindern und
Jugendlichen, Schulen, Spielplätzen und anderen Jugendeinrichtungen
verboten.

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