10.682 Fälle von Alterskriminalität in Hessen im Jahr 2024 von Lukas Fortkord, dpa

Senioren hinter Gittern: Verbrechen von älteren Menschen sind
vergleichsweise selten. Doch sie passieren. Hessens Gefängnisse
passen sich bereits an.

Frankfurt/Main/Wiesbaden (dpa/lhe) - Kriminalität ist kein typisches
Phänomen bei älteren Menschen. Doch immer wieder werden Fälle publik,

bei denen auch sie gewalttätig werden. Was bringt sie dazu und wie
viele ältere Straftäter gibt es in Hessen?

«Also zur Beruhigung kann man direkt sagen, dass ältere Menschen
nicht besonders kriminell sind, sondern im Gegenteil», sagt Sebastian
Sobota, stellvertretender Direktor der Kriminologischen Zentralstelle
in Wiesbaden. Eine bestimmte Tat für Ältere kristallisiere sich nicht
heraus, sagt Sobota. «Was es aber gibt, das sind Häufungen in
bestimmten Deliktsfeldern.» Die häufigste Tat sei Diebstahl und das
gelte auch bei älteren Menschen. 

Das lasse sich oftmals in Zusammenhang mit Altersarmut bringen. «Also
das gibt es durchaus, dass ältere Menschen am Monatsende schlicht das
Geld ausgeht und sie tatsächlich dann auch für den normalen
Lebensunterhalt klauen», erläutert der Kriminologe. Oft würden zudem

Beleidigungen sowohl im Internet als auch auf offener Straße
registriert.

Kapitaldelikte stellen dagegen die Ausnahme dar: «Mord und Totschlag
gehören nicht zu den häufigen Delikten, was schon daran liegt, dass
das insgesamt unheimlich seltene Ereignisse sind», sagt Sobota. 

Einige ältere Menschen in Hessen in Haft

Und doch gibt es die Fälle, in denen Menschen, die sich eigentlich
ihr Leben lang an Recht und Gesetz gehalten haben, doch kriminell
werden. Erst kürzlich wurde ein 81-Jähriger in Oberursel
festgenommen. Er steht in Verdacht, seinen Sohn und seine Frau
getötet zu haben. 

Nach Angaben des Innenministeriums waren in den hessischen
Gefängnissen zum Stichtag 19. März 118 Menschen über 65 Jahre
inhaftiert. In der Polizeilichen Kriminalstatistik für Hessen wurden
im Jahr 2024 10.682 Fälle registriert, bei denen die Tatverdächtigen
zum Zeitpunkt der Tatbegehung das 65. Lebensjahr bereits vollendet
hatten. Im Jahr 2023 bewegte sich die Zahl der Fälle mit 10.474
Fällen auf einem etwas niedrigeren Niveau.

Die häufigsten Delikte waren 2024 demnach: 

* unerlaubter Aufenthalt ohne unerlaubte Einreise
* Ladendiebstahl
* einfache Körperverletzung
* Beleidigung
* Bedrohung

Ältere Menschen sind nach Angaben von Wissenschaftler Sobota eher
unterrepräsentiert in der Kriminalstatistik. Nur etwa sieben Prozent
der Tatverdächtigen seien Menschen über 60 Jahren bei etwa 15 Prozent

Anteil an der Bevölkerung, wobei in einer alternden Gesellschaft
beides ansteige. In der polizeilichen Kriminalstatistik wird
normalerweise ab 60 Jahren von Alterskriminalität gesprochen. 

Gefängnisse stellen sich auf ältere Häftlinge ein

Mit einer alternden Gesellschaft gibt es auch Herausforderungen bei
der Unterbringung von Häftlingen. Diese werden laut Ministerium im
hessischen Justizvollzug durch verschiedene Vorkehrungen
berücksichtigt. «Bei allen Neubau- und Umbaumaßnahmen werden, soweit

es möglich ist, barrierefreie Hafträume vorgesehen», heißt es etwa.

Im Einzelfall könnten älteren Häftlinge etwa spezielle Betten,
orthopädische Hilfsmittel oder ergo- und physiotherapeutische
Maßnahmen angeboten werden. 

Die JVA Schwalmstadt verfüge über eine eigene Abteilung, die auf die
Bedürfnisse älterer Menschen ausgerichtet sei. «Dort können geeigne
te
männliche Gefangene ab dem 55. Lebensjahr untergebracht werden,
sofern sie der dort vorgehaltenen besonderen Hilfen bedürfen»,
erklärt eine Ministeriumssprecherin. Dazu zählten unter anderem ein
altersspezifisches Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungskonzept
sowie soziale Kontaktmöglichkeiten im Rahmen von Besuchs- und
Telefonangeboten.

Verbrechen im Alter bleibt selten

Der stellvertretende Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in
Wiesbaden betont: Bei der Mehrheit der registrierten Taten älterer
Täter handele es sich um Erstdelikte, insbesondere bei den schweren
Fällen. Da gebe es keine kriminelle Karriere oder Vorgeschichte,
sondern es handele sich mitunter um Verzweiflungstaten. Wenn etwa
«jemand nach langfristiger Pflege des Ehepartners mit den Kräften am
Ende ist und keine andere Möglichkeit mehr sieht».

Für manche Straftäter im Alter stelle der Wechsel in die Rente einen
Umbruch und Auslöser dar. Dabei gehe Struktur verloren, «weil man
eben nicht mehr diesen geregelten Tagesablauf hat». Es fehle
vielleicht auch ein Sinn im Leben, den viele mit der Arbeit verbinden
und dann könne ein Vakuum entstehen. Dieser Übergang könne mitunter
schiefgehen.

Oftmals würden zudem die finanziellen Verhältnisse zur
Straffälligkeit treiben, wenn Menschen merkten, «die Rente ist aber
doch deutlich weniger, als man sich das vorgestellt hat oder es
reicht eben nicht mehr für den gewohnten Lebensstandard», sagt
Sobota.

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