Streit um Strafgebühr für versäumte Arzttermine

Für Kassenpatienten ist es oft schwierig, an Facharzttermine zu
kommen. Andere lassen Termine sausen. Können finanzielle Sanktionen
da etwas ändern?

Berlin (dpa) - Angesichts langer Wartezeiten in vielen Praxen fordern
Ärzte erneut Strafgebühren für Patienten, die gebuchte Termine
platzen lassen. Der Sprecher des Bundesverbandes der Kinder- und
Jugendärzte, Jakob Maske, sagte der «Bild»: «Es ist nicht mehr zu

akzeptieren, dass Patienten Termine verbindlich vereinbaren und diese
nicht wahrnehmen.» So nähmen sie anderen Termine weg. Um Patienten zu
sensibilisieren, wäre «ein Ausfallhonorar von bis zu 100 Euro, je
nach Länge des vorgesehenen Termins, erforderlich.» Von
Patientenschützern, Kassen und Gewerkschaften kam scharfer
Widerspruch.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen warnte vor einem
«beschämenden Überbietungswettbewerb, wer kranken Menschen am meisten

Geld abnehmen möchte». Alltagserfahrungen der Patientinnen und
Patienten seien vielmehr volle Wartezimmer, in denen trotz eines
Termins lange gewartet werden müsse, sagte Sprecher Florian Lanz der
Deutschen Presse-Agentur. 

Ärzte: Bis zu 20 Prozent der Termine platzen

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas
Gassen, sagte indes der «Bild»-Zeitung, mittlerweile würden zehn bis

20 Prozent der gebuchten Termine nicht mehr wahrgenommen. Er forderte
eine Ausfallgebühr für Patienten «in Höhe von 10 bis 20 Euro, die
heutzutage in fast allen Lebensbereichen üblich ist». Diese Gebühr
für das Nichterscheinen von Patienten sollte von den Krankenkassen zu
zahlen sein, sagte Gassen. 

Lauterbach lehnt Strafgebühr ab

Ärzte-Vorstöße zu Strafgebühren wegen ungenutzter Termine sind
bereits mehrfach aufgekommen, zuletzt im Herbst. Die Ablehnung ist
aber weiterhin breit. Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister
Karl Lauterbach (SPD) nannte es «unvorstellbar, dass gerade ärmere
Eltern 100 Euro bezahlen, wenn sie einen Arzttermin mit ihrem Kind
nicht wahrnehmen können». Das wichtigste Problem sei nicht, dass
Patienten Termine nicht wahrnehmen - sondern, dass sie keine Termine
bekämen oder sehr lange auf Termine warten müssten.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erläuterte, schon heute
verlangten Praxen Strafgebühren für ausgefallene Termine. «Sollte das

flächendeckend umgesetzt werden, müssen Gegenmaßnahmen ergriffen
werden», sagte Vorstand Eugen Brysch. «Für ärztlich abgesagte Termi
ne
sind Patienten und Krankenkassen dann Ausfallgebühren zu erstatten.»
DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel warnte vor einem Generalverdacht und
sagte: «Niemand braucht neue Maßnahmen zulasten der Versicherten mit
noch mehr Bürokratie.»

Kommen Lösungen für weniger Wartezeiten?

Der Kassen-Spitzenverband forderte eine ernsthafte Debatte über eine
bessere Steuerung - also wie Patienten so schnell wie es ihre
Erkrankung erfordert zum richtigen Arzt oder ins richtige Krankenhaus
kommen. «Wir brauchen keine Diskussion darüber, dass eine junge
Mutter, die es mit ihrem kranken Kind nicht rechtzeitig zu ihrem
Kinderarzt schafft, auch noch 100 Euro Strafe zahlen muss», sagte
Sprecher Lanz. Patientenschützer Brysch forderte zudem eine
systematische Überprüfung der Präsenzzeiten der Vertragspraxen. «Au
ch
ist sicherzustellen, dass zu dieser Zeit keine Privatpatienten
behandelt werden.»

In den laufenden Koalitionsverhandlungen von Union und SPD hatte sich
die Arbeitsgruppe Gesundheit damit befasst, dass gesetzlich
Versicherte oft nur schwer an Facharzttermine kommen. Die AG schlug
ein «verbindliches Primärarztsystem» vor. Hausärzte sollen erste
Anlaufstellen sein und Patienten bei Bedarf an Fachpraxen
weiterleiten. Union und SPD versprechen sich von den Maßnahmen eine
schnellere Terminvergabe und eine zielgerichtetere Versorgung.
Lauterbach sagte, es brauche eine «Termingarantie».

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