Über 1.200 Pflegeeinrichtungen insolvent oder geschlossen
Der Pflegebedarf in Deutschland wächst. Dennoch geraten viele
Anbieter in finanzielle Not. Warum ist das so und was könnte helfen?
Berlin (dpa) - In Deutschland geraten immer mehr Pflegeheime und
-dienste in finanzielle Not. So wurden seit Anfang vergangenen Jahres
nach einer Erhebung des Arbeitgeberverbands Pflege bei 1.264
Pflege-Einrichtungen Insolvenzen oder Schließungen bekannt, wie
Verbandsgeschäftsführerin Isabell Halletz der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin sagte. «Das macht uns große Sorgen, weil
trotz wachsenden Bedarfs etliche Pflegeplätze wegbrechen.»
Für Schlagzeilen sorgte zuletzt der Fall des Pflegekonzerns Argentum.
Dessen vier Holdinggesellschaften hatten am 1. April Insolvenz in
Eigenverwaltung beim Amtsgericht Bad Homburg beantragt, wie mehrere
Medien berichteten.
«Heimsterben geht weiter»
Tatsächlich dokumentierte der Arbeitgeberverband Pflege bereits
Anfang vergangenen Jahres in einer eigens erstellten
«Deutschlandkarte Heimsterben», wie stark die Branche unter Druck
steht. Über 800 Insolvenzen oder Schließungen in der Altenpflege
zählte der Verband demnach 2023. Verbandspräsident Thomas Greiner
sagte damals: «Und das Heimsterben geht weiter, egal ob
familiengeführtes Pflegeheim, kirchliche Sozialstation oder
leistungsstarkes Pflegeunternehmen.»
Reform blieb aus
Argentum verweist bei den Problemen, mit denen man sich konfrontiert
sehe, auf die Herausforderungen der gesamten Branche - «wie
Fachkräftemangel, steigenden Betriebskosten, bürokratischen Hürden
und unzureichender Finanzierung». Angesichts der wachsenden Probleme
und des immer größer werdenden Pflegebedarfs in der alternden
Gesellschaft hatte der noch amtierende Gesundheitsminister Karl
Lauterbach (SPD) im Herbst eine Pflegereform angekündigt. Auf den Weg
kamen Verbesserungen vor dem Bruch der Ampel-Koalition aber nicht
mehr.
Mangelnde Zahlungsmoral der Kassen
Verbandsgeschäftsführerin Halletz macht als Hauptursache für die
finanzielle Schieflage vieler Pflegeanbieter mangelnde Zahlungsmoral
der Kassen verantwortlich. Die Leistungen der Heime und Dienste
würden meist nicht zeitnah bezahlt. «Das türmt sich bei den
Pflegeunternehmen zu sechs- bis siebenstelligen Summen auf», sagte
Halletz. Klamme Kassen sanierten sich auf Kosten von Pflegeanbietern.
«Die Pflegeunternehmen werden als Bank der Kassen missbraucht», sagte
Halletz.
Lange dauere es auch bei den Sozialämtern, die bei bedürftigen
Menschen für die Eigenanteile einspringen - aber oft erst nach
monatelanger Wartezeit, wie Halletz kritisierte. «Die Anbieter
erbringen also Leistungen, die zunächst gar nicht finanziert werden -
das trifft auch größere Unternehmen.»
Branche hofft auf neue Regierung
Gefragt seien nun die Parteien, die derzeit über die nächste
Regierung in Deutschland verhandeln. «Der Abbau von Strukturen sollte
ein großes Warnzeichen an die Politik sein», mahnte Halletz. Die
Pflegeunternehmen müssten gestärkt werden. Gegenüber den Pflegekassen
dürften sie nicht mehr «wie Bittsteller» auftreten müssen, forderte
die Verbandsmanagerin. Laut Statistischem Bundesamt hatte es zuletzt
11.250 Pflegeheime mit vollstationärer Dauerpflege und 15.549
ambulante Pflegedienste in Deutschland gegeben.
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