Das bleiche Gemüse ist wieder da - Spargel-Mythen und Fakten Von Annett Stein, dpa

Spargel ist eines der letzten Gemüse, das nur saisonal im Angebot
ist. Umso mehr sehnen viele die Erntezeit herbei. Spargel bedeutet
aber auch gigantische Flächen voller monotoner Folienreihen.

Berlin (dpa) - Die ersten Stangen Spargel sind in dieser Saison
längst gestochen. Beheizte Flächen ermöglichen hierzulande eine frü
he
Ernte - die im Supermarkt ihren Preis hat. Der größte Teil des
deutschen Spargels wird erst zwischen Ende April und dem 24. Juni
(Johanni) geerntet, wie es beim Bundesinformationszentrum
Landwirtschaft (BZL) heißt.

Ist es dem Spargel zu trocken?

Eher nein. Dass die oberen Bodenschichten durch den schon seit Wochen
ausbleibenden Regen ziemlich ausgetrocknet sind, macht dem oft
mehrere Meter tief wurzelnden Spargel nicht arg viel aus. Noch sei
ausreichend Feuchtigkeit im Boden, hieß es von der
Landwirtschaftskammer in Niedersachsen, das von der Trockenheit
aktuell besonders stark betroffen ist.

Ist der Spargel der Deutschen liebstes Gemüse?

So will man bei all der Vorfreude gern meinen, doch gegen ganzjährig
verfügbare Agrarprodukte wie Tomaten und Möhren kommt der Spargel
nicht an. Immerhin aber war er mit gut 22.800 Hektar auch 2024 das
Gemüse mit der größten Anbaufläche in Deutschland vor Speisezwiebel
n
und Karotten. Die Fläche entspricht rund 18 Prozent der bundesweiten
Anbaufläche von Gemüse im Freiland.

Wie schon in den beiden Jahren zuvor lag der Pro-Kopf-Verbrauch von
frischem Spargel in Deutschland 2024 bei 1,2 Kilogramm, wie es bei
der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) heißt. Nach

Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) wurden im vergangenen
Jahr bundesweit rund 108.100 Tonnen Spargel geerntet, vor allem in
Niedersachsen, Brandenburg und Bayern.

Ein Teil des hierzulande verzehrten Spargels stammt nicht von
heimischen Feldern, sondern aus dem Ausland, vor allem aus
Griechenland, Spanien und Italien sowie Mexiko und Peru.

Grün oder weiß - was ist der Unterschied?

Was wir essen, sind die im Frühling aus der Wurzel wachsenden jungen
Triebe des Gemüsespargels mit dem Fachnamen Asparagus officinalis,
auch Gemeiner Spargel genannt. Zwar werden für weißen und grünen
Spargel meist unterschiedliche Sorten verwendet, die Ursache der
Färbung liegt aber in der Anbaumethode: Beim weißen Spargel wachsen
die Spitzen ohne Sonnenlicht in angehäuften Erdwällen. Die Stangen
werden meist schon gestochen, sobald ihre Köpfe die Erde leicht
anheben und Risse entstehen. Grüner Spargel hingegen darf das
Frühlingslicht genießen, er wächst überirdisch bei ebenem Boden. Da
s
Sonnenlicht lässt in den Sprossen den grünen Pflanzenfarbstoff
Chlorophyll entstehen.

Grüner Spargel wird einfach oberirdisch abgeschnitten, sobald er weit
genug aus der Erde schaut. Beim weißen Spargel müssen Erntehelfer
Stange für Stange aus der Erde stechen, Maschinen dafür gibt es
nicht. Ein penibler Blick ist nötig: Schaut der Kopf ins Licht, färbt
er sich rasch violett - was Verbraucher nicht mögen.

Die Bundesbürger verzehren überwiegend den recht mild schmeckenden
weißen Spargel, international kommt eher grüner Spargel auf den
Tisch. Sein Aroma ist würziger und intensiver. Und: Weißen Spargel
muss man komplett schälen, grünen Spargel nur im unteren Drittel,
wenn überhaupt.

Bei beiden Varianten kommt es auf Frische an: «Sobald Spargel
gestochen ist, verliert er stündlich an Frische, Aroma, Zartheit und
Geschmack», heißt es beim Informationszentrum BZL. «Am leckersten und

besten ist der Spargel, der noch am Tag der Ernte verspeist wird.»

Wie gesund ist Spargel?

Untersuchungen etwa des niedersächsischen Landesamtes Laves zeigen
regelmäßig, dass Spargel generell vergleichsweise wenig mit
Pestiziden und Düngemittelrückständen belastet ist. Rückstände we
rden
vor allem bei importiertem Spargel nachgewiesen. Zwar werden auch bei
Spargelpflanzen häufig Pestizide eingesetzt, aber oft vor allem nach
der Erntesaison. Sie belasten dann Umwelt und Natur, den Spargel in
der Gemüsetheke aber weniger. Eine umweltschonendere Alternative ist
Bio-Spargel.

Wie Gurken und viele Blattsalate besteht auch Spargel aus richtig
viel Wasser. Er hat also nur wenige Kalorien. Spargel enthält wie
andere Gemüse gesunde Substanzen wie Vitamin C, Mineralien und
sekundäre Pflanzenstoffe. Grüner Spargel hat etwas mehr Vitamin C zu
bieten als weißer. Im Spargel enthaltene Substanzen wie Asparagin und
Kalium regen die Nierentätigkeit an und haben entwässernde Wirkung.

Kann ich mit Blick auf Umwelt, Klima und Natur beherzt zugreifen?

Gerade, wenn man den geringen Nährwert bedenkt: eher nicht. Das gilt
wegen der langen Transportwege erst recht für Import-Spargel und für
hierzulande für eine frühe Ernte auf beheizten Feldern angebauten.

Positiv schlägt zu Buche, dass das Gemüse oft regional vermarktet
wird: In Baden-Württemberg ist zum Beispiel Schwetzinger Spargel
populär, in Berlin und Brandenburg ist es der Beelitzer, in Bayern
Schrobenhausener, in Nordrhein-Westfalen Münsterländer.

Allerdings ist der einheimische Spargel fast immer Folienspargel:
Lange Folien auf den Erdwällen verwandeln die Felder monatelang in
gigantische Plastikwüsten. Umweltexperten bemängeln die immensen
Mengen an Plastikmüll, und dass solche versiegelten, komplett von
allem anderen Bewuchs freigehaltenen Folienwüsten als Lebensraum etwa
für Vögel und Insekten wegfallen.

Mit den Folien wird die Temperatur des Bodens und damit das Wachstum
des Spargels gesteuert: Zeigt die schwarze Seite nach oben, erwärmt
sich der Boden darunter schneller und regt den Austrieb an. Die weiße
Seite hält die Bodentemperatur niedrig und verzögert das Wachstum.

Vom Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) heißt es, die
verwendeten Folien seien zumindest keine Einmalprodukte, sondern
hielten in der Regel jahrelang. «Nichtsdestotrotz ist nicht von der
Hand zu weisen, dass dadurch enorme Mengen an Plastikmüll anfallen.»

Optimale Lösung aus ökologischer Sicht wäre es, Spargelstangen -
ebenso wie Erdbeeren - nur dann zu kaufen, wenn sie hier
natürlicherweise Saison haben und aus regionalem Anbau ohne Folien
stammen, gibt das BZL zu bedenken. Hauptsaison für Spargel ist in
Deutschland demnach erst im Mai und Juni. Doch viele Verbraucher
wollten möglichst früh und möglichst perfekten Spargel. Und: «Für
die
Betriebe ist das reizvoll, denn die ersten am Markt erzielen für
gewöhnlich die besten Preise.»

Warum ist Spargel überhaupt so teuer?

Vor allem, weil Erntehelfer in mühsamer Handarbeit jede Stange
einzeln aus den Erddämmen stechen müssen. Der Spargel wird in Körben

gesammelt, das Erdloch geschlossen und der Damm mit einer Kelle
wieder geglättet. Eine Spargelstaude bleibt nur sieben bis zehn Jahre
ergiebig - und neu gepflanzte Exemplare liefern erst nach drei Jahren
den vollen Ertrag.

Zudem endet die Saison in unseren Breiten traditionell am 24. Juni,
auch wenn die Stangen natürlich danach weiter sprießen: Die Pflanzen
müssen sich vom ständigen Zurückschneiden erholen, um auch im
nächsten Jahr wieder guten Ertrag zu bringen. Sie treiben nach dem
Erntestopp zu fein verzweigtem, etwa anderthalb Meter hohem
Spargelkraut aus und können somit wieder Energie in die Wurzeln
bringen.

Warum schmeckt Spargel manchmal bitter oder holzig?

Nach der Ernte wird sehr schnell ein Enzym aktiviert, welches -
beginnend am unteren Ende - das Zäh- und Holzigwerden der Stangen
einleitet, wie die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
(BLE) erklärt. Verzögern lasse sich das durch niedrige Temperaturen:
Direkt nach der Ernte werde der Spargel in Eiswasser gekühlt. Auch
daheim sollte das Gemüse, eingehüllt in feuchte Tücher, im kühlen
Teil des Kühlschranks aufbewahrt werden.

Bitter schmeckt Spargel, wenn er zu nah an der Wurzel gestochen
wurde. Ursache von Bittergeschmack besonders am unteren Stangenende
können zudem bei Stress entstehende Saponine sein, wie die BLE
erklärt. Solcher Wachstumsstress, der bei hoher Dammtemperatur und
relativ kühler Temperatur des Unterbodens oder bei schnellen
Temperaturwechseln entsteht, führe zudem zu hohlen Stangen.

Die Römer waren's!

Die Heimat von Asparagus officinalis sind der BLE zufolge die
Salzsteppen und sandigen Meeresdünen in Osteuropa, Vorder- und
Mittelasien. Seit dem 2. Jahrhundert vor Christus sind demnach
Anbauanleitungen bei den Römern bekannt. «Sie schätzten Spargel als
Gemüse- und Heilpflanze und brachten ihn auch in Länder nördlich der

Alpen.» In Deutschland wuchs die Staude zunächst wohl vor allem in
Klostergärten. Seinen Siegeszug in den Küchen begann der Spargel ab
Ende des 19. Jahrhunderts.

«Heute wird er in fast allen Ländern des gemäßigten und warmen Klim
as
angebaut», so die Bundesanstalt. Weltweit werden demnach jährlich
etwa 8,5 Millionen Tonnen erzeugt, vor allem in China, mit Abstand
gefolgt von Peru, Mexiko, Deutschland, Spanien, Italien und den USA.

Wirkt Spargel aphrodisierend?

Spargel wird oft als Aphrodisiakum angepriesen. Zwar tun die
gesundheitsfördernden Stoffe des Gemüses generell auch der sexuellen
Gesundheit wohl. Der seit Jahrhunderten gängige Ruf als potenzielles
Aphrodisiakum ist aber Experten zufolge wohl vor allem auf das
phallusähnliche Aussehen zurückzuführen.

Hui auf dem Teller, Igitt auf dem Klo

Spargelurin kann heftig stinken. Verantwortlich ist ein Enzym, das
die Asparagusinsäure aufspaltet und schwefelhaltige Verbindungen
freisetzt, die anschließend ausgeschieden werden, heißt es in einem
Beitrag im Magazin «Chemie in unserer Zeit». Spargel sei das einzige
Gemüse, dass die Schwefelverbindung Asparagusinsäure und Abwandlungen
davon synthetisieren könne.

Nicht jeder, sondern nur knapp jeder zweite Mensch produziert
müffelnden Spargelurin - eine Fähigkeit, die vererbt wird, wie es in
dem Beitrag heißt. Unabhängig davon nehmen einige Glückliche den
Geruch gar nicht wahr. Und es soll sogar Menschen geben, die den
Dunst als wohlriechend empfinden.

Im Spargel selbst ist Asparagusinsäure übrigens von großem Nutzen:
Sie beschleunigt das unterirdische Sprosswachstum, hemmt das Wachstum
fremder Pflanzen in der Umgebung und wirkt gegen Fressfeinde.

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