«Ich wollte keinen totmachen»: Amoktäter gesteht - zum Teil Von Frank Christiansen, dpa

Laut Anklage zog er mit einem Benzinkanister durch Krefeld und
zündelte, bis er von der Polizei niedergeschossen wurde. Nun hat der
38-Jährige ein Teilgeständnis abgelegt.

Krefeld (dpa) - Der mutmaßliche Amok-Brandstifter von Krefeld hat ein
Teilgeständnis abgelegt. Er habe mehrere Brände unter anderem in
seiner Wohnung gelegt, aber nicht versucht, das Kino-Center
anzuzünden, sagte der 38-Jährige beim Prozessauftakt am Landgericht
Krefeld. 

Auch die ihm vorgeworfenen Beleidigungen und Bedrohungen bestritt er
weitgehend und erhob stattdessen Vorwürfe gegen die Polizei: Es sei
zweimal auf ihn geschossen worden, als er bereits gefesselt gewesen
sei.

Eigentlich sollte beim Prozessbeginn nur die Anklage verlesen werden
und der Angeklagte schweigen, doch der hielt sich nicht an die
Absprache und sprudelte los. 

Streckenweise wirkte die Aussage dabei verwirrt: Die Brände habe er
wegen der Stimmen gelegt, die er höre. Irgendjemand wiederhole seine
Selbstgespräche und übertrage sie nach draußen in die Stadt.

Spur der Zerstörung

Brände, zertrümmerte Glasscheiben und eine Spur der Zerstörung: Am
10. Oktober vergangenen Jahres sorgte eine Serie von Brandstiftungen
und Zündeleien in Krefeld für Aufsehen und einen Großeinsatz. In
kurzer Zeit gingen Notrufe ein. In einem Kino-Komplex schoss die
Polizei den Iraner schließlich nieder. 

Er habe dort kein Feuerzeug in der Hand gehabt und sich lediglich
verstecken wollen, sagte der Angeklagte. Das Benzin habe er bei der
Rangelei mit einem Security-Mann versehentlich verschüttet. 

Zuvor waren innerhalb kurzer Zeit in der Stadt von verschiedenen
Orten Notrufe eingegangen: Zuerst legte der polizeibekannte Mann laut
Geständnis in seiner Dachgeschosswohnung Feuer, dann setzte er einen
auf der Straße abgestellten Transporter der Caritas in Brand. Als
Nächstes habe er in der Arbeitsagentur in Krefeld Benzin auf einem
Schreibtisch ausgeschüttet und diesen angezündet.

Schwere Brandstiftung

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem schwere Brandstiftung,
Bedrohung und Beleidigung vor. Vor dem Ausländeramt in Krefeld soll
er Mitarbeiter mit den Worten «Ich stech' euch ab» bedroht haben.
Nach dem Aufwachen aus der Narkose im Krankenhaus habe er seine
Bewacher mit den Worten «Ich ficke dich» und «Ich ficke deine Mutter
»
bedacht. 

Dazu sagte der Angeklagte, er habe zehn Tage im Koma gelegen und sei
mit Medikamenten voll gepumpt gewesen: «So viele Spritzen, ich wusste
nicht, was ich sage.» 

Im Kino-Center habe er sich nur verstecken wollen, doch dann hätten
acht Polizisten um ihn herum gestanden. Er habe sich nicht bewegt,
dennoch hätten die Beamten geschossen, obwohl er nicht einmal ein
Feuerzeug in der Hand gehabt habe. «Ich wollte niemand tot machen»,
beteuerte er. 

Aber seine Stimme sei überall in der Stadt zu hören gewesen. «Das hat

mich verrückt gemacht.» Trotz Handschellen habe ihm ein Polizist noch
zweimal in die Beine geschossen. Sein Kollege habe ihn gefragt:
«Warum hast du noch mal geschossen?» 

Verteidigung sieht Frage der Schuldfähigkeit zentral

Der psychiatrische Gutachter, der ihm volle Schuldfähigkeit
attestiert hatte, lüge. «Alle lügen.» Er sei krank. Das habe ein Ar
zt
ihm bescheinigt. Monate später heiße es plötzlich, er sei nicht
krank. «Ich bin nicht gefährlich», beteuert er. «Ich bin ein weiser
,
armer Mensch. Draußen wollen mich Leute tot machen.» Ganz oft hätten

sie versucht, ihn zu überfahren. 

Verteidiger Stefan Tierel zeigte sich verwundert, dass er bislang
keine Überwachungsaufnahmen aus dem Kino-Foyer zu sehen bekommen
habe. Neben der Sache mit den fehlenden Videoaufnahmen und den
Geschehnissen im Kino-Foyer sei für ihn die Frage der Schuldfähigkeit
zentral. 

Zum Zeitpunkt der Taten habe sein Mandant, die ihm verschriebenen
Psychopharmaka nicht genommen. Es habe auch eine entsprechende
Diagnose gegeben. Dennoch sei er laut psychiatrischem Gutachter voll
schuldfähig. 

Nach Angaben der Landesregierung war der Iraner 2002 illegal nach
Deutschland eingereist. Für das Landgericht in Krefeld ist er kein
Unbekannter: Richter verurteilten ihn dort bereits 2010 zu
viereinhalb Jahren Haft, unter anderem wegen gefährlicher
Körperverletzung, versuchter Vergewaltigung und Störung des
öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten. Er musste die
Strafe voll absitzen. 

27 Alias-Namen 

Der mutmaßliche Amoktäter ist den Behörden unter 27 verschiedenen
Namen bekannt. Nach seiner Haftentlassung in Deutschland 2014 tauchte
er erst zehn Jahre später wieder in Krefeld auf - im April 2024.

Abschiebungen in den Iran seien gescheitert, weil das Land auf einer
Erklärung besteht, dass die Person freiwillig zurückkehrt. Diese
Erklärung habe der 38-Jährige trotz mehrfacher Bemühungen nicht
unterzeichnet. Das Gericht hat für den Fall fünf Verhandlungstage
angesetzt.

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