Experten: Trumps Forschungsfeindlichkeit hat Folgen für Alle
Klimaschutz? Ein zu vermeidendes Wort. Genderforschung? Unerwünscht.
Trumps Regierung betreibt Forschungszensur. Jeder einzelne von uns
wird Folgen davon zu spüren bekommen, warnen Experten.
Berlin (dpa) - US-Präsident Donald Trump gilt nicht als Freund von
Bildung und Wissenschaft. Etliche Stellenstreichungen und
Budgetkürzungen wurden für die US-Forschung festgelegt, zudem kehrte
sich Trump von der Weltgesundheitsorganisation und dem Pariser
Klimaabkommen ab. «Die Auswirkungen sind nicht auf die USA begrenzt,
denn Wissen und Wissenschaft sind global vernetzt», betont Sven Grimm
vom German Institute of Development and Sustainability (IDOS) in
Bonn.
Kürzungen etwa bei den US-Gesundheitsbehörden NIH und CDC erhöhten
die globalen Risiken für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten,
erklärte Grimm. «Insbesondere im südlichen Afrika, aber auch weit
darüber hinaus dürfte dies schwerwiegende Folgen für die individuelle
Gesundheit und für Gesundheitssysteme haben - und für die
Entwicklungsmöglichkeiten von Gesellschaften.»
«Gesundheit der Menschen lokal und global gefährdet»
Mit den erfolgten und angekündigten Maßnahmen werde die Aufgabe der
Wissenschaft unterminiert, verlässliches, unabhängiges Wissen für die
Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, sagte Katrin Böhning-Gaese vom
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. «Wenn zum
Beispiel die Toxizität von Chemikalien nicht mehr bekannt ist, dann
ist die Gesundheit der Menschen lokal und global gefährdet.»
Als ein weiteres Beispiel nennt Ulf Dittmer, Direktor des Instituts
für Virologie am Universitätsklinikum Essen, das Vogelgrippe-Virus
H5N1 in den USA, das dort unter anderem bei Rindern kursiert. Bei den
ersten Fällen in Texas habe die dortige republikanische Regierung die
Untersuchungen massiv beeinflusst, indem sie etwa Analysen von
Milchproben verhinderte, erklärte der Virologe. Erst seitdem das
Virus in Kalifornien angekommen sei, einem von den Demokraten
regierten Staat, habe die Wissenschaft wichtige Virussequenzen.
Zum Schweigen und Vertuschen angehaltene Behörden
Was in Texas passierte, sei nun auch bei der Gesundheitsbehörde CDC,
die früher sehr transparent gewesen sei, zu sehen. «Nun schweigt man
zum Beispiel bei den beobachteten H5N1-Infektionszirkeln zwischen
Hauskatzen und Menschen», sagte Dittmer. Informationen dazu seien
aufgrund eines Dekrets der Regierung aktiv von der CDC-Website
entfernt worden. «So weit sind wir schon.»
Klimaverhalten der USA beeinflusst alle Menschen
Inwiefern in den USA neu aufflackernde Krankheiten wie die Masern die
globale Gesundheit beeinträchtigen werden, ist noch ungewiss.
Definitiv Folgen für jeden einzelnen Menschen weltweit hat das
Handeln der USA im Bereich Klima. «Erste Abschätzungen gehen davon
aus, dass durch Trump im Jahr 2030 vier Milliarden Tonnen an
Treibhausgasen - also CO2-Äquivalente - mehr ausgestoßen werden als
das unter Biden der Fall gewesen wäre», sagte Julia Pongratz von der
Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). «Vier Milliarden Tonnen
sind etwa so viel, wie die EU und Japan zusammen derzeit in einem
Jahr emittieren.»
«Extrem gefährlich»: Schlechtere Vorhersage von Extremwetter
Gravierende Folgen gebe es auch für Vorhersagen und Warnungen vor
Extremwetterereignissen, ergänzte Niklas Höhne, Leiter des New
Climate Institute. «Wegen der Kürzungen können einige Klimadaten
nicht mehr erhoben werden, was zu weniger akkuraten Vorhersagen von
Extremwettereignissen führt. Das ist extrem gefährlich in einer Zeit,
in der insbesondere die USA mit Hurrikans, Tornados und Sturmfluten
zu kämpfen haben.»
Die Löschung und Veränderung wissenschaftlicher Datensätze sei ein
Angriff auf demokratische Wissensgesellschaften ganz allgemein,
betonte die Forscherin Böhning-Gaese. «Die weitere Umsetzung der
Maßnahmen wäre ein Rückfall ins Mittelalter, da das Wissen für klug
e,
gute Entscheidungen, wie dies seit der Aufklärung propagiert und
entwickelt wurde, massiv erodiert wird», sagte sie. «Forschende aus
aller Welt versuchen derzeit, die Daten zu retten, die US-Behörden
vom Netz nehmen.» Da sei aber extrem aufwendig.
Internationaler Austausch stark eingeschränkt
Gekürzt oder ganz gestrichen werden in den USA vor allem Projekte,
die nicht in die Ideologie der amerikanischen Regierung passen. Stark
eingeschränkt sind Experten zufolge für US-Forschende vielfach auch
die Möglichkeiten, zu Kongressen zu reisen oder allein schon via Zoom
oder Mail mit Kollegen außerhalb der USA auszutauschen.
«Das kommt letztlich einer Zensur gleich, weil es bedeutet, dass
Forschende aus von der Trump-Administration «ausgewählten»
Disziplinen sich und ihre Arbeit nicht mehr gleichwertig
repräsentieren können», sagte der Münchner Mediziner Sebastian Noe,
Vorstandsmitglied der Deutschen Aids-Gesellschaft.
Eine Chance für Forscher aus aller Welt?
Lisa Schipper, Professorin für Entwicklungsgeographie an der
Universität Bonn, sieht die Entwicklungen in den USA als verheerend
an - aber auch als Chance. Bisher habe die US-Wissenschaft die
globale Forschung dominiert, zum Beispiel sei von US-Forschern
durchgeführte Klimaforschung tendenziell am häufigsten zitiert
worden. «Ein Lichtblick könnte sein, dass andere Stimmen aus aller
Welt mehr Aufmerksamkeit erhalten», erklärte Schipper. «Insbesondere
aus Entwicklungsländern, in denen umfangreiches Wissen über die
Auswirkungen des Klimawandels, Anpassung und Vulnerabilität vorhanden
ist, die aber von den Stimmen aus den USA und anderen Ländern des
Globalen Nordens bislang übertönt werden.»
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