Virologen listen Versäumnisse der Corona-Pandemie auf

In Sachsen beschäftigt sich auch ein Untersuchungsausschuss des
Landtages mit der Aufarbeitung der Corona-Pandemie. Dort werden auch
prominente Virologen befragt.

Dresden (dpa/sn) - Zwei namhafte Virologen haben der Politik
Versäumnisse in der Corona-Pandemie vorgehalten. Alexander Kekulè,
Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie der Universität
Halle-Wittenberg, sparte bei seiner Vernehmung im
Corona-Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtages vor allem
nicht mit Kritik an der eigenen Zunft. Er warb dafür, als ersten
Schritt zu einer Befriedung Schuld einzugestehen. Für viele Politiker
und Wissenschaftler scheine das aber schwer zu sein.

Impfpflicht ein Fehler und Kommunikation mangelhaft

Kekulé kritisierte vor allem die Impfpflicht und die Kommunikation.
In einer Krise sei es unverzichtbar, eine Kultur zu haben, in der
sämtliche Entscheidungen begründet würden. Die Bevölkerung müsse

verstehen, worum es gehe - Bürger seien klug genug zu begreifen,
warum man welche Maßnahmen mache. 

Doch viele Anordnungen seien widersprüchlich gewesen. Damit sei ein
Grundvertrauen zum Teil verloren gegangen. «Das müssen wir bis zur
nächsten Krise wieder aufbauen.» Das sei ein langer Weg. «Am besten
fangen wir gleich damit an.»

Kommunikation spielte Impfgegnern in die Hände

Nach Darstellung von Kekulé gab es schon beim Auftauchen der
Delta-Variante des Virus kein Argument mehr für eine Impfpflicht. Das
Versprechen einer Herdenimmunität durch Impfung sei unrealistisch
gewesen, die Impfstrategie der Bundesregierung nicht aufgegangen. 

Auch Geimpfte hätten erheblich zum Infektionsgeschehen beigetragen.
Die Bevölkerung habe das Gefühl gehabt, Maß und Mitte seien verloren

gegangen. Die Kommunikation des Bundesgesundheitsministeriums habe
Impfgegnern in die Hände gespielt. 

Bundesregierung hat sich nur auf wenige Berater gestützt

Laut Kekulé war es ein Fehler, dass sich die Bundesregierung nur auf
wenige Berater stützte. Es habe «nicht vertretbare Fehlbeurteilungen»

aus der Wissenschaft gegeben. Es gehe nicht darum, Vorwürfe zu
machen, sondern den wissenschaftlichen Prozess mit Blick auf eine
künftige Pandemie zu verbessern. 

Fachliche Expertise politischem Willen untergeordnet

Der Virologe Detlev Krüger plädierte für mehr Unabhängigkeit des
Robert Koch-Institutes (RKI). Fachliche Expertise sei dem politischen
Willen des Bundesgesundheitsministeriums untergeordnet worden. Die
Politik sollte sich immer über ein breites Spektrum von Meinungen
informieren und von sinnvoll zusammengesetzten Gremien beraten
lassen, aber nicht einseitig. Er habe damals auch eine Einseitigkeit
in der Informationspolitik wahrgenommen. Es sei falsch gewesen,
Ungeimpfte als «böse Menschen» darzustellen: «So kann man in einer

demokratischen Gesellschaft nicht miteinander umgehen.»

Sinn mancher Schutzmaßnahmen zweifelhaft

Wie Kekulé zweifelte auch Krüger den Sinn mancher Schutzmaßnahmen an.

Man habe schon im Laufe des Jahres 2020 gewusst, dass Kinder keine
Risikogruppe seien, sagte er. Auch als sich das Virus bereits
verselbstständigt habe, seien die Gesundheitsbehörden bei der
Kontaktverfolgung dem Virus «sinnfrei» hinterhergelaufen und hätten
so Kapazitäten für andere Dinge vergeudet. Eine solche Maßnahme mache

nur in der Anfangsphase Sinn.

Krüger, der mehr als 20 Jahre lang das Institut für Virologie an der
Berliner Charité geleitet hatte, war zum Zeitpunkt der
Corona-Pandemie bereits im Ruhestand. 

Laut Krüger war es falsch, ungeimpfte Menschen als Pandemietreiber zu
bezeichnen. «Eine Epidemie lässt sich nur eindämmen, indem der
Großteil der Bevölkerung immun wird.» Die schnell bereitgestellte
Impfung sei eine großartige Sache gewesen, man hätte sie aber nicht
als Allheilmittel ohne Nebenwirkungen darstellen dürfen. Das habe sie
bei einem Teil der Bevölkerung in Verruf gebracht. 

Der Untersuchungsausschuss war auf Betreiben der AfD-Fraktion
eingesetzt worden. Er soll die Arbeit der sächsischen Regierung im
Zusammenhang mit dem Coronavirus im Zeitraum von 2019 bis 2024
kritisch prüfen. AfD-Fraktionschef Jörg Urban hatte der Regierung
bereits im Vorfeld «schwerwiegende Grundrechtsverletzungen»
unterstellt. Seit Beginn der Pandemie kamen in Sachsen rund 17.750
Menschen durch Covid-19 ums Leben.

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