Linnemann wird nicht Minister und bleibt CDU-Generalsekretär Von Andreas Hoenig, dpa
Union und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt - aber
wer ins Kabinett einzieht, ist offen. Ein wichtiger CDU-Politiker
erklärt seinen Verzicht.
Berlin/Paderborn (dpa) - CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bleibt
überraschend im Amt und wechselt nicht als Minister in die mögliche
neue Bundesregierung. Linnemann gilt als enger Vertrauter des wohl
neuen Bundeskanzlers und CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. Zuvor war
spekuliert worden, Linnemann könne in der Koalition von Union und SPD
neuer Bundeswirtschaftsminister werden.
Grüße von den Fischteichen
Linnemann meldete sich in einem kurzen, auf sozialen Medien
verbreiten Video, das er vor den Fischteichen aufgenommen hatte,
einem Ausflugsziel in seiner Heimatstadt Paderborn. Der 47-Jährige
bestätigte, was zuvor in der Hauptstadt bereits bekanntgeworden war:
Er bleibt Generalsekretär der CDU. «Ich finde das gut, das ist
richtig gut, weil es ist genau mein Ding.» Es habe die Möglichkeit
gegeben, einen Posten im Kabinett zu übernehmen. «Aber jeder, der
mich kennt, weiß, es geht mir immer um die Sache und es muss halt
auch passen, sonst macht es einfach keinen Sinn. Und deswegen: mein
Bauchgefühl sagt mir an dieser Stelle: Als Generalsekretär kann ich
besser den Politikwechsel forcieren. Das werde ich tun.»
Der «Bild»-Zeitung sagte Linnemann mit Blick auf die Wahlniederlage
der Union im Herbst 2021: «Wir haben in den letzten drei Jahren hart
daran gearbeitet, unsere CDU wieder aufzubauen. Dieser Prozess ist
noch nicht abgeschlossen. Ich will ihn fortsetzen.»
Linnemann lehnt Angebot ab
Wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Umfeld von Merz erfuhr, hatte
der Parteichef Linnemann angeboten, ins Kabinett zu gehen oder die
Partei auch in Regierungszeiten als Generalsekretär weiter mit
anzuführen. Linnemann habe sich nach reiflicher Überlegung für die
Arbeit für die CDU entschieden. Merz heiße diese Entscheidung sehr
gut.
Als Generalsekretär ist Linnemann nicht in die Kabinettsdisziplin
eingebunden und dürfte daran arbeiten, das Profil der CDU zu
schärfen. Bei der Bundestagswahl war die Union zwar mit Abstand
stärkste Kraft geworden, mit einem Ergebnis von 28,5 Prozent aber
hinter den Erwartungen geblieben.
Der Generalsekretär der NRW-CDU, Paul Ziemiak, zollte Linnemann auf X
den «größten Respekt». Er verzichte auf einen Ministerposten, um de
r
CDU weiter als Generalsekretär zu dienen und die Partei auch in einer
neuen Bundesregierung stark aufzustellen, schrieb Ziemiak auf X.
Union büßt in Umfragen ein
In Umfragen hatte die Union zuletzt an Boden verloren. Im neuen
ZDF-Politbarometer rückte die AfD an die Union heran. Demnach liegen
CDU/CSU mit 26 Prozent weiter vorn, verlieren aber einen Prozentpunkt
zur vorherigen Umfrage. Die AfD kann zwei Punkte auf 24 Prozent
zulegen.
In der CDU war während der Koalitionsverhandlungen mit der SPD immer
wieder Verdruss laut geworden. So drohte die Junge Union mit einem
Nein zu einem Koalitionsvertrag, wenn darin nicht der von Merz im
Wahlkampf versprochene Politikwechsel verankert ist. Auf Kritik in
der CDU stieß auch die zusammen mit SPD und Grünen beschlossene
Lockerung der Schuldenbremse für mehr Geld für Verteidigung.
Vom Wirtschaftsexperten zum CDU-Generalsekretär
Linnemann ist seit Juli 2023 CDU-Generalsekretär. In seiner Amtszeit
beschloss die CDU ein neues Grundsatzprogramm.
Seit 2009 ist Linnemann Mitglied des Bundestags. Von 2013 bis 2021
war er Bundesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion und
damit einer der wichtigsten Köpfe des CDU-Wirtschaftsflügels. In den
Koalitionsverhandlungen von Union und SPD war er einer der
Chefverhandler. Seine zweite große Leidenschaft neben der Politik sei
der Fußball, schreibt er auf seiner Homepage. Seit 2018 ist Linnemann
Vizepräsident des Zweitligisten SC Paderborn.
Wirtschaftsministerium muss Zuständigkeiten abgeben
Vor der Wahl wurde spekuliert, dass Merz ein neues «Superministerium»
für Wirtschaft und Arbeit anstrebt und Linnemann dafür ein Kandidat
sein könnte. Die Reform des Bürgergelds war ein zentrales Ziel der
Union.
Das Ressort für Arbeit und Soziales bleibt aber bestehen und fällt
laut Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD an die Sozialdemokraten -
bei der SPD läuft aktuell ein Mitgliedervotum über den
Koalitionsvertrag.
Laut Koalitionsvertrag stellt die CDU unter anderem die Leitung des
Ministeriums für Wirtschaft und Energie. Die Zuständigkeiten des
bisherigen Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz werden
aber geändert - der Bereich Klimaschutz geht ins Umweltministerium,
das an die SPD fällt. Das Wirtschaftsministerium könnte daher an
Bedeutung verlieren.
Wird Spahn Minister?
Wer neuer Wirtschaftsminister und damit Nachfolger des
geschäftsführenden Ministers Robert Habeck (Grüne) wird, ist offen.
Ein Kandidat könnte der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn sein,
der als Fraktionsvize unter anderem für Wirtschaft zuständig ist.
Spahn schrieb auf der Plattform X dazu, dass Linnemann
CDU-Generalsekretär bleibt: «Für die Partei ist das eine echt gute
Nachricht, er wird die Anliegen unserer Wähler und Mitglieder weiter
stark vertreten.» Spahn dankte Linnemann, dass er sich in den Dienst
der Partei stelle.
Neben Spahn könnte auch der CDU-Bundesvize und Energie- und
Klimaexperte Andreas Jung ein Kandidat für das Amt des
Wirtschaftsministers sein.
«Nach der Entscheidung Linnemanns ist es jetzt umso wichtiger, dass
die Union für diese Schlüsselposition eine Ministerin oder einen
Minister mit klarem wirtschaftsliberalen Profil und einer hohen
Glaubwürdigkeit gerade auch in Unternehmerkreisen nominiert», sagte
der Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU, Wolfgang Steiger,
der «Augsburger Allgemeinen».
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