Immer mehr jüngere Frauen erleiden einen Herzinfarkt
Bei Frauen wird das Risiko eines Herzinfarkts häufig unterschätzt
Frauen sind anders als Männer – das ist eine Binsenweisheit. Der kleine Unterschied zwischen den Geschlechtern wird auch bei der Koronaren Herzkrankheit (KHK) deutlich. "Bei Frauen wird die KHK häufig unterschätzt, weil sie bisher eher als Männerkrankheit galt", so Kai Kolpatzik, Arzt beim AOK-Bundesverband. "Außerdem sind die Symptome bei ihnen etwas anders."
Für viele ist der Herzinfarkt noch immer eine reine Männerkrankheit – völlig zu Unrecht. Denn auch bei Frauen ist der Herzinfarkt inzwischen mit Abstand die häufigste Todesursache. "Bei 47 von 100 Herzinfarkten sind heute Frauen betroffen", sagt Mediziner Kolpatzik. Dass heute mehr jüngere Frauen im Alter von 35 bis 54 Jahren einen Herzinfarkt erleiden, liegt vor allem daran, dass mehr Frauen rauchen und stark übergewichtig sind. Bei Raucherinnen, die die Anti-Baby-Pille einnehmen, ist das Herzinfarktrisiko noch deutlich größer. Insgesamt ist jedoch die Herzinfarktrate in den letzten 15 Jahren bei Frauen und Männern um etwa 30 Prozent zurückgegangen.
Die klassischen Risikofaktoren sind weiterhin Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck, ein zu hoher Cholesterinspiegel, Bewegungsmangel und Übergewicht. Diese Faktoren können die Koronare Herzkrankheit (KHK) auslösen, bei der eine oder mehrere Herzkranzarterien durch Ablagerungen verengt sind. Die Folge: Das Herz wird nur schlecht mit Sauerstoff versorgt. Dies kann auf lange Sicht den Herzmuskel schädigen. Der Sauerstoffmangel im Herzmuskel macht sich zunächst nur bei körperlicher Belastung bemerkbar, in der Regel mit beklemmenden Schmerzen in der Brust. Im schlimmsten Fall bekommt der Betroffene einen Herzinfarkt.
Später erkannt
Anders als bei Männern wird ein Herzinfarkt bei Frauen häufig später erkannt und behandelt. Grund hierfür können zum einen die Krankheitszeichen sein, die zum Teil weniger deutlich auf Herzprobleme hinweisen. So kündigt sich bei Frauen ein Herzinfarkt häufiger durch Übelkeit und Erbrechen sowie Schmerzen im Bereich des linken Schulterblattes an. "Solche Symptome wirken auf den ersten Blick eher untypisch", sagt Kolpatzik. Während bei Männern Herz-Kreislauf-Krankheiten ab dem 35. Lebensjahr eine der Haupttodesursachen sind, sind Frauen meist erst nach den Wechseljahren gefährdet. Danach gleicht sich ihr Risiko dem der Männer zunehmend an.
Risiko gleicht sich allmählich an
Während Herz-Kreislauf-Krankheiten bei Männern ab dem 35. Lebensjahr eine der Haupttodesursachen sind, sind Frauen bis zu den Wechseljahren hormonell relativ gut davor geschützt, so der Bericht zur gesundheitlichen Situation von Frauen in Deutschland, herausgegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Danach gleicht sich das Risiko dem der Männer an.
Ein Grund dafür, dass bei Frauen ein Herzinfarkt oft später erkannt und behandelt wird als bei Männern: Frauen haben häufig Symptome, die für einen Herzinfarkt nicht sehr typisch sind: Atemnot, Übelkeit oder Beschwerden im Oberbauch.
"Solche Symptome lenken das Augenmerk der Betroffenen und der Ärzte eher in Richtung Magenbeschwerden", sagt Professor Dr. Helmut Gohlke, Chefarzt der Klinischen Kardiologie II am Herz-Zentrum Bad Krozingen.
Außerdem leben viele Frauen in dem für sie riskanten Alter allein, und haben niemanden, der sich um sie kümmert. Bei jeder zweiten Frau ist zum Zeitpunkt des Herzinfarktes keiner da, der ärztliche Hilfe holen könnte.