Chefarzt muss für Aufklärung von Patienten über Risiken sorgen
Patient muss über alle Gefahren informiert werden
Chefärzte müssen für eine umfassende und wirksame Aufklärung ihrer Patienten über die Risiken operativer Eingriffe sorgen. Wenn sie die Informationsgespräche vor ihren Operationen nicht selbst führen, sondern einen Stationsarzt damit betrauen, müssen sie durch organisatorische Vorkehrungen und Kontrollmaßnahmen die Erfüllung dieser ärztlichen Pflichtsicherstellen. Das hat am 7. November 2006 der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden.
Damit gab das Gericht einer Patientin Recht, die nach einer fehlgeschlagenen Operation in einem Klinikum im Kreis Pinneberg auf 75 000 Euro Schmerzensgeld geklagt hatte. Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig, das ihre Klage zunächst abgewiesen hatte, muss den Fall nun erneut prüfen. (Az: VI ZR 206/05 vom 7. November 2006)
Die Frau war von dem Chefarzt vor vier Jahren am Zwölffingerdarm operiert worden und zog sich dabei - obwohl der Eingriff nach den richterlichen Feststellungen ohne Behandlungsfehler verlief - eine folgenschwere Entzündung des Bauchfells und der Bauchspeicheldrüse zu. Sie lag sieben Wochen in der Intensivstation, davon drei Wochen im künstlichen Koma, und musste sich später mehreren Operationen unterziehen.
In ihrer Klage behauptet sie, durch den Stationsarzt nicht ausreichend über die Risiken der Operation informiert worden zu sein; hätte sie die Gefahren gekannt, hätte sie die Behandlung abgelehnt.
Laut BGH darf der operierende Mediziner die Aufklärung zwar an einen Kollegen delegieren, muss aber - zumal, wenn er Chefarzt ist - sicherstellen, dass der Patient tatsächlich über alle Gefahren informiert wird. Im konkreten Fall hatte sich der Chefarzt zwar anhand der Behandlungsunterlagen vergewissert, dass die Patientin einen allgemeinen Aufklärungsbogen unterschrieben hatte. Welche Maßnahmen er darüber hinaus getroffen hatte, war von den Vorinstanzen aber nicht ermittelt worden. Dies muss nun das OLG in einem neuen Prozess nachholen.
Nach der BGH-Rechtsprechung ist ein ärztlicher Eingriff rechtswidrig, wenn der Patient nicht umfassend auf Risiken hingewiesen wurde. Hat der verantwortliche Arzt beim Informationsgespräch fahrlässig gehandelt, besteht ein Anspruch auf Schadenersatz.
dpa