Barmer-Hausarztmodell unzulässig - Bis zu 60 Millionen Rückzahlung

Bundessozialgericht sieht Voraussetzungen für integrierte Versorgung nicht gegeben

Das Hausarztmodell der Barmer Ersatzkasse mit mehr als zwei Millionen Versicherten ist in seiner jetzigen Form unzulässig. Nach einem Musterurteil des Bundessozialgerichts in Kassel vom Mittwoch entspricht das System mit einem festen Hausarzt und einer verbindlichen Hausapotheke nicht den Ansprüchen der vom Gesetz geforderten integrierten Versorgung. «Das System mag seine Vorteile haben, auch für die Versicherten. Eine sektorenübergreifende Zusammenarbeit verschiedener Fachbereiche sieht der Senat aber nicht», hieß es in der Urteilsbegründung (Az: B 6 KA 27/07 R). Für die Versicherten wird sich nach Angaben der Barmer kaum etwas ändern, für Kassenärzte werden aber Rückzahlungen in Millionenhöhe fällig .

Seit dem Jahr 2000 können Krankenkassen ihren Patienten ein Hausarztmodell anbieten, bei dem die Versicherten auf die freie Arztwahl verzichten und nur zu einem Arzt gehen, den sie selbst bestimmen können. Im Gegenzug wird ihnen zum Beispiel ein Teil der Praxisgebühr erlassen. Seit 2003 dürfen die Kassen dafür ihre Beiträge an die Kassenärztlichen Vereinigungen um bis zu ein Prozent kürzen, wenn es sich um eine integrierte Versorgung handelt.

Dabei muss es eine «sektorenübergreifende Zusammenarbeit» mehrerer medizinischer Bereiche geben. Für die Barmer war das mit der Koppelung von Ärzten und Apothekern gegeben. Die Kassenärzte argumentierten hingegen, die Medikamentenvergabe sei letztlich nur ein Teil der ärztlichen Behandlungen und hatten damit auch in den beiden Vorinstanzen Recht bekommen.

Die Barmer muss nun nach eigenen Angaben 40 bis 60 Millionen Euro an die Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder nachzahlen. Dafür seien bereits Rückstellungen gebildet worden. Grundsätzlich solle das Hausarztmodell aber weiterlaufen, wenn auch in modifizierter Form. Das Urteil stelle das Hausarzt- und Hausapothekensystem nicht grundsätzlich infrage, sagte Vizevorstand Birgit Fischer. Zwar dürfe das System nicht aus dem Topf für die integrierte Vorsorge gezahlt werden, es könne aber in seinen Grundzügen weiterlaufen. Eventuelle Kürzungen für die Vertragsärzte und -apotheker würden von der Kasse ausgeglichen. Laut Barmer haben sich 2,3 der 7 Millionen Versicherten für das System entschieden.

In zwei weiteren Fällen wiesen die Bundesrichter allerdings die Klagen von Kassenärztlichen Vereinigungen gegen integrierte Versorgungen von Krankenkassen zurück. So könne man durchaus von einem sektorenübergreifenden System sprechen, wenn etwa bei einer Kniebehandlung Operation und Rehabilitation miteinander verknüpft werden. Die Kürzung der Überweisungen an die Kassenärzte, es ging um Summen zwischen 6800 und 79 000 Euro, sei somit rechtens gewesen.

dpa

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